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Ich. Darf. Nicht. Schlafen.

Ich. Darf. Nicht. Schlafen.

Titel: Ich. Darf. Nicht. Schlafen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. J. Watson
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ehe er beschließt, was er mir erzählen wird. Wie er meine Vergangenheit am besten neu erfindet, um sie für mich erträglich zu machen. Was ich für den Rest meines Lebens glauben soll.
    Doch damit ist nun Schluss. Ich kenne die Wahrheit. Meine eigene Wahrheit, eine, die mir nicht erzählt wurde, sondern an die ich mich erinnert habe. Und sie ist jetzt niedergeschrieben, zwar nicht in meinem Gedächtnis fixiert, aber doch in diesem Tagebuch, und somit dauerhaft.
    Mir wird klar, dass das Buch, an dem ich schreibe – mein zweites, wie ich mir stolz sage – ebenso gefährlich sein könnte, wie es notwendig ist. Es ist keine Fiktion. Es könnte Dinge ans Tageslicht bringen, die besser unentdeckt blieben. Geheimnisse, an die man lieber nicht rühren sollte.
    Und dennoch gleitet mein Stift weiter über die Seite.

Mittwoch, 14. November
    Heute Vormittag habe ich Ben gefragt, ob er mal einen Schnurrbart hatte. Ich war noch immer ganz durcheinander, unsicher, was wahr war und was nicht. Ich war früh wach geworden, und anders als an den Tagen davor hatte ich nicht gedacht, ich wäre noch ein Kind. Ich hatte mich erwachsen gefühlt. Als Frau. Die Frage, die mich beschäftigte, war nicht,
Warum liege ich mit einem Mann im Bett?
, sondern,
Wer ist der Mann?
und,
Was haben wir gemacht?
Im Bad blickte ich mich entsetzt im Spiegel an, doch die Fotos drum herum schienen keinen Zweifel an der Wahrheit zu lassen. Ich sah den Namen des Mannes – Ben –, und er kam mir irgendwie vertraut vor. Mein Alter, meine Ehe, es schien, als würde ich an diese Tatsachen erinnert, anstatt sie zum ersten Mal zu erfahren. Vergraben, aber nicht tief.
    Dr. Nash rief mich, unmittelbar nachdem Ben zur Arbeit gegangen war, an. Er erinnerte mich an mein Tagebuch, und dann – nachdem er gesagt hatte, er würde mich später abholen, um mich zu meiner Untersuchung zu bringen – las ich es. An einiges, was darin stand, meinte ich mich zu erinnern, sogar daran, ganze Passagen geschrieben zu haben. Es war, als hätte ein Rest Erinnerung die Nacht überstanden.
    Vielleicht musste ich mich deshalb vergewissern, dass die Dinge, die darin standen, stimmten. Ich rief Ben an.
    »Ben«, begann ich, als ich ihn erreichte, und er sagte, er hätte einen Moment Zeit. »Hast du mal einen Schnurrbart gehabt?«
    »Was für eine komische Frage!«, sagte er. Ich hörte das Klimpern eines Löffels an einer Tasse und stellte mir vor, wie er Zucker in seinen Kaffee löffelte, eine Zeitung vor sich ausgebreitet. Ich war verlegen. Unsicher, wie viel ich sagen sollte.
    »Ich –«, setzte ich an. »Ich hatte eine Erinnerung. Glaube ich.«
    Schweigen. »Eine Erinnerung?«
    »Ja«, sagte ich. »Glaube ich jedenfalls.« In meinem Kopf blitzten die Dinge auf, von denen ich neulich geschrieben hatte – sein Schnurrbart, sein nackter Körper, seine Erektion –, und das, woran ich mich gestern erinnert hatte. Wir zwei im Bett. Zärtlich. Für einen kurzen Moment war das alles erhellt, ehe es wieder in die Tiefe sank. Urplötzlich bekam ich Angst. »Ich meine, irgendwie erinnere ich mich an dich mit einem Schnurrbart.«
    Er lachte, und ich hörte, wie er seine Tasse abstellte. Ich spürte, wie ich den Boden unter den Füßen verlor. Vielleicht war ja alles, was ich geschrieben hatte, eine Lüge. Ich bin schließlich Romanautorin, dachte ich. Zumindest war ich das mal.
    Schlagartig wurde mir die Absurdität meiner Logik klar. Als Romanautorin habe ich Geschichten erfunden, weshalb es durchaus erfunden sein könnte, dass ich mal Romanautorin war. Was bedeuten würde, dass ich nie einen Roman geschrieben hatte. In meinem Kopf drehte sich alles.
    Aber es hatte sich wahr angefühlt. Das sagte ich mir. Außerdem konnte ich blind tippen. Zumindest hatte ich das ins Tagebuch geschrieben …
    »Hattest du einen?«, fragte ich verzweifelt. »Es ist … es ist wichtig …«
    »Mal überlegen«, sagte er. Ich stellte mir vor, wie er die Augen schloss, sich mit übertrieben konzentrierter Miene auf die Unterlippe biss. »Ja, könnte sein, dass ich wirklich mal einen hatte«, sagte er. »Ganz kurz. Vor Jahren. Ich weiß nicht mehr …« Eine Pause, dann: »Ja. Ich glaube, ich hatte wirklich mal einen. Nur etwa eine Woche oder so. Vor langer Zeit.«
    »Danke«, sagte ich erleichtert. Der Boden, auf dem ich stand, fühlte sich ein bisschen sicherer an.
    »Alles in Ordnung mit dir?«, fragte er, und ich sagte ja.
     
    Dr. Nash holte mich am Mittag ab. Er hatte gesagt, ich sollte

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