Ich. Darf. Nicht. Schlafen.
vorher etwas essen, aber ich hatte keinen Hunger. Aus Nervosität, schätze ich. »Wir sind mit einem Kollegen von mir verabredet«, sagte er im Wagen. »Dr. Paxton.« Ich sagte nichts. »Er ist Fachmann auf dem Gebiet der funktionalen Bildgebung bei Patienten mit Problemen wie Ihren. Wir arbeiten schon länger zusammen.«
»Okay«, sagte ich. Wir steckten im Stau. »Habe ich Sie gestern angerufen?«, fragte ich.
Er bejahte. »Haben Sie Ihr Tagebuch gelesen?«, fragte er.
»Das meiste. Ich habe ein paar Passagen übersprungen. Es ist schon ganz schön lang geworden.«
Er horchte auf. »Was für Passagen überspringen Sie?«
Ich überlegte einen Moment. »Manche Teile kommen mir bekannt vor. Ich vermute, sie erinnern mich bloß irgendwie an Sachen, die ich bereits weiß. An die ich mich bereits erinnere …«
»Das ist gut«, sagte er und schielte zu mir rüber. »Sehr gut.«
Ich empfand warme Freude. »Und weshalb hab ich Sie angerufen? Gestern?«
»Sie wollten wissen, ob Sie wirklich einen Roman geschrieben hatten«, sagte er.
»Und, hatte ich?«, fragte ich. »Habe ich?«
Er blickte mich wieder an. Er lächelte. »Ja«, sagte er. »Haben Sie.«
Der Stau löste sich auf, und wir fuhren weiter. Ich war erleichtert. Ich wusste, dass das, was ich geschrieben hatte, stimmte. Ich entspannte mich den Rest der Fahrt.
Dr. Paxton war älter, als ich erwartet hatte. Er trug ein Tweedsakko, und weiße Haare sprossen ihm ungebändigt aus Ohren und Nase. Er sah aus wie jemand, der längst im Ruhestand sein müsste.
»Willkommen im Bildgebungszentrum Vincent Hall«, sagte er, nachdem Dr. Nash uns einander vorgestellt hatte, um mir dann, ohne die Augen von mir abzuwenden, mit einem Zwinkern die Hand zu schütteln. »Keine Bange«, fügte er hinzu. »Das klingt bombastischer, als es ist. So, kommen Sie herein. Ich führ Sie rum.«
Wir betraten das Gebäude. »Wir sind dem Krankenhaus und der Universität angegliedert«, sagte er, als wir durch den Haupteingang gingen. »Was sowohl ein Segen als auch ein Fluch sein kann.« Ich wusste nicht, was er meinte, und wartete auf eine Erläuterung, doch er sagte nichts weiter und lächelte nur.
»Tatsächlich?«, sagte ich. Er wollte mir bloß helfen. Ich wollte höflich sein.
»Wir sollen für alle immer alles machen«, sagte er lachend. »Aber keiner will uns für irgendwas bezahlen.«
Wir kamen in einen Warteraum. Er war voll mit unbesetzten Stühlen, Ausgaben derselben Zeitschriften, die Ben für mich mit nach Hause brachte –
Radio Times
,
Hello!
und neuerdings auch noch
Country Life
und
Marie Claire
–, und vergessenen Plastikbechern. Es sah aus, als hätte hier vor kurzem eine Party stattgefunden, von der alle Gäste Hals über Kopf geflohen waren. Dr. Paxton blieb an einer weiteren Tür stehen. »Möchten Sie den Kontrollraum sehen?«
»Ja«, sagte ich. »Bitte.«
»Die funktionelle MRT ist ein recht neues Verfahren«, sagte er, sobald wir durch die Tür waren. »Sagt Ihnen der Begriff MRT was? Magnetresonanztomographie?«
Wir standen in einem kleinen Raum, der nur vom gespenstischen Schein einer Reihe Computermonitore erhellt wurde. Durch eine Glaswand sah man in einen weiteren Raum, der von einer großen, zylindrischen Maschine beherrscht wurde, aus der eine Liege ragte, wie eine Zunge. Angst stieg in mir auf. Ich wusste nichts über diese Maschine. Wie denn auch, ohne Gedächtnis?
»Nein«, sagte ich.
Er lächelte. »Tut mir leid, natürlich. MRT ist ein recht verbreitetes Verfahren. Ein bisschen so wie röntgen. Die Technik ist in etwa die gleiche, bloß dass wir uns anschauen, wie das Gehirn arbeitet. Wie es funktioniert.«
Dann schaltete Dr. Nash sich ein – er hatte eine ganze Weile nichts gesagt –, und seine Stimme klang schwach, fast zaghaft. Ich fragte mich, ob er durch Dr. Paxton eingeschüchtert war oder unbedingt bei ihm Eindruck schinden wollte.
»Bei einem Gehirntumor scannen wir den Kopf, um zu sehen, wo genau sich der Tumor befindet, welcher Teil des Gehirns betroffen ist. Wir schauen uns also die Struktur an. Mit Hilfe der funktionellen MRT können wir sehen, welcher Teil des Gehirns bei der Ausführung bestimmter Aufgaben benutzt wird. In Ihrem Fall möchten wir sehen, wie Ihr Gehirn Erinnerungen verarbeitet.«
»Welche Teile aufleuchten, sozusagen«, warf Paxton ein. »Wo sich etwas tut.«
»Und das hilft?«, sagte ich.
»Wir hoffen, dass wir auf diese Weise feststellen können, wo der Schaden liegt«, sagte
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