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Ich & Emma

Ich & Emma

Titel: Ich & Emma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Flock
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das Zeichen für Papier.
    “Schere!” ruft sie und fährt mit zwei gespreizten Fingern in meine Hand. “Wir gehen links, wo wir da noch nicht waren.”
    “Das heißt nicht wo, sondern weil”, korrigiere ich sie.
    “Häh?”
    “Weil wir da noch nicht waren.”
    “Hab ich doch gesagt.”
    “Du hast wo gesagt.”
    “Nein, hab ich nicht.”
    “Hast du wohl.”
    “Hab ich nicht.”
    “Em-ma!”
    “Car-rie!” quengelt sie zurück, stur wie ein Esel.
    “Ach, was soll’s.” Ich seufze. “Dann lass uns links gehen.”
    Es dauert nicht lang, und am Waldrand zeigt sich wieder eine Lichtung, die groß genug ist, dass ein Auto durchfahren könnte, aber sie gibt keinen Aufschluss darüber, ob es sich um Orla Maes Straße handelt. Uns fehlt einfach ein Anhaltspunkt.
    “Von hier aus kann man nichts sehen.” Emma stellt sich auf die Zehenspitzen. “Am besten gehen wir da rein und schauen mal.”
    Nur drei Schritte und sofort beginnt Gebell.
    “Hund!” hören wir eine weit entfernte Stimme. “Brownie! Fass!”
    Ich drehe mich schon um, aber Emma ruft: “Entschuldigung!”
    “Wer da?” Die Stimme kommt jetzt näher. “Brownie! Bei Fuß. Brownie!”
    “Wir sind es nur”, sagt Emma. Ich verdrehe die Augen. Als ob er wissen könnte, wer wir sind.
    Dann steht er da. Direkt vor uns. Trägt ein Gewehr, das beinahe genauso lang ist wie er groß. Er ist irgendwie alt, aber man kann nicht schätzen, wie alt. Er könnte eine Million Jahre alt sein. Sein Haar ist mit Haaröl nach hinten gekämmt, es ist ganz grau und glänzend, und er hat mehr Falten im Gesicht als es Grashalme auf der ganzen Welt gibt. Falls er einen Gürtel trägt, kann man ihn nicht sehen, weil sein Bauch so dick ist. Er sieht Furcht erregend aus, vor allem, weil er uns so finster anstarrt, seine Augenbrauen treffen sich beinahe über seiner Nase, die übrigens einen Großteil seines Gesichts einnimmt. Es ist die dickste Nase, die ich je gesehen habe, und sie hat ganz viele Beulen.
    “Brownie! Aus!” Und einfach so hält der Hund die Klappe. “Wer bist du? Was willste hier?” Er schaut noch immer böse, aber seine Augenbrauen wandern langsam dahin zurück, wo sie hingehören.
    “Ich bin Carrie, und das da drüben, hinter dem Baum, ist meine Schwester Emma. Wir sind einfach ein Stück den Weg reingelaufen.”
    Er schweigt und rührt sich nicht. Er schaut uns einfach nur abwartend an. “Zu wem gehörst du?”
    “Unsere Mama ist Libby Parker und unser Stiefvater ist Richard Parker.”
    “Die Parkers aus Rutherfordton? Wie hieß der Alte noch mal? Sam, glaube ich.”
    “Weiß nicht genau, Sir.”
    “Was soll das heißen? Kennst du deine Familie nicht?”
    “Das ist es nicht”, erkläre ich. “Wir wissen einfach nicht, wo mein Stiefvater herkommt. Mein Daddy hieß Culver. Aus Toast. Sein Daddy, mein Großvater, verkaufte dort Geräte für die Farmen. Wir hießen auch so, bis er starb und meine Mama wieder geheiratet hat, und dann mussten wir einen neuen Namen annehmen.”
    “Culver.” Er denkt über den Namen nach. “Culver. Aus der Nähe von Yadkin?”
    “Ja, Sir.”
    “Ich habe deinen Opa gekannt – er hat ganz gut Banjo gespielt, das kann man wohl sagen.”
    “Ich kann mich erinnern, dass Daddy davon erzählt hat. Er hat das Banjo behalten, als Opa gestorben ist.”
    “Na klar! Und sein Vorname war Jordan?”
    “Ja, Sir, das ist richtig.”
    “Und dieser Parker-Typ, da weißt du nichts über die Familie? Wo er herkommt?”
    “Nein, Sir.”
    “Verstehe.”
    “Nummer zweiundzwanzig. Da wohnen wir. Nummer zweiundzwanzig.”
    “Das alte Farleyhaus.” Er nickt, er scheint es zu kennen. “Was willste hier?”
    “Nun, ähm, wir schauen uns nur etwas um, Sir”, stottere ich.
    “Wir suchen die Bicketts”, ruft Emma hinter dem Baum hervor.
    “Sie wohnen weiter die Straße runter.” Ich sehe, dass er noch immer misstrauisch ist. Er betrachtet uns, als wären wir Gespenster.
    “Okay, dann gehen wir mal”, sage ich. Der Hund Brownie ist wieder da und schnüffelt an meiner Hand. Es ist eine Hündin. Ich schaue nicht zu ihr hinunter, weil ich den Blick nicht von dem alten Mann nehmen will, für den Fall, dass er seine Meinung ändert und doch das Gewehr auf uns richtet. Doch er sieht Brownie an, sein Gesicht wird weicher, die Falten glätten sich ein wenig, also schaue ich jetzt auch hinunter und stelle etwas Merkwürdiges fest.
    “Was ist mit ihrem Bein passiert?” frage ich. Brownies Vorderbeine sind ganz normal. Auch

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