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Ich. Die Autobiographie

Ich. Die Autobiographie

Titel: Ich. Die Autobiographie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Berger , Holde Heuer
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La-Salle-Klosterbrüdem in Feldkirch. Eine schlimme Form des Neides. Warum den Krieg schüren zwischen den Darstellern zweier Fernsehserien. Das ist doch lächerlich. Das ist syphilitisch, krank im Hirn, am amerikanischen Studio-System. So begannen meine Depressionen in Hollywood.
    Genauso unmöglich fand ich den Sesselkult in den Drehpausen beim »Denver-Clan«. Die Höhe der Sitzmöbel richtete sich jeweils nach der Wichtigkeit der Schauspieler. Ich sollte als europäischer Star-Gast einen besonders hohen bekommen, lehnte ab, weil ich wegen der Bequemlichkeit einen normalen wünschte. Und den ganzen Umstand auch nicht verstehen konnte – das ist doch völlig unnötiges Schüren von Neid unter den Kollegen. Oder war das vielleicht sogar der Sinn und Zweck? Linda Evans und Joan Collins saßen in den Drehpausen wie auf einer Hühnerleiter hoch in den Lüften, Joan brauchte sogar eine Stiege, um auf den Boden der Tatsachen zurückzugelangen. Ich saß niedrig mit den Technikern, wie ich es wollte. Aber ich hatte nicht mit den verworrenen Neidmechanismen der Kollegen gerechnet: Mein normales Verhalten machte sie neidisch. Ich spürte es an ihren spitzen Bemerkungen.
    Diese Kindereien provozierten natürlich meinen Widerspruch. Vor einer neuen Szene fragte ich demonstrativ, wo denn bitte auf dem Set die echten Schauspieler seien. Na, wenn Blicke töten könnten. Jetzt wurde es ungemütlich. Ich wurde allmählich zur unerwünschten Person, die langsam aus dem Drehbuch rausgeschrieben wurde. Die Studiobosse handelten strikt nach ihren unmenschlichen Richtlinien, es interessierte sie nicht im Geringsten, dass ich ein Schauspieler bin und keine hirnlose Puppe, die sich hin- und herschieben lässt. Ich brauche am Set menschliche Kontakte und sanfte Motivation. Stattdessen wurde der Künstler auf seinem Sessel hochgeschraubt, bis ihm die Luft zum Atmen ausging. Nein, danke, nicht mit mir!
    Neid hat auch etwas mit Geiz zu tun. Neidische Menschen sehen oft verbittert aus. Wenn der Mensch nicht gerne gibt, verhungert er innerlich. Auch mit Millionen von Dollars auf dem Konto. Neidische Menschen bleiben seelisch arm. Das ist wie ein Fluch. Capito?
    Nach Luchinos Tod erhielt ich Hunderte von Briefen aus aller Welt, aber nur drei aus Rom. Einen von Flora Mastroianni, einer wirklichen Freundin von uns beiden, und ihrem Mann Marcello, der gerne mit mir und Luchino einen Film gemacht hätte. Einen zauberhaften Brief bekam ich von Vima Lisi und den dritten von meiner damaligen Agentin Carol Levy. Nichts kam von meiner Clique, die mit uns Ferien in Ischia verbracht hatte. All die römischen Künstler, mit denen Luchino und ich während der lukullischen Abendessen in der Via Salaria diskutiert und gealbert hatten. Was war bloß geschehen? Ich konnte es nicht fassen.
    Plötzlich hieß es, der Visconti-Stil sei veraltet. Die Zeiten längst vorüber. »Viscontianisch« wurde zu einem Schimpfwort. Obwohl Viscontis Filme längst zu Klassikern geworden waren, schoben ihn alte Bekannte aufs Abstellgleis. Aus Neid? Wahrscheinlich. Endlich konnte er ihnen nicht mehr den Spiegel Vorhalten, in dem sie ihre eigene Unfähigkeit erkennen mussten. Der Filmproduzent Dino de Laurentiis schwadronierte in dieser Weise, Claudia Cardinales Freund Franco Cristaldi verkündete ähnliche Dummheiten. Wie mich das verletzte, kann ich gar nicht sagen, obwohl ich die nächsten Jahre sowieso wie unter einer luftleeren Glocke verbrachte. Ohne Luchino war ich nur noch die Hälfte wert. Und für seine Kollegen als Schauspieler zu »viscontianisch«. Unglaublich! Die Qualität seiner Filme war wohl zu hoch für die Mehrzahl seiner früheren Claqueure.
    Ich war durch Visconti einfach »verdorben«. Verdorben durch die schönen Dinge des Lebens. Den Geschmack in seinen Filmen, den Stil, das Design. Da hatte es keine gemieteten Anzüge für die Schauspieler gegeben, wie ich es in Zukunft erleben würde. Da waren Originale entworfen worden. Kaschmir war echtes Kaschmir. Wie soll denn überhaupt ein Gefühl für die Szene beim Schauspieler entstehen, wenn alles Lug und Trug ist? Bei Luchino war kein Parmaschinken, der nach drei Tagen hinüber war, noch zwei Wochen lang für die nächsten Szenen aufgetischt worden. Die Kristallvasen waren echte Kristallvasen gewesen. Es ist mir richtig peinlich, solche Peinlichkeiten über Luchinos Kollegen enthüllen zu müssen, die sich auch noch erdreisteten, seine Meisterfilme als altmodisch zu bezeichnen. Heute heißt es, dafür haben wir

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