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Ich darf nicht vergessen

Ich darf nicht vergessen

Titel: Ich darf nicht vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice LaPlante
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er es schon ahnt? Wie wirst du reagieren, wenn der erste Schock vorbei ist? Du starrst immer noch auf das weiße Plastikstäbchen mit dem roten Kreuz am Ende. Du hast gerade auf ein Stäbchen gepinkelt, und das Ergebnis hat dein Leben für immer verändert.
    W ir sitzen im Wohnzimmer, Mark, Fiona und ich. Ich erinnere mich schwach, dass die beiden sich kürzlich gestritten haben, etwas, das Fiona fürchterlich mitgenommen hat. Mark dagegen ließ die Sache, soweit ich das sehen konnte, eher gleichgültig. Aber anscheinend haben sie sich irgendwie wieder versöhnt. Mark räkelt sich auf dem langen Ledersofa, und Fiona sitzt im Schaukelstuhl und lächelt ihn an, ein Lächeln wie früher, als sie ihren großen Bruder noch bewunderte.
    Diesmal dachten sie wirklich, sie hätten dich überführt, sagt Mark. Aber bei keinem der Tests, die sie gemacht haben, ist ein eindeutiges Ergebnis rausgekommen. Er fummelt an seiner Armbanduhr. Er wirkt nicht sehr beunruhigt. Ich sehe, wie Fiona kurz die Stirn runzelt.
    Worüber redet ihr?, frage ich. Ich bin gereizt. Es ist kein Tag, an dem ich besonders mütterliche Gefühle hege. Ich habe eine Menge Papierkram zu erledigen, und ich bin erschöpfter, als ich zugeben möchte. Ich will mich mit einer Tasse Kaffee in mein Arbeitszimmer zurückziehen und nicht mit diesen jungen Leuten plaudern, egal, wie nah wir verwandt sind.
    Ach nichts, sagt Fiona hastig, also frage ich nicht weiter. Ich werfe einen Blick auf meine Uhr. Merke, dass Fiona es mitbekommt und wieder die Stirn runzelt. Mark betrachtet jetzt meinen Calder, der an seinem üblichen Platz über dem Klavier hängt.
    Wo ist euer Vater?, frage ich. Es wird ihm leidtun, wenn er erfährt, dass er euch verpasst hat. Ich mache Anstalten aufzustehen, was meine Art ist, die Sitzung zu beenden, die mir irgendwie so vorkommt, als würden sie absichtlich meine Zeit verschwenden, als wollten sie mit List und Tücke dafür sorgen, dass ich im Zimmer bleibe und nicht an meine Arbeit gehe.
    Ich nehme nicht an, dass wir noch hier sind, wenn er kommt, sagt Mark, der sich nicht vom Sofa rührt. Der Blick, den Fiona ihm zuwirft, entgeht mir nicht. Irgendetwas ist im Busch, irgendetwas sagen sie mir nicht, aber ich bin zu verärgert, um der Sache nachzugehen.
    Wo ist Magdalena?, fragt Fiona unvermittelt. Wir müssen etwas mit euch beiden bereden. Sie will aufspringen, doch in dem Augenblick kommt Magdalena herein. Ihre Augen sind leicht gerötet.
    Tut mir leid, ich habe telefoniert, sagt sie. Familienangelegenheiten.
    Fiona hat sich wieder in ihrem Schaukelstuhl zurückgelehnt und stößt sich mit dem Fuß am Boden ab, um den Stuhl in Bewegung zu setzen. So zierlich, wie sie ist, sieht sie beim Schaukeln aus wie ein Kind.
    Wir möchten uns mit euch beiden über etwas absprechen, sagt Fiona und schaut Mark an. Er betrachtet wieder den Calder, und so fährt sie fort.
    Die Presse sitzt Mark und mir im Nacken. Es sind Informationen durchgesickert. Die waren darüber informiert, dass unsere Mutter zu einem Verhör vorgeladen und wieder entlassen wurde. Mehr scheinen sie bisher nicht zu wissen, aber ich – wieder wirft sie einen kurzen Blick zu Mark hinüber– äh, wir würden gern jede Art unnötiger Publicity vermeiden.
    Magdalena meldet sich zu Wort. Ich würde nie etwas erzählen. Das wissen Sie. Ich lege einfach auf, wenn die anrufen. Und wenn jemand an der Tür klingelt, den ich nicht kenne, mach ich gar nicht erst auf.
    Mark schaltet sich ein. Ja, aber irgendwie haben sie unsere Mutter letzte Woche erwischt – sie lief im Vorgarten herum.
    Was meinst du denn damit– mich erwischt?, frage ich eisig. Und unter welchen Umständen würde ich in meinem Vorgarten herumlaufen? Du redest über mich wie über eine Zweijährige.
    Ich sehe Mark lächeln, aber das Lächeln gilt nicht mir. Ein Scherz zwischen den beiden.
    Magdalena wirkt verunsichert und ein bisschen ängstlich. Das hat mir niemand erzählt, sagt sie.
    Ich habe einen Anruf von einem Journalisten erhalten, Fiona auch. Offenbar war unsere Mutter an dem Tag richtig gut in Form – sie hatte sich in den Kopf gesetzt, dass der Journalist irgendwelchen Dreck über Amanda und ihre Unterrichtsmethoden ausgraben wollte – Amanda hat doch immer gegen den Elternbeirat ihrer Schule gewettert. Mom hat den Typen völlig aus dem Konzept gebracht. Anscheinend haben

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