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Ich ein Tag sprechen huebsch

Ich ein Tag sprechen huebsch

Titel: Ich ein Tag sprechen huebsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Sedaris
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miteinander verbunden wären, die er bei IBM zu entwickeln half. In seiner Vorstellung saßen die Familien der Zukunft vor gigantischen Terminals, um bequem von zu Hause aus Lebensmittel zu bestellen oder ihre Steuern zu bezahlen. Man könnte am Computer Musik komponieren, eine Hundehütte entwerfen und unendlich viele, noch größere Sachen machen. »Die Leute könnten... man könnte... « Wenn er in seinen Zukunftsvisionen schwelgte, kam er irgendwann an den Punkt, an dem ihm die Worte ausgingen. Seine Augen wurden groß und leuchteten bei dem Gedanken an die unbegrenzten Möglichkeiten. »Ich meine, mein Gott«, stammelte er, »stellt euch das nur mal vor. «
    Meine Schwestern und ich zogen es vor, das lieber zu lassen. Ich weiß nicht, wie es den anderen ging, ich für mein Teil hoffte immer, die Menschen auf der Welt könnten durch etwas Interessanteres geeint werden, etwa durch Drogen oder einen bewaffneten Kampf gegen die Untoten. Leider hat die Mannschaft meines Vaters gewonnen, also sind es Computer. Ich bedauere nur, dass es noch zu meinen Lebzeiten geschehen musste.
    Irgendwo im hintersten Winkel meines Gedächtnisses findet sich eine trübe Erinnerung, wie ich mit einer Lochkarte in der Hand in einer langen Schlange stehe. Ich erinnere mich noch an das billige, leicht klinische Gefühl, das mir die Karte vermittelte, und dass ich damals glaubte, Computer würden es kaum sehr viel weiter bringen. Nennen Sie mich naiv, aber ich habe offenbar die allgemeine Sehnsucht der Menschen unterschätzt, in einem harten Plastikstuhl zu sitzen und auf einen Bildschirm zu starren, bis man doppelt sieht. Mein Vater hat es vorausgesehen, nur mich hat die Zukunft völlig überrumpelt. An meiner High School gab es keine Computer, und bei meinen ersten beiden Anläufen am College zählten die Leute noch mit den Fingern und zogen die Schuhe aus, wenn es über zehn ging. Wirklich bewusst wurde mir die Gegenwart des Computers erst Mitte der achtziger Jahre. Aus irgendeinem Grund schien ich damals eine ganze Reihe Graphik-Designer zu kennen, in deren Wohnungen und Büros es angenehm nach Sprühkleber roch. Ihre Fußböden waren immer mit allen möglichen Zetteln übersät, und auf den klebrigen Killing Fields ihrer Schreibtischplatten winkten gestrandete Fliegen nach einem Retter. Ich konnte mich stets blind darauf verlassen, von ihnen den Klebstoff meiner Wahl zu bekommen. Dann, praktisch über Nacht, waren Tesa und Gummikleber verschwunden und durch geruchlose Computer und poröse Mouse-Pads ersetzt worden. Für mich gab es nichts mehr, das sich zu leihen lohnte, so dass ich ihnen den Rücken kehrte und mich einer Gruppe von Schriftsetzern anschloss, die mich zuletzt ebenfalls hängenließen.
    Dank meiner gänzlichen Unbeschlagenheit in Büro-Tätigkeiten fiel es mir nicht besonders schwer, den direkten Kontakt mit der neuen Technologie zu meiden. Der indirekte Kontakt war schon verwirrend genug. Noch während meiner Zeit in Chicago bekam ich grauenhafte Weihnachts-Rundbriefe geschickt, die so aussehen sollten wie Boulevard-Zeitungen oder Jahresberichte. Wortprozessoren machten das Schreiben zum Vergnügen. Allerdings machten sie nicht automatisch auch das Lesen zu einem Vergnügen, eine Tatsache, die durch Erzeugnisse wie The Herald Family Tribune oder Was so läuft bei dem Wexlers schmerzhaft deutlich wurde.
    Freunde, die zuvor nie sadistische Neigungen gezeigt hatten, verschickten auf einmal Briefe, die wie die Speisekarte eines China-Restaurants oder die Qumran-Rollen aussahen. Alle hatten ihr eigenes elektronisches Schriften-Set, und man ermunterte mich, mir ebenfalls eins zuzulegen. Die Schreiber dieser Briefe zeigten die gleiche Begeisterung wie die Leute, die zur gleichen Zeit mit teuren neuen Videokameras bei Dinner-Partys aufliefen und vorschlugen, sich nach dem Dessert vor den Fernseher zu setzen und den Abend noch einmal gemeinsam anzuschauen. Wir, das einfache Volk, hatten auf einmal Zugang zu den Produktionsmitteln, aber ich verstand trotzdem nicht, was das ganze Geschrei sollte. Ein blöder Brief bleibt ein blöder Brief, egal, wie sehr man ihn aufdonnert, und es gibt einen Grund, warum das einfache Volk nicht im Fernsehen zu sehen ist: Wir sind stinklangweilig.
    Anfang der Neunziger arbeitete ich in New York für eine Reinigungsfirma. Der Job lehrte mich, dass Computer, ungeachtet der ihnen nachgesagten Tugenden, eine Katastrophe in puncto Saubermachen sind. Die Kieseloberfläche zieht Schmutz und Staub

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