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Ich. Die Autobiographie

Ich. Die Autobiographie

Titel: Ich. Die Autobiographie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Berger , Holde Heuer
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keine Zeit mehr. Keine Zeit für Qualität? Pah, dann kann man es doch gleich ganz lassen.
    Das waren auch Gründe für meinen Selbstmordversuch. Und meine Suizidgedanken, die mich periodisch überkommen können. Bis zum heutigen Tag bin ich nicht an die Wegwerf-Filmerei gewöhnt. Ausnahmen erlebte ich bei den Drehs für »Die romantische Engländerin« und »Schönes Ungeheuer«. Für den ersten Film wurde ich bei Yves Saint Laurent eingekleidet, den zweiten stattete Dior aus. Ich will gar nicht die Garderobe behalten, die überlasse ich gern den anderen. Ich will nur Qualität in den Filmen. Ist das zuviel verlangt?
    Die Produzenten haben Angst, dass ich meinen eigenen Schminker wünsche, wenn möglich den besten Maskenbildner der Welt: Alberto del Rossi, der in vielen Visconti-Filmen dabei war. Sie haben Angst, dass ich meine eigene Garderobenfrau wünsche und natürlich einen Sekretär. Sie haben eben Angst vor Klasse. Aber ich glaube an die kreativen Kräfte bei uns Künstlern. Ich gebe nicht auf.

Bei Fassbinder nicht wohl gefühlt, beim deutschen Zoll in die Hose gemacht
     
     
     
    1978 drehte ich im Ruhrgebiet »Das fünfte Gebot«. Regie führte Duccio Tessari. Der Film erzählt die Geschichte der Gangsterbrüder Heidger, die in den zwanziger Jahren bei Banküberfällen kleine Vermögen erbeuteten. Sie konnten damit im Überfluss leben, bis sie auf der Flucht von der Polizei erschossen wurden. Ich spielte einen der Gewaltverbrecher, die nicht vor Mord und Totschlag zurückschreckten. Die Dreharbeit im Ruhrpott war interessant, die Pause an den Wochenenden fad, die Gegend wenig inspirierend. Meine Freunde weit weg.
    Schon die Ankunft in Deutschland zeigte mir überdeutlich deutsche Gründlichkeit. Als ich einen Zöllner bat, einem dringenden Bedürfnis nachkommen zu dürfen, wollte der mich nicht aus seinem Bannkreis entlassen. Sogar als ich die Hinterlegung meiner Papiere anbot, verweigerte er mir den Gang zur Toilette. »Was soll ich tun?« fragte ich drängend. »Es ist nicht erlaubt«, antwortete er lakonisch. »Von mir aus können sie in die Hose pinkeln.« Was ich dann auch zu seiner Überraschung tat. Ich wickel’ mir bestimmt keinen Knoten hinein, weil ein blöder Bürokrat unsinnige Paragraphen über menschliche Bedürfnisse stellt.
    Ich langweilte mich an den Wochenenden in Essen. Sentimentale Stimmungen wechselten mit Hochphasen und Depressionen. Um mich aufzumuntem, rief ich meine Freunde in aller Welt an. I möcht leben. Verstehn’s? Es ist furchtbar, in ein fremdes Hotelzimmer zu kommen und draußen immer unter dem Vergrößerungsglas der Presse zu liegen. Ich bereitete mich schon für das Ende der Arbeit im Ruhrpott vor. I wollt meine Leut’ Wiedersehen, mich wieder zu Hause fühlen. Das konnte ich in allen großen Städten der Welt, aber nicht im Ruhrgebiet. Nein, danke. Ich buchte einen Trip nach Los Angeles und organisierte Skilaufen in St. Moritz.
    Aber zunächst musste ich noch zu Filmbesprechungen nach München. Dort lernte ich Holde Heuer kennen. Wir verstanden uns auf Anhieb, sind Seelenverwandte in der Auffassung von Sein und Schein. Eine Frau mit Format. Neben ihrer journalistischen Arbeit war sie damals für die Hilton-Promotion zuständig. Schon in den ersten 24 Stunden meines Aufenthalts rettete sie mich vor meinem sicheren Rausschmiss aus dem Hotel, wo ich nach Ankunft aus L. A. durch den Jetlag nicht so comme il faut war, wie sich ein versnobtes Hotel seine Gäste wünscht.
    Holde schützte mich. Auch vor dem Münchner Unkraut rettete sie mich. Dem schlechten Einfluss der billigen Drogenszene. Sie wurde ein richtiger Kumpel für mich und warnte mich auch vor der Clique um Rainer Werner Fassbinder. Die war hinter ihr her wie der Teufel hinter der armen Seele.
    Holde weiß wie ich, dass die Welt nicht nur rund ist. Was ja sonst nur wenige ihrer Kollegen wissen.
    Oder Michael Graeter, der mir während meiner »Denver«-Dreharbeiten in Hollywood im Hotel »Chateau Marmont« eine faszinierende Idee erzählte. Er und Helmut Dietl hätten vor, ihre geplante Fernsehserie »Kir Royal« als internationale Produktion aufzuziehen. Gleich alles in Englisch zu drehen, mit mir als dem Klatschkolumnisten Baby Schimmerlos und Stars wie Linda Evans und anderen »Denver«-Kollegen. Denn die Eitelkeit, um die es in dieser Serie geht, ist international. Leider musste ich aus Termingründen ablehnen.
    Seit 20 Jahren sind Holde und ich gute Freunde. Wir haben viel zusammen erlebt, über manches

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