Ich darf nicht vergessen
Krise verursachen? Was würde deinen Glauben an das Universum erschüttern?
Also, dass James eine Affäre hat, wird jedenfalls nicht dazu führen! Ich weiÃ, dass die meisten das nicht verstehen würden, aber unsere Liebe geht tiefer. Die Affäre wird vorübergehen. Wir werden es überstehen.
Sicher. Und dann?
Ich dachte darüber nach. So lange, dass Amanda Zeit hatte, sich noch eine Tasse Tee einzuschenken.
Ich glaube, was mir am meisten Angst macht, ist Verderbtheit.
Und wie würdest du Verderbtheit definieren?
Als eine Handlung oder einen Prozess, durch den etwas beschmutzt oder kontaminiert wird. Durch den etwas seine Integrität verliert.
Wenn James dich betrügt, beschmutzt das nicht eure Ehe?
Was James und mich verbindet, kann man nicht beschmutzen. Aber mir ist natürlich bewusst, dass du die Integrität unserer Beziehung in Frage stellst.
Ich sprach ganz langsam, weil ich dabei war, mir etwas zurechtzulegen.
Ja, das tue ich allerdings.
Es ist tatsächlich tragisch, wenn etwas, das anständig und gut ist, beschmutzt wird, fuhr ich fort. Deswegen finde ich es so entsetzlich, wie die katholische Kirche ihre Priester schützt. Und die Jugend zu verderben ist das Schlimmste.
Deswegen ist das, was James tut, also nicht entsetzlich. Weil ihr beide keine Unschuldslämmer seid.
Absolut nicht.
Und wie sollte Verderbtheit bestraft werden?
Sie spielte mit mir, und ich wusste es. Ein gefährliches Spiel.
Wie gesagt, pure Verderbtheit ist das pure Böse. Etwas, das ausgerottet gehört.
Du meinst, es hat den Tod verdient?
Ja, wenn es sich in seiner reinsten Form manifestiert.
Und doch bist du gegen die Todesstrafe. Du hast an meiner Seite dagegen demonstriert. Hast mit einer Kerze in der Hand an Mahnwachen teilgenommen.
Unsere Gerichte sind nicht befugt, über Gut und Böse zu entscheiden.
Wer ist denn dazu befugt?
Sind wir nicht ziemlich weit vom Thema abgekommen? Am Anfang ging es um Verrat und Vertrauen. Und jetzt machst du dich über mich lustig.
Niemals.
Immer.
Du hast recht. Immer.
Die Erinnerung verblasst wie das Ende eines Films. Ich kann Amandas Stimme nicht mehr hören, doch ich kann bestimmte Wörter sehen, als wären sie in die Luft geschrieben. Respekt. Unschuld. Tod. Klarer als meine derzeitige Realität. Ich sitze im Dunkeln und versuche, nicht zu hören, wie das Haus atmet.
J ames war gestern Abend sehr wütend. Jemand hätte alle seine sauberen Socken aus seiner Schublade genommen, behauptete er. Jemand hätte seinen Lieblingskamm gestohlen. Jemand hätte seinen Rasierapparat benutzt. Er redete wie Vater Bär. Wer hat meinen Brei gegessen? Wir wussten natürlich beide, wer es gewesen war. Fiona ist dreizehn und in einem gefährlichen Alter.
B edürftigkeit. Ich verabscheue das Wort. Ich verabscheue allein die Vorstellung. Bestimmte Bedürfnisse sind unvermeidlich. Das Bedürfnis nach Sauerstoff. Nach Nahrung. Nach körperlicher Ertüchtigung. All das kann ich akzeptieren. Aber mein tiefes Bedürfnis nach Kameradschaft ist etwas ganz anderes. Die Kameraderie im OP , in der Umkleide, in meiner oder in Amandas Küche bei einer Tasse Kaffee.
Seit ich nicht mehr aus dem Haus kann, um Kameradschaft zu finden, kommt sie zu mir. Ich sehe nicht mehr, wie Geld den Besitzer wechselt. Das geschieht hinter meinem Rücken, wie bei einem Taschenspielertrick, seit ich Fiona die Vollmacht über meine finanziellen Angelegenheiten übertragen habe. Jetzt tun wir so als ob. Wir tun so, als wäre Magdalena meine Freundin. Als wäre sie freiwillig hier, als hätte ich sie in mein Haus eingeladen.
Und so wohnen wir hier zusammen, ein seltsames Paar. Die Frau ohne Vergangenheit. Und die Frau, die verzweifelt an ihrer festzuhalten versucht. Magdalena wünscht sich einen Neuanfang. Während ich um die Vergangenheit trauere, die mir geraubt wird. Wir beide haben Bedürfnisse, die die andere nicht erfüllen kann.
W ie beschämend, mit vierzig schwanger zu werden! Wie peinlich, es nicht zu bemerken, bis eine naive Mitarbeiterin dir zu dem kleinen Bäuchlein gratuliert. Aber du hast dein Leben lang keine regelmäÃige Periode gehabt. Es hat sechs Jahre gedauert, bis du mit Mark schwanger geworden bist. Du hattest es schon aufgegeben. Du warst schon drauf und dran, James zuzugestehen, dass er sich einen Hund anschafft. Hast nie wieder verhütet. Und jetzt das.
Wie wird James reagieren? Ob
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