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Ich ein Tag sprechen huebsch

Ich ein Tag sprechen huebsch

Titel: Ich ein Tag sprechen huebsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Sedaris
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magnetisch an, und die Ritzen der Tastatur feucht auszuwischen kann man so ziemlich vergessen. Mehr als einmal drückte ich versehentlich eine Taste, um entsetzt zurückzuweichen, wenn der dunkle Bildschirm plötzlich zum Leben erwachte und sich mit bunten exotischen Fischen oder Schwärmen fliegender Toaster füllte. Genauso entnervend war die Angewohnheit der Leute, das Schrägdach ihres Monitors mit gerahmten Fotografien und zahllosen Plüsch- und Plastikkreaturen zu bestücken, die umgehend hinter den Schreibtisch plumpsten, wenn man über den Bildschirm wischte. Nirgendwo ließ sich der Staubsauger einstöpseln, weil sämtliche Steckdosen von Mitgliedern der Computer-Familie belegt waren. Neben dem wüsten Kabelgewirr schien nahezu jeder Anschluss eine dieser unheilvollen, ellenlangen Steckerleisten zu besitzen, deren rote Warnlampe die Botschaft aussendet: BLOSS NICHT ANFASSEN. Ich leistete der Anweisung nur zu gerne Folge, auch wenn sie mir nichts als Beschwerden einbrachte.
    Aufgrund meiner allgemeinen Abneigung gegen Maschinen und einiger kleinerer Schreikrampfanfälle bin ich als technophob verschrien, ein Ausdruck, der auf meiner Skala von Kampfbegriffen ziemlich weit unten rangiert. Das Wort phobisch mag seine Berechtigung haben, wenn es in einem entsprechenden Kontext gebraucht wird, aber in jüngster Zeit ist es durch die dummdreiste Behauptung unbrauchbar geworden, Feindseligkeit beruhe in den meisten Fällen mehr auf Furcht als auf Ablehnung. Dabei wird der grundsätzliche Unterschied zwischen diesen sehr unterschiedlichen Gefühlen völlig übersehen. Vor Schlangen fürchte ich mich. Computer lehne ich ab. Meine Ablehnung sitzt tief und bekommt jeden Tag neue Nahrung. Mir geht es gut dabei, und keine öffentliche Aufklärungskampagne wird mich davon abbringen.
    Ich hasse Computer dafür, dass sie ihre eigene Seite in der New York Times haben und Werbespots um die Nennung der Adresse im Internet verlängern. Wer möchte schon gern mehr über Schwarzkopf & Henkel erfahren? Man kauft sich seine Zahnpasta oder sein Waschmittel, und damit basta. Ich hasse Computer, weil es durch sie das Wort org und E-Mail gibt, was in Wirklichkeit gar keine richtige Post ist, sondern bloß eine Neuauflage der idiotischen Zettelchen, die früher in der Klasse rumgingen. Ich hasse Computer, weil sie die Karteikästen in der New York Public Library verdrängt haben, und ich hasse die Art, in der sie sich im Kino breitgemacht haben. Ich meine damit nicht ihren Beitrag zur Welt der Spezialeffekte. Ich habe nichts gegen einen klasse gezeichneten Mutanten oder eine die Leinwand füllende Alien-Invasion das ist gute Technik. Ich rede hier von ihrem leibhaftigen Erscheinen in beinahe jedem Film. Sie sind inzwischen das, was Pferde früher im Western waren sie stehen vielleicht nicht im Mittelpunkt, aber keiner ist offenbar ohne. Jeder furzlangweilige neue Thriller hat eine Szene, in der der Held, von seinem jeweiligen Gegenspieler in die Enge getrieben, in einem verzweifelten Wettlauf gegen die Zeit an seinen Schreibtisch hechtet. Die Musik wird lauter, Schweißperlen tröpfeln auf Tasten, während er vor dem Laptop sitzt und wie wahnsinnig herumtöckelt. Etwas anderes wäre es, wenn er einen vorbeirauschenden Wagen anhalten oder per Telefon Hilfe herbeirufen würde, aber Tippen an sich ist wahrlich keine besonders dramatische Tätigkeit.
    Ich hasse Computer aus einer ganzen Reihe von Gründen, aber ich verachte sie für das, was sie meiner Freundin, der Schreibmaschine, angetan haben. Man sollte meinen, in einem demokratischen Land gäbe es genug Platz für sie beide, aber die Computer werden nicht eher ruhen, bis ich meine Farbbänder aus alten Hemden herstellen und das Tipp-Ex in der eigenen Badewanne brauen muss. Ihr Ziel ist es, der »IBM Selectric II einen Platz neben Federkiel und Meißel im Museum für Schreibutensilien der Vorzeit zu verschaffen. Sie sind machthungrig, und jemand muss sie stoppen.
    Wenn man mir vorhält, ich sei wie der Typ, der immer noch seinen Achtspur-Bändern hinterher jammert, sage ich: »Acht Spuren? Wo?« Tatsächlich habe ich keinen Schimmer, worum es geht, aber es ist mir wichtig, meine Solidarität mit anderen zu bekunden, denen man genau wie mir den Teppich unter den Füßen weggezogen hat. Was interessiert es mich, ob er die Wörter zählt oder Absätze auf Tastendruck verschiebt, ich jedenfalls will keinen Computer. Anders als das leise Trippeln von Fingern auf der Plastik-Tastatur, gibt

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