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Ich & Emma

Ich & Emma

Titel: Ich & Emma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Flock
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nicht will, dass es vorangeht. Besten Dank. Mama sagt, das wäre ein schöner neuer Anfang. Aber Anfänge sind nur für Erwachsene schön. Die dritte Klasse war für mich nie schön, und selbst nach einem ganzen Schuljahr warte ich noch immer darauf, dass es endlich mal aufhört, ein Anfang zu sein.
    Wegen der dummen Geschichte mit der Toilette werde ich in der Schule noch mehr gehänselt als sonst. Meine Lehrerin, Miss Hall, sagt, dass ich unaufgefordert sprechen würde, und das fordert Patty Lettigo nur noch mehr heraus. Im Pausenhof brüllt sie mich an, nennt mich verrückt. Die anderen Kinder lachen, denn für sie muss es wohl danach aussehen. Ich denke einfach ständig daran, was ich Emma nach der Schule erzählen muss, und plötzlich spreche ich es laut aus. Ich will das gar nicht, aber es passiert einfach.
    “Und so dividieren wir”, sagt Mr. Stanley. “Wir finden heraus, wie viele kleine Zahlen diese große Zahl ergeben, die unter dem Strich steht. Wer kann mir sagen, wie oft die Neun in die Achtzehn passt?”
    Die grünen Knospen draußen an den Zweigen sehen aus wie winzige Knöpfe an einem Fernseher. Ich frage mich, was für eine Sendung ein Baum wohl gerne sehen würde. Nichts, was mit einer Säge zu tun hat, könnte ich wetten.
    “Miss Parker?” Mr. Stanleys Stimme erreicht meine Gedanken, ich blicke nach vorne, denke aber noch immer über das Baumfernsehen nach. “Kannst du uns das sagen?”
    “Was, Daddy?”
    Ach, du guter Gott – was habe ich da eben gesagt? Was habe ich da bloß
gesagt?
Vielleicht habe ich es nur gedacht und nicht laut ausgesprochen.
    “Kinder, beruhigt euch”, ruft Mr. Stanley den anderen zu, die lachen und auf mich zeigen, als ob ich soeben aus einem Raumschiff gestiegen wäre. “Kinder, bitte!” sagt er noch mal, aber es hat keinen Zweck.
    Es dröhnt in meinen Ohren, als wäre das Klassenzimmer ein riesiger Glaskasten – die Stimmen hallen von allen Seiten meines Gehirns wider.
    Mary Sellers lacht ihr verächtliches Lachen, das immer klingt, als würde sie gleich einen Schluckauf bekommen. Meine Wangen brennen wie Feuer.
    “Gut, Kinder, es reicht jetzt”, sagt Mr. Stanley schließlich, aber sein Gesicht kann ich nicht sehen, weil ich auf der Tischplatte mit dem Finger “EMB war hier” nachfahre. Wer ist EMB? frage ich mich jeden Tag aufs Neue. EMB könnte ein Junge sein, aber ich hätte lieber, dass es sich um ein Mädchen handelt, das mutig genug ist, seinen Namen in einen Tisch zu ritzen, wenn niemand hinschaut. EMB. Vielleicht ist sie gestorben und das ist der einzige Beweis, dass sie überhaupt gelebt hat, doch ihre Eltern wissen nichts davon und weinen sich jede Nacht in den Schlaf, weil sie wünschten, sie hätten irgendetwas mit ihren Initialen darauf. Und hier ist es, genau unter meinem Fingernagel, der, wie mir jetzt auffällt, ganz schmutzig ist. Wenn ich wüsste, wer EMB ist, könnte ich den Eltern sagen, dass es hier noch einen letzten Rest von ihr gibt. Dann könnten sie nachts wieder schlafen.
    “Caroline, bitte komm nach der Stunde zu mir”, seufzt Mr. Stanley. “Tommy, was ist achtzehn geteilt durch neun?” Jeder in der Klasse kehrt jetzt wieder zur Tagesordnung zurück, außer mir. In der Pause werde ich mal wieder die Witzfigur der ganzen Schule sein.
    Emma ist die einzige, die versteht, dass ich manchmal einfach etwas sage, weil sie das auch tut. Aber sie wird nicht gehänselt, weil alle wissen, dass sie sonst nach der Schule Prügel beziehen. Außerdem ist sie hübsch, und hübsche Mädchen haben nie Ärger mit anderen Kindern. Die Jungs mögen sie und die Mädchen möchten ihre beste Freundin sein. Emma bekommt das hin. Ich auf der anderen Seite … nun, ich hoffe, im Westen von North Carolina wird alles ganz anders.
    “Möchtest du mir sagen, was los ist, junge Dame?” fragt mich Mr. Stanley, nachdem alle anderen aus dem Raum geströmt sind.
    “Es tut mir Leid, Sir.” Mein Gesicht fühlt sich noch immer heiß an, ich kann ihm nicht in die Augen sehen, obwohl Mama uns das immer wieder eintrichtert, seit wir klitzeklein sind.
    “Caroline”, sagte er mit einer Stimme, die nach warmen Doughnuts klingt. “Du hast wirklich eine Begabung. Du bist eine kluge, junge Dame. Aber du musst dich schon anstrengen …”
    Mich anstrengen. Mich anstrengen. Ich kann es nicht mehr hören. Wenn mir das noch ein Lehrer sagt, fange ich an zu schreien.
    “ … und dann kannst du ganz allein entscheiden …” Er sagt etwas über das College. Offenbar

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