Ich. Die Autobiographie
ihre Eifersucht auf Romy ausgetobt. Ohne Grund – denn mit Romy verband mich kein Verhältnis. Aber doch mit allen Gründen der Welt – denn Romy war mir in jeder Beziehung näher. Uns verband Luchino.
Marisa wohnte neben mir in der Via Guido Banti-Fleming. Ich lernte sie nächtens im »Number One« in Rom kennen, als ihr Exmann, Gian-Luigi Torre, sie finanziell belogen und betrogen hat. Marisa hatte einfach kein Glück mit Männern. Ich schwimme dagegen im Glück mit Männern und Frauen. Außer meiner letzten echten Ehefrau, aber ich sagte schon, das wird der Vatikan für mich erledigen. Marisa kam damals zu mir, um sich auszuweinen. Unsere österreichische Herkunft verband uns ebenfalls.
Ich half ihr, indem ich einen Film mit ihr drehte. Das lenkte sie ab und nützte ihr finanziell. Aber in Bezug auf ihre Karriere brachte der Film sie leider auch nicht weiter. »Der Wilde« hieß die Geschichte um ein Paar, das in Leidenschaften miteinander verstrickt ist. Die Regie führte Sergio Grieco. Wir spielten das, was uns lange Zeit im Leben verbunden hat: Freundschaft und Feindschaft. Küsse und Schläge. Heiß und kalt. Marisa war eine wunderbare Frau mit viel Seele. Immer bereit zu helfen.
Am 11. Juni 1976, knapp drei Monate nach Viscontis Tod, schrieb mir Marisa einen Brief, der mir sehr zu Herzen ging und den ich bis heute aufbewahrt habe. Ein kurzer Auszug daraus zeigt, wie sehr sie sich um mich sorgte und wie gut sie mich kannte: »Ich möchte Dich nicht mehr ›constant agony‹ sehen. Ich weiß, dass Menschen wie Du es schwer haben, weil sie in ständiger Sucht nach neuen ›Sentiments‹ sowie in ständiger Flucht vor dem eigenen ungekannten ›Ich‹ sind – und weil sie weder den Willen noch die Lust dazu haben, sich selber kennenzulernen. Du weißt, wie gerne ich Dir helfen möchte, aber ich weiß auch, dass nur Du allein Deine Probleme lösen kannst, with a little help naturally. Pull yourself together darling, you always can count on the very few friends you have. Bussi, Marisa« – mit einem bisschen Hilfe natürlich. Reiß dich zusammen, Liebling, du kannst immer auf deine wenigen Freunde zählen.
Ihr einziger Fehler war, dass sie sich entschieden hatte, eine Sexbombe bleiben zu wollen. Im Gegensatz zu Brigitte Bardot, die sich weiterentwickelte. Die beiden kannten sich gut. Auch Senta Berger ist nicht hängengeblieben. Sie ist weg von der römischen Dolce vita nach München, um eine Familie zu gründen und sich auch schauspielerisch neu zu orientieren. Marisa Mell zählte zu den Sexbomben der sechziger Jahre, gehörte mit Brigitte Bardot, Senta Berger, Pascale Petit, Marina Vlady, Jacqueline Sassard oder Barbara Valentin zu den Darlings der Busen-Freunde.
Ich bin oft nach dem Testament von Luchino gefragt worden. Die Familie sagte mir, dass sein Letzter Wille verschwunden sei. Sein Butler in der Via Fleming erzählte mir dagegen später, dass die Kommode, in der sich das Testament von Luchino befunden haben soll, nach seinem Tod aufgebrochen worden sei. Auch Luchinos Sekretär wusste von einem neu verfassten Testament. Aber ich war so unglücklich nach seinem Tod, dass ich keinen Skandal machen wollte. Auch nicht wegen seines Namens. Visconti sollte nicht in den Schmutz gezogen werden. Dazu fühlte ich mich Luchino gegenüber verpflichtet. Immerhin habe ich zwölf Jahre mit ihm gelebt. Nach italienischem Recht, wie auch in der amerikanischen Rechtsprechung, wird ein Lebenspartner nach acht Jahren Gemeinsamkeit wie ein Ehepartner anerkannt. Aber ich bestand nicht darauf.
Entgegen der Auffassung von vielen, die mich nicht kennen, war ich weder geldgierig noch besitzergreifend. Die, die etwas anderes behaupten, sind getrieben von Neidgefühlen mir gegenüber. Ich bin stolz auf meine Zeit mit diesem Genie und wundervollen Mann. Seine Drehbücher, die er zum Teil nicht mehr verfilmen konnte, hüte ich wie einen Schatz.
Nur manchmal spüre ich neben der ständigen tief verdrängten Hoffnungslosigkeit auch Traurigkeit über den Verlust unseres schönen Ferienhauses in Castelgandolfo, an dem ich zur Hälfte beteiligt bin. Das gehörte mit Sicherheit zu meinem Erbe. Aber was soll’s. »C’est la vie!« würde Romy sagen. Erledigt, basta!
Denken wir groß. Die Mittelmäßigkeit hat mich nie interessiert. Große Rollen wollte ich weiter spielen. Eine bot »Die Gefräßigen« von Sergio Gobbi, in dem ich einen jungen Croupier des Spielcasinos in Cannes spiele, der vom großen Reichtum träumt. Eine
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