Ich finde dich
entwickelt. Am Ende wurden sämtliche Anklagepunkte widerlegt.«
»Und Todd ist wieder ans College zurückgekehrt.«
»Genau.«
»Dann vermute ich mal, dass die abfälligen Bemerkungen etwas mit den Beschuldigungen gegen Todds Vater zu tun hatten?«
Eban hob mit leicht zitternder Hand das Glas zu einem spöttischen Toast. »Sie vermuten richtig, Sir. Weißt du, trotz der neuen Beweise sahen es viele genauso, wie du es mit deiner Äußerung angedeutet hast: Wo Rauch ist, da ist auch Feuer. So ein Verdacht könne schließlich niemals ohne Grund aufkommen. Also musste Mr Sanderson irgendetwas getan haben. Vielleicht nicht das, was man ihm vorgeworfen hatte, aber eben irgendetwas. Und diese Leute fühlten sich durch die Ereignisse nach dem Prozess noch bestärkt.«
»Welche Ereignisse nach dem Prozess?«
Er starrte wieder in sein Glas. Ich fürchtete schon, er würde nichts mehr sagen.
»Eban?«
»Geht gleich weiter.«
Ich wartete, ließ ihm Zeit.
»Todd Sanderson stammte aus einer kleinen Stadt im Süden. Sein Vater hatte dort sein ganzes Leben verbracht. Aber dann, na ja, du kannst es dir vorstellen. Er bekam keinen Job. Seine ehemaligen Freunde sprachen nicht mehr mit ihm. Offenbar glaubte ihm niemand wirklich, verstehst du? So etwas lässt sich nicht wieder aus der Welt schaffen, Jacob. Das lehren wir hier, stimmt’s? Es gab nur noch einen Menschen, der an ihn glaubte.«
»Todd«, sagte ich.
»Ja.«
»Gab es keine anderen Verwandten? Todds Mutter?«
»Lange vorher verstorben.«
»Und was ist dann geschehen?«
»Natürlich war sein Vater vollkommen am Boden, er bestand aber darauf, dass Todd wieder ans College zurückkehrte. Hast du Todds Akte gelesen?«
»Ja.«
»Dann weißt du es schon. Todd war ein herausragender Student, einer der besten, die je in Lanford waren. Er hatte eine glänzende Zukunft vor sich. Das hatte auch sein Vater erkannt. Aber Todd wollte nicht zurück ans College. Er hatte das Gefühl, seinen Vater in seiner schwersten Stunde im Stich zu lassen. Todd hatte sich strikt geweigert zurückzukehren, bis sich die Situation zu Hause verbessert hätte. Aber wie wir alle wissen, bessern sich solche Situationen nicht. Also tat Todds Vater das Einzige, was er tun konnte, um sein eigenes Leid zu beenden und seinem Sohn die Freiheit zu geben, seine Ausbildung fortzusetzen.«
Unsere Blicke trafen sich. Er hatte feuchte Augen.
»Oh nein«, sagte ich.
»Oh doch.«
»Wie …?«
»Sein Vater ist in die Schule eingebrochen, in der er gearbeitet hatte, und hat sich dort eine Kugel in den Kopf gejagt. So wollte er wohl vermeiden, dass sein Sohn die Leiche findet.«
ZWÖLF
D rei Wochen bevor Natalie mich verließ, also in der Phase, in der wir wahnsinnig verliebt gewesen waren, hatten wir uns einmal kurz aus unseren Refugien davongestohlen und Lanford einen Besuch abgestattet. »Ich will den Ort sehen, der dir so viel bedeutet«, hatte sie gesagt.
Ich erinnere mich noch an ihr strahlendes Gesicht, als wir beide über den Campus gingen. Wir hielten Händchen. Natalie trug einen großen Strohhut und eine Sonnenbrille, was gleichermaßen reizend wie seltsam war. Sie sah ein bisschen wie ein Filmstar aus, der sich verkleidet hatte, um nicht erkannt zu werden.
»Als du Student warst«, sagte sie, »wohin bist du da mit den heißen Studentinnen gegangen?«
»Direkt ins Bett.«
Sie schlug mir neckisch auf den Arm. »Das ist mein Ernst. Und ich hab Hunger.«
Also waren wir in Judie’s Restaurant in der Main Avenue gegangen. Bei Judie’s gab es wundervolle Windbeutel mit Apfelbutter. Natalie fand sie toll. Ich beobachtete, wie sie alles in sich aufnahm – die Kunstwerke, das Dekor, das junge Personal, die Speisekarte, alles. »Hierher hast du die Ladys also eingeladen?«
»Nur die mit Klasse«, sagte ich.
»Hey, und wo warst du mit denen, die keine Klasse hatten?«
»Im Barsoletti’s. Das ist die Spelunke nebenan.« Ich lächelte.
»Was ist?«
»Da haben wir oft Kondom-Roulette gespielt.«
»Wie bitte?«
»Nicht mit Frauen. Das war ein Witz. Da bin ich mit meinen Kumpels hingegangen. Und im Nebenraum war ein Kondom-Automat.«
»Ein Kondom-Automat?«
»Ja.«
»Wo man sich Kondome ziehen konnte?«
»Genau«, sagte ich.
Natalie nickte. »Nobel.«
»Yep!«
»Und wie geht Kondom-Roulette?«
»Das ist ziemlich albern.«
»Oh, so einfach kommst du da nicht wieder raus. Erzähl schon.«
Sie sagte es mit diesem Lächeln, das mich fast umwarf.
»Okay«, sagte ich. »Man spielt es zu
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