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Ich finde dich

Ich finde dich

Titel: Ich finde dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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ich ihn.
    Benedict zog eine Grimasse. »Ausnüchtern?«
    »Ha! Der war gut. Nein, nein. Wir sollten ein spannendes Kondom-Roulette-Turnier veranstalten. Mit K.-o.-Runden. Ich denke da an vierundsechzig Teams. Unsere ganz persönliche Frühlingssause.«
    »Wir sind hier nicht im Barsoletti’s, Jake. Hier gibt es keinen Kondomautomaten.«
    »Nicht?«
    »Nein.«
    »Schade.«
    »Ja«, sagte Benedict. Dann flüsterte er: »Ein paar rattenscharfe Bräute bei drei Uhr, denen mal jemand den Hintern versohlen sollte.«
    Ich wollte mich erst nach links drehen, dann nach rechts, und plötzlich erschien mir das ganze Konzept von »drei Uhr« völlig sinnlos zu sein. »Warte«, sagte ich. »Wo ist noch mal zwölf Uhr bei mir?«
    Benedict seufzte. »Geradeaus ist zwölf Uhr.«
    »Dann wäre drei Uhr also …«
    »Guck einfach nach rechts, Jake.«
    Sie merken vielleicht schon, dass ich Alkohol nicht besonders gut vertrage. Die meisten Menschen überrascht das. Wenn sie jemanden meiner Größe sehen, rechnen sie damit, dass ich eine kleinere Person locker unter den Tisch trinken kann. Das kann ich nicht. Ich vertrage Alkohol etwa so gut wie eine Erstsemesterstudentin bei ihrem ersten Verbindungsabend.
    »Und?«
    Ich wusste bereits, welcher Frauentyp mich erwartete, bevor ich die Chance hatte, die beiden in Augenschein zu nehmen. Rechts von mir saßen zwei Blondinen, die im gedämpften Licht der Bibliotheksbar ebenso wunderbar aussahen, wie sie bei Sonnenschein und Tageslicht ordinär bis furchteinflößend erscheinen würden. Benedict tänzelte zu ihnen hinüber und fing an, auf sie einzureden. Benedict konnte einen Aktenschrank belabern. Nach kurzer Zeit sahen die beiden Frauen an ihm vorbei zu mir herüber. Benedict winkte, dass ich zu ihnen kommen sollte.
    Wieso zum Teufel auch nicht?
    Du hast es versprochen.
    Verdammt richtig, das habe ich. Besten Dank für die Erinnerung. Dann kann ich das Versprechen ja auch halten und versuchen, eine von den beiden Süßen abzuschleppen, oder? Ich pendelte auf sie zu.
    »Meine Damen, der legendäre Professor Jacob Fisher.«
    »Wow«, sagte eine, »das ist aber wirklich ein großer Junge«, und weil Benedict auch den flachsten Scherzen nicht widerstehen konnte, blinzelte er kurz und sagte: »Sie können sich gar nicht vorstellen, wie recht Sie haben, Schätzchen.«
    Ich unterdrückte einen Seufzer, sagte Hallo und setzte mich. Benedict baggerte sie mit speziell auf diese Bar abgestimmten Aufreißersprüchen an: »Es ist eine Bibliothek, dann kann ich Sie ja auch ausleihen.« »Gibt es eine Strafe fürs Überziehen?« Die Blondinen fuhren drauf ab. Ich versuchte, mich zu beteiligen, doch oberflächliches Geplauder war noch nie meine Stärke gewesen. Immer wieder erschien Natalies Gesicht vor meinem inneren Auge. Ich blinzelte es weg. Wir bestellten neue Drinks. Dann noch ein paar.
    Nach einer Weile torkelten wir zu den Sofas in der früheren Kinderbuchabteilung. Mein Kopf fiel nach hinten, und vielleicht war ich auch eine Weile weggetreten. Als ich wieder aufwachte, fing eine der Blondinen an, mit mir zu reden. Ich stellte mich vor.
    »Ich heiße Windy«, sagte sie.
    »Wendy?«
    »Nein, Windy. Mit i .« Es hörte sich an, als hätte sie das schon tausendmal gesagt, was, wenn ich es recht bedachte, sehr wahrscheinlich tatsächlich zutraf.
    »Mögen Sie den Song?«, fragte ich.
    Sie wirkte überrascht. »Sie kennen den Song? So alt sehen Sie noch gar nicht aus.«
    »› Everybody knows it’s Windy‹ «, sang ich. Dann: »Mein Dad stand auf The Association .«
    »Wow, meiner auch. Daher auch der Name.«
    Überraschenderweise entwickelte sich ein richtiges Gespräch. Windy war einunddreißig Jahre alt, arbeitete am Bankschalter, besuchte aber außerdem das Community College im Ort, wo sie eine Ausbildung zur Kinderkrankenpflegerin machte, ihrem Traumjob. Sie kümmerte sich um ihren behinderten Bruder.
    »Alex hat Zerebrale Kinderlähmung«, sagte Windy und zeigte mir ein Foto von ihrem Bruder im Rollstuhl. Der Junge strahlte übers ganze Gesicht. Ich starrte das Bild an, als könnte seine Freundlichkeit irgendwie aus dem Bild herauskommen und mich erfüllen. Windy sah es, nickte und sagte leise: »Er ist mein Sonnenschein.«
    Eine Stunde verging. Vielleicht auch zwei. Ich unterhielt mich mit Windy. In solchen Nächten gibt es immer einen Zeitpunkt, an dem man weiß, ob man, ähem, zum Abschluss kommt (oder, um bei den Bibliotheks-Metaphern zu bleiben, ob man das Buch mit nach Hause nimmt) oder

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