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Ich ein Tag sprechen huebsch

Ich ein Tag sprechen huebsch

Titel: Ich ein Tag sprechen huebsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Sedaris
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attraktiven... Mann halte. Ist das ein so schweres... Vergehen?«
    Zur Ehre unseres Vater muss man sagen, dass er ganz Gentleman blieb. Nachdem er stammelnd erklärt hatte, wie geschmeichelt er sich durch das Angebot fühle, ließ er Penny so schonend wie möglich abblitzen. Er bot ihr an, sie einigen Junggesellen aus seinem Büro und seinem Country Club vorzustellen, sagte, sie solle gut auf sich aufpassen, und fügte abschließend noch hinzu, sie sei eine ganz besondere Frau, die es verdiene, glücklich zu sein.
    Erst Jahre später gab Amy die Geschichte zu. Für unsere Familie waren es relativ ereignislose Jahre, aber ich vermute mal, dass es eine reichlich verwirrende Zeit für die arme Penny Midland war, die in ihrer Galerie regelmäßig Besuche von unserem Vater in Begleitung zahlloser geschiedener Kollegen bekam. »Das ist die Frau, von der ich dir erzählt habe«, verkündete er. »Ich denke, ich seh mich ein wenig um und lass euch zwei einen Moment allein. «
    Trotz der fortgeschrittenen Jahre hat sich die zwanghafte Sorge meines Vaters über Gewicht und Aussehen meiner Schwestern nicht verändert. Er fragt sich,
    warum die Mädchen nicht häufiger vorbeischauen, und wenn sie ihn besuchen, kommt er noch in der Tür mit der Frage: »Bilde ich mir das nur ein, oder hast du ein paar Pfund zugelegt?«
    Weil sie ihre makellose Haut und ihre beneidenswerte Figur behalten hat, ist Amy der größte Schatz meines Vaters geblieben. Sie ist mit Abstand die Schönste der Familie, doch verwendet sie einen Großteil ihrer Zeit und ihres Geldes darauf, sich mit Hilfe von Plastikbuckeln und aufgeklebten Hautkrankheiten zu verkleiden. Sie hat mehr Nackenstützen und Plastikgebisse, als sie gebrauchen kann, und aus allen Schubladen und Schränken quillt Menschenhaar. Nachdem sie viele Jahre davon geträumt hatte, kaufte sie sich schließlich ein dick gepolstertes, maßgeschneidertes »Fettwanst«-Kostüm, über das sie am liebsten eine schmutzige Trainingshose zieht, so eng und abstoßend wie eine Wurstpelle. Für das entsprechende Oberteil reichte das Geld nicht, so dass sie wie zwei durch ein furchtbares Experiment verschmolzene Frauenhälften durch die Gegend watschelt. Von der Taille an aufwärts ist sie schlank und durchtrainiert, dabei stampft sie auf zwei Beinen mit dem Umfang von Baumstümpfen vorwärts, gefolgt von einem gigantisch gekerbten Hintern, der so fett ist, dass sie auf einer Stricknadel sitzen könnte, ohne es zu merken.
    Einmal flog sie mit dem Kostüm zu Weihnachten nach Hause. Unser Vater war sichtlich geschockt, als er uns am Flughafen in Raleigh empfing. Auf der kurzen Fahrt nach Hause unterdrückte er seine Qual, aber kaum war Amy im Badezimmer verschwunden, brüllte er mich an: »Was in aller Welt ist mit der passiert? Mein Gott, das kann doch nicht wahr sein! Das bringt mich ins Grab. «
    »Was?«
    »Deine Schwester, was sonst. Vor sechs Monaten habe ich sie noch gesehen, und jetzt ist sie rund wie eine Tonne. Ich dachte, du würdest auf sie aufpassen. «
    Ich bat ihn, leiser zu reden. »Bitte, Dad, halt dich bei ihr damit zurück. Amy reagiert sehr empfindlich auf ihren... na, du weißt schon. «
    »Ihren was? Nun sag's ruhig: ihren dicken, fetten Hintern. Wegen dem geniert sie sich, und dazu hat sie auch allen Grund! Da könnte ein Hubschrauber drauf landen. «
    »Bitte, Dad. «
    »Nimm sie nicht auch noch in Schutz, Schlaumeier. Sie ist alleinstehend, und ihre biologische Uhr tickt. Wer wird sich denn in eine Frau mit so einem Hintern vergucken, geschweige denn, sie heiraten?«
    »Ich weiß nicht«, sagte ich. »Aber ich glaube, viele Männer stehen auf ausladende Hinterteile. «
    Er sah mich mit großem Bedauern an, als bräche ihm zum zweiten Mal an diesem Tag das Herz. »Mein Gott, über das, was du nicht weißt, könnten ganze Bücher geschrieben werden. «
    Bei Amys Rückkehr ins Zimmer riss mein Vater sich zunächst zusammen, doch als sie sich umdrehte und an den Kühlschrank wollte, ging er hoch, als wolle sie ein brennendes Streichholz in den Tank eines Porsches werfen. »Was in Gottes Namen machst du da? Sieh dich doch nur an; du bringst dich um. «
    Amy fuhr mit einem Suppenlöffel in ein großes Mayonnaiseglas.
    »Dein Problem ist die Langeweile«, sagte mein Vater. »Du langweilst dich und bist einsam, und dann schaufelst du Müll in dich hinein, um die Leere zu füllen. Ich weiß, was du durchmachst, aber glaube mir, du kannst es schaffen. «
    Amy stritt ab, gelangweilt und einsam

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