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Ich & Emma

Ich & Emma

Titel: Ich & Emma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Flock
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gemalt ist. “Wie geht es deinem
Liebsten
, Charley?” Ich tue so, als ob ich ihn nicht höre und ihn ignoriere.
    Über Charley Narley aus unserem Ort machen sich alle lustig. Sein Körper ist zwar gewachsen, sein Hirn aber nicht. Mama sagt, er hat nicht alle Tassen im Schrank. Sie sagt, jeder Ort hat seinen Charley Narley, aber das kann ich mir nicht vorstellen. Er ist groß wie ein Bär, und alle kennen nur seinen Vornamen. Vor langer Zeit hat irgendjemand begonnen, ihn Charley Narley zu nennen, weil es sich reimt, wie ich vermute. Er kämmt sich nie und geht auch nicht zum Friseur, sein Haar ist ganz verfilzt und steht wahrscheinlich vor Dreck. Wenn man über die Straße geht, folgt er einem wie ein Hundewelpen und beschreibt lauthals alles, was man tut. Das geht dann so: Man geht zu Alamo Shoes und betrachtet das Schaufenster und hinter sich hört man: “Jetzt bleibt sie vor dem Schaufenster stehen. Sie schaut sich die weißen Schuhe an. Nein, es sind die pinkfarbenen Schuhe.” Dann läuft man weiter und hört: “Sie geht die Straße hinunter. Sie nimmt etwas aus ihrer Tasche. Einen Kaugummi! Sie packt ihn aus. Sie steckt ihn in den Mund. Jetzt kaut sie.” So ungefähr. Er kann keiner Fliege etwas zu Leide tun, der Charley Narley. Die Jungs machen sich einen Spaß daraus, indem einer von ihnen sich hinter Charley stellt und ihn imitiert, während er über die anderen spricht. Etwa so: “Charley beobachtet Tommy. Er wird langsamer. Er sieht Tommy an. Er spricht.” Charley kommt dann ganz durcheinander und versucht, hinter den Jungen zu gelangen, der da spricht, und dann wird er noch verwirrter und beginnt lauter zu sprechen. Dann hauen die Jungs ab und Charley bekommt Ärger mit dem Sheriff. Einmal haben sie eine alte Strumpfhose genommen, so eine, wie die Damen sie in der Kirche tragen, und Sand hineingefüllt. Dann haben sie die Strumpfhose so hinter einer Hecke versteckt, dass ein Bein zu sehen war. Als Charley Narley vorbeikam, verdrehten sie den Strumpf, bis er aussah wie eine Schlange. Charley kreischte los wie ein Mädchen. Und erst letzte Woche haben sie ihn als Zielscheibe benutzt (“zehn Punkte, wenn die Coladose seinen rechten Arm trifft!"). Emma und ich versuchten Charley dazu zu bringen, in die andere Richtung zu gehen. Mr. White kam ebenfalls aus seinem Laden und sagte den Jungs, sie sollten verschwinden, aber seitdem nennen sie Charley Narley meinen Liebsten.
    “Ach, halt die Klappe”, murmle ich. Darryl Becksdale steht ein Stück von mir entfernt, deswegen hoffe ich, dass er mich nicht verstanden hat.
    “Was war das?” Oje. Er hat es gehört. “Machst du dich etwa für deine
wahre Liebe
stark?”
    “Nein.”
    “Was dann?”
    “Du hältst dich ja für so clever”, entgegne ich, ohne zu überlegen. “Dabei weißt du
gar nichts.”
    “Ach ja?” Er trottet neben mir her auf die Tür zu. “Frag mich was, ich wette, ich weiß die Antwort. Siehst du? Dir fällt nichts ein!” Er beginnt gekünstelt zu lachen. Ich weiß, dass es gekünstelt ist, weil er lauter lacht als sonst, und außerdem schaut er sich nach seinem Publikum um.
    “Okay.” Ich betrete die Schule, wo es genauso heiß ist wie draußen, aber ich will nicht, dass ich einen Sonnenbrand auf dem Scheitel bekomme. “Hast du schon von der Schachtel gehört?”
    Einen Moment lang scheint er verblüfft zu sein, weil er schweigt, doch dann sagt er: “Diese Schachtel gibt es gar nicht wirklich, du Depp.”
    “Es gibt sie doch.”
    “Hast du sie vielleicht gesehen?”
    “Noch nicht.” Ich lächle, weil ich die Schachtel in genau fünf Stunden und zweiundzwanzig Minuten zu sehen bekommen werde.
    “Du lügst”, ruft er, dann wendet er sich ab und geht zu seinen Freunden hinüber, die gerade damit angeben, wie elegant sie Spielkarten mischen können.
    “Mr. White?” Meine Hände sind schweißnass, und das liegt nicht an der Hitze.
    “Ja, Caroline?” Er legt den Bestellblock weg. “Was kann ich für dich tun?”
    “Ähm …” Ich räuspere mich. Vielleicht macht das den Worten ja Platz. “Ich frage mich …”
    “Ja?”
    “Ähm, ob es in Ordnung wäre, Sir …” Ich räuspere mich erneut. “Könnten Emma und ich bitte heute Nachmittag frei haben? Wir haben gestern ganz viel gearbeitet, haben die ganzen Flaschen ordentlich ins Regal geräumt, wie Sie es gesagt haben, wir sind sogar schon bei dem Buchstaben
M
angekommen, obwohl Sie meinten, bis
G
würde reichen, also, wir würden es wirklich zu schätzen wissen,

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