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Ich ein Tag sprechen huebsch

Ich ein Tag sprechen huebsch

Titel: Ich ein Tag sprechen huebsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Sedaris
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das fette Klatschen von Schreibmaschinenlettern einem das Gefühl, tatsächlich etwas zu schaffen. Statt mich am Ende eines verhunzten Tages über mein virtuelles Nichts zu grämen, kann ich immer noch auf meinen überquellenden Papierkorb blicken und mir sagen, dass ich, wenn ich schon gescheitert bin, zumindest ein paar Bäume mitgenommen habe.
    Wenn ich für längere Zeit von zu Hause fortmuss, ist meine Schreibmaschine stets dabei. Gemeinsam ertragen wir die qualvolle Prozedur, durch ein Röntgengerät geschickt zu werden. Die Laptops rollen fröhlich übers Band, während ich zur Seite gebeten werde und meine Tasche öffnen soll. Für mich ist es ein völlig normales Gepäckstück, aber die sinkende Popularität der Schreibmaschine weckt Verdacht und ruft zuletzt die Sorte Reaktion hervor, die man erwarten dürfte, wenn man eine Kanone im Handgepäck hat.
    »Das ist eine Schreibmaschine«, sage ich. »Man schreibt darauf böse Briefe an die Flughafenleitung. «
    Anschließend wird so lange auf die Tasten eingedroschen und gehämmert, bis ich mich zu der Erklärung genötigt sehe, dass man, um schreiben zu können, zuerst den Stecker einstöpseln und ein Blatt Papier einspannen muss.
    Kopfschüttelnd erklären mir die Schlauberger, ich solle doch lieber auf einen Computer umsteigen. Das ist ihr Job, in einer schlecht sitzenden Uniform in der Gegend herumzustehen und den Leuten Ratschläge zu geben, wie sie ihr Leben angenehmer gestalten können. Wenige Stunden später höre ich den Rat ein zweites Mal vom Bediensteten des Hotels, der an meine Zimmertür klopft. Meine Nachbarn, deren Fernsehgerät ich höre, haben sich über den Lärm meiner Schreibmaschine beschwert, und er bittet mich aufzuhören. Wenn man ihn reden hört, könnte man glauben, ich hätte Kesselpauke geübt. Vor dem Hintergrund der allgemeinen Geräuschkulisse ist die Schreibmaschine nicht halb so laut, wie er vorgibt, aber es hat keinen Zweck, mit ihm darüber zu streiten. »Wissen Sie«, sagt er, »Sie sollten auf einen Computer umsteigen. «
    Man beginnt sich zu fragen, was man im Leben falsch gemacht hat, wenn man zweimal an einem Tag von Männern mit lustigen Mützen Tipps bekommt, wie man zu schreiben habe. Doch je mehr man mich drängt, einen Computer zu benutzen, desto größer wird mein Widerstand. Einer nach dem anderen haben sich meine Freunde von mir abgewandt und sich auf die Seite des Bösen geschlagen. »Wie soll ich dir schreiben, wenn du keine E-Mail-Adresse hast?« fragen sie. Sie erzählen mir was von B-Trees und Disk Doctors und wagen es doch tatsächlich, sich zu beschweren, wenn ich bei Tisch auf Verdauungsprobleme zu sprechen komme.
    Die sollen mir den Buckel runterrutschen, denke ich. Ich hatte geglaubt, mich allzeit auf meine Familie verlassen zu können, und war deshalb wie vom Donner gerührt, als meine Schwester Amy ein bonbonfarbenes Laptop anschleppte. »Brauch ich nur für E-Mails«, erklärte sie. Das aus ihrem Mund zu hören, löste bei mir körperliche Übelkeit aus. »Ist lustig«, sagte sie. »Man bekommt alles Mögliche zugeschickt. Hier, sieh nur. « Sie drückte auf eine Taste, und auf dem Bildschirm erschien ein nackter Mann, der mit dem Gesicht zum Boden ausgestreckt auf einem Teppich lag. Er hatte leicht ergrautes Haar und die Hände über dem teigigen Rücken zusammengebunden. Eine Frau trat hinzu. Man sah nicht ihr Gesicht, nur ihre Beine und Füße, die groß und bösartig aussahen und in spitzen Pumps mit bleistiftdünnen Absätzen steckten. Als der Mann am Boden sich ein Stück zur Seite drehte und seine Hoden sichtbar wurden, reagierte die Frau, als hätte sie eine altersschwache Maus erblickt, auf die sie es schon seit langem abgesehen hatte. Sie trat mit den Schuhspitzen nach den Hoden des Mannes, drehte sich dann um und setzte die Prozedur mit ihren Absätzen fort. Nachdem sie wie verrückt auf ihn eingehackt hatte und ich schon glaubte, sie wäre fertig, bekam sie noch einmal neuen Schwung und fing wieder von vorne an.
    Bis dahin war mir nicht klar gewesen, dass ein Computer genau wie ein Fernseher benutzt werden konnte. Niemand hatte mir gesagt, dass die Bilder so gestochen scharf, die Schmerzensschreie so deutlich zu hören wären. Genau das, dachte ich, hatte meinem Vater vor vielen Jahren vorgeschwebt, wenn es ihm die Sprache verschlug. Nicht unbedingt diese Szene,
    aber etwas, das einen in ähnlicher Weise sprachlos machte.
    »Noch mal?« Wieder drückte Amy eine Taste, worauf wir, die

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