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Ich & Emma

Ich & Emma

Titel: Ich & Emma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Flock
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wenn Sie heute auf uns verzichten könnten …”
    “Ist schon gut”, sagt er, bevor ich den Satz beenden kann. Er nimmt den Bestellblock wieder hoch, als ob das Thema damit erledigt wäre, und ich fange gar nicht gerne wieder davon an. Vor allem ist es mir unangenehm, einen Erwachsenen zu bitten, ein Geheimnis für sich zu behalten, aber das muss ich tun.
    “Also …” Ähem.
    “Ja?” Über die halbe Brille, die auf seiner Nasenspitze sitzt, schaut er mich ganz ernst an.
    “Ich würde gerne wissen, ob Sie in der Lage wären, das für sich zu behalten.”
    Was habe ich da gerade gesagt? Natürlich ist er in der Lage! Himmelherrgott, er ist doch kein kleines Kind. Ich blöde Kuh.
    Ich sehe, dass er darüber nachdenkt, bestimmt bin ich knallrot, weil ich ihn so beleidigt hab, doch dann sagt er: “Ich schätze, das bekomme ich hin.” Uff.
    “Vielen, vielen Dank, Sir.” Ich bin schon beinahe aus der Tür, als er mich ruft.
    “Oh, Caroline …”
    Als ich mich umdrehe, lächelt er wie auf dem Highschoolfoto. “Ja, Sir?”
    “Bitte sei vorsichtig”, sagt er. “Die Schachtel ist das Unheimlichste auf der Welt.”
    Er weiß davon! Hat er uns gestern womöglich belauscht? Ich stolpere rückwärts aus der Tür, während ich angestrengt über diese Frage nachdenke und das alte, verrostete Auto, das Miss Mary sich immer für ihre Fahrten ausleiht, entdecke. Die Fenster sind fest verschlossen, um das bisschen kühle Luft aus der einen funktionierenden Lüftung im Innern zu halten. Ich beeile mich, damit ich und nicht Emma auf den Vordersitz sitzen kann und vergesse Mr. White und die Frage, wie er das mit der Schachtel herausgefunden hat.
    “Emma, ich bin älter, ich darf vorne sitzen!” Wir erwischen gleichzeitig den Türgriff und versuchen jeweils, die andere aus dem Weg zu schieben. Es ist eine Sache, hinten im Mamas Wagen zu sitzen – das mache ich, weil sie immer so auf Emma herumhackt. Aber das hier ist eine ganz andere Geschichte. Emma bekommt jede Menge Aufmerksamkeit von Miss Mary, deshalb habe ich nun das Recht auf den Vordersitz. Außerdem war ich diejenige, die Mr. White um den freien Tag bitten musste.
    “Emma!” Ich schiebe meine Schulter zwischen ihren Kopf und die Autotür, aber sie ist sehr stark, weil sie so viele Leute nach der Schüle verprügelt, sie will den Türgriff nicht kampflos aufgeben. Miss Mary ruft halb stehend, halb sitzend: “Schnell rein, bevor ich es mir noch anders überlege!”
    Daraufhin können wir gar nicht schnell genug ins Auto kommen. Wegen der kühlen Luft bekomme ich eine Gänsehaut, doch die legt sich schnell wieder.
    “Na? Bereit für die Schachtel?” Miss Mary fährt aus dem Parkplatz auf die Hauptstraße, die aus Toast herausführt.
    “Ist es lebendig oder tot?” fragt Emma.
    “Fang jetzt nicht an, mir alle möglichen Fragen zu stellen. Das ist doch keine Rateshow.” Ich kann die obere Hälft ihres Gesichtes in dem zerbrochenen Rückspiegel sehen, sie lächelt und hat ganz viele Fältchen um die Augen. Ich habe mal gehört, dass eine Falte auf der Stirn durch tausend Mal Stirnrunzeln entsteht. Wenn das auch für Lachfalten gilt, muss Miss Mary schon immer ein ziemlich glücklicher Mensch gewesen sein, denn um ihre Augen gibt es Millionen Falten.
    “Ach bitte”, sagt Emma. “Lebendig oder tot?”
    “Ich weiß es nicht.” Wir stehen vor dem blinkenden Warnlicht, das einen davor bewahren soll, von einem Fahrzeug erfasst zu werden, das in unglaublichem Tempo durch Toast rast, auf dem Weg zu einem schöneren Ort. Heute ist da allerdings keines, und Miss Mary fährt vorsichtig auf die Autobahn Richtung Lowgap.
    “Ich wette, es ist der Kopf, der jemandem abgeschlagen worden ist”, sagt Emma.
    “Ich wette, es ist eine Schweinezunge”, behaupte ich. “Daddy hat immer Zunge gegessen, wusstest du das?”
    “Ich wette, es ist Blut.” Emma beachtet meine Information über Daddy gar nicht. Ihr Pech.
    “Das ist doch nicht gruselig. Ich meine, wer hat denn nicht schon mal Blut gesehen? Wegen so was rennt doch keiner schreiend davon.”
    “Ich sag dir, es sind Popel.” Emma verschränkt die Arme vor der Brust und richtet sich auf, um die Straße besser im Blick zu haben. Warum, weiß ich nicht, schließlich gibt es dort überhaupt nichts zu sehen.
    “Und wenn Ike uns gar nicht erlaubt, die Schachtel anzuschauen?” Darüber mache ich mir die meisten Sorgen. “Was, wenn er sagt, wir wären noch zu jung?”
    “Er lässt euch schon rein”, sagt Miss

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