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Ich finde dich

Ich finde dich

Titel: Ich finde dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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passiert war, konnte ich sie nicht hintergehen. Dumm? Ja. Naiv? Auf jeden Fall, mehr als das. Aber ich konnte es nicht.
    »Sprich mit mir, Jake.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Wer bekommt die Putenbrust?«
    Es war eine andere Kellnerin. Diese war weniger keck und wirkte etwas gehetzt. Ich hob die Hand.
    »Und die überbackenen Portobellos?«
    »Packen Sie es ein«, sagte Shanta. »Mir ist der Appetit vergangen.«

DREIZEHN
    A ls ich Natalie das erste Mal begegnete, trug sie drinnen eine Sonnenbrille – die Tatsache, dass es draußen schon dunkel war, machte es nicht besser.
    Ich hatte die Augen verdreht, weil ich es für reine Selbstdarstellung hielt. Ich dachte, sie sähe sich als bedeutende Künstlerin. Wir nahmen an einem Treffen der Künstler und Autoren aus den beiden Refugien teil, bei dem wir uns gegenseitig unsere Arbeit vorstellten. Ich war zum ersten Mal dort, erfuhr dann aber, dass diese Treffen wöchentlich stattfanden. Die Kunstwerke wurden im hinteren Teil von Darly Wanaticks Scheune ausgestellt. Vorne standen Stühle für die Autorenlesungen.
    Die Frau mit Sonnenbrille – ich kannte sie noch nicht – saß mit verschränkten Armen in der letzten Reihe. Neben ihr saß ein bärtiger Mann mit dunklen, lockigen Haaren. Ich fragte mich, ob die beiden ein Paar waren. Erinnern Sie sich noch an den Angeber namens Lars, der Lyrik aus der Perspektive von Hitlers Hund schrieb? Er fing an zu lesen. Er las lange. Ich wurde unruhig und fing an herumzuzappeln. Die Frau mit der Sonnenbrille blieb ganz ruhig.
    Als ich es nicht mehr aushielt, stand ich auf. Es war mir egal, ob das unhöflich war oder nicht. Ich ging nach hinten und fing an, mir die unterschiedlichen Kunstwerke anzusehen. Die meisten davon, na ja, ich will höflich bleiben, »raffte« ich einfach nicht. Eine Installation nannte sich Breakfast in America. Der Künstler hatte Cornflakes, Müsli und Ähnliches auf einen Küchentisch geschüttet. Fertig. Es gab Cap’n Crunch , Cap’n Crunch Peanut Butter (jemand murmelte doch tatsächlich: »Auffällig ist, dass es kein Cap’n Crunch Crunch Berries gibt – Warum diese Leerstelle? – Was will uns der Künstler damit sagen?«), Lucky Charms, Cocoa Puffs, Sugar Smacks und sogar meinen alten Favoriten Quisp. Ich betrachtete die auf dem Tisch verschütteten Getreideerzeugnisse. Sie sprachen nicht zu mir, allerdings fing mein Magen an zu knurren.
    Als jemand fragte: »Was halten Sie davon?«, hätte ich fast geantwortet, dass mir noch etwas Milch fehlte.
    Ich ging weiter und hielt nur bei den Kunstwerken eines einzigen Künstlers länger inne. Ich blieb vor dem Gemälde einer kleinen Hütte oben auf einem Hügel stehen. Sanfte Morgendämmerung traf die Seitenwand – das Rosaviolett des ersten Tageslichts. Ich hatte sofort einen Kloß im Hals, ohne genau sagen zu können, woher das kam. Vielleicht waren es die dunklen Fenster, die wirkten, als wäre die Hütte einmal warm und heimelig gewesen, jetzt aber leer und verlassen. Ich wusste es nicht. Jedenfalls stand ich gerührt und etwas verloren vor dem Bild. Nach einer Weile ging ich langsam weiter. Alle Gemälde dieses Künstlers trafen mich irgendwie. Bei manchen wurde ich melancholisch, bei manchen nostalgisch, schrullig, leidenschaftlich. Keins ließ mich ungerührt.
    Ich werde Ihnen die »große Enthüllung« ersparen, dass Natalie diese Bilder gemalt hatte.
    Eine Frau lächelte, als sie meine Reaktion bemerkte. »Gefallen sie Ihnen?«
    »Sehr«, sagte ich. »Sind die von Ihnen?«
    »Gott bewahre, nein. Ich bin die Besitzerin der Bäckerei und des Cafés in der Stadt.« Sie streckte mir die Hand entgegen. »Man nennt mich Cookie.«
    Ich schüttelte ihr die Hand. »Moment. Cookie hat eine Bäckerei?«
    »Ja, ich weiß. Ein wenig übertrieben, oder?«
    »Etwas vielleicht.«
    »Die Malerin ist Natalie Avery. Sie sitzt gleich da drüben.«
    Cookie zeigte auf die Frau mit der Sonnenbrille.
    »Oh«, sagte ich.
    »Oh was?«
    Mit der Sonnenbrille hatte ich sie für die Schöpferin von Breakfast in America gehalten. Lars beendete seine Lesung gerade. Die Menge spendete ihm einen verhaltenen Applaus, doch Lars, der einen Krawattenschal trug, verbeugte sich mehrmals, als handelte es sich um stehende Ovationen.
    Alle erhoben sich, mit Ausnahme von Natalie. Der Mann mit dem Bart und den lockigen Haaren flüsterte ihr beim Aufstehen kurz etwas zu, doch sie rührte sich nicht. Sie blieb mit verschränkten Armen sitzen, scheinbar immer noch

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