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Ich finde dich

Ich finde dich

Titel: Ich finde dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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der Schreibtisch eines Mannes, ähnlich wie sein Auto, häufig … na ja … eine Art Ersatz zu sein scheint. Tripp faltete die Hände auf der Schreibtischplatte, die so groß war, dass ein Hubschrauber darauf hätte landen können, und sagte: »Du siehst ja furchtbar aus, Jacob.«
    Du solltest mal den anderen sehen , verkniff ich mir, weil es in diesem Fall wirklich von schlechtem Geschmack gezeugt hätte. »Es war eine lange Nacht.«
    »Du siehst aus, als wärst du verletzt.«
    »Mir geht’s gut.«
    »Du solltest damit zum Arzt gehen.«
    »War ich schon.« Ich beugte mich etwas vor. Durch die Medikamente war alles noch leicht verschwommen, fast so, als hätte ich einen dünnen Verband vor den Augen. »Worum geht’s, Jack?«
    Er breitete kurz die Hände aus, dann legte er sie wieder auf den Schreibtisch. »Möchtest du mir etwas über den gestrigen Abend erzählen?«
    »Über welchen Zeitpunkt des gestrigen Abends?«, fragte ich.
    »Das liegt bei dir.«
    So sollte das also ablaufen. Auch gut. Also fing ich an. »Ich war mit einem Freund in einer Bar etwas trinken. Ich habe ein bisschen übertrieben. Als ich in meine Wohnung zurückkam, wurde ich von zwei Männern überfallen. Sie haben mich … gekidnappt.«
    Seine Augen weiteten sich. »Sie haben dich gekidnappt?«
    »Ja.«
    »Wer?«
    »Sie sagten, sie hießen Bob und Otto.«
    »Bob und Otto?«
    »Das haben sie gesagt.«
    »Und wo sind diese Männer jetzt?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Wurden sie festgenommen?«
    »Nein.«
    »Aber du hast die Angelegenheit der Polizei gemeldet?«
    »Das habe ich«, sagte ich. »Würdest du mir mitteilen, worum es hier geht?«
    Tripp hob die Hände, als hätte er plötzlich gemerkt, dass der Schreibtisch klebt. Er legte die unteren Ränder seiner Handflächen zusammen und klopfte die Fingerspitzen aneinander. »Kennst du einen Studenten namens Barry Watkins?«
    Mir stockte das Herz. »Geht’s ihm gut?«
    »Du kennst ihn?«
    »Ja. Einer der Männer, die mich entführt haben, hat ihn ins Gesicht geschlagen.«
    »Verstehe«, sagte er so, als verstünde er absolut nichts. »Wann?«
    »Als wir beim Transporter waren. Barry hat mich gesehen, meinen Namen gerufen und ist auf mich zugelaufen. Bevor ich mich auch nur umgedreht hatte, hat einer von den beiden ihn geschlagen. Geht’s Barry gut?«
    Die Fingerspitzen klopften noch immer. »Er liegt im Krankenhaus. Hat mehrere Brüche im Gesicht. Der Schlag hat ernsthafte Schäden angerichtet.«
    Ich lehnte mich zurück. »Verdammt.«
    »Seine Eltern sind ziemlich verstimmt. Sie sprechen von einer Klage.«
    Klage – das Wort, das das Herz eines jeden Bürokraten in Angst und Schrecken versetzt. Ich wartete darauf, dass irgendeine lahme Horrorfilm-Musik einsetzen würde.
    »Außerdem kann Barry Watkins sich nicht an die beiden anderen Männer erinnern. Er weiß nur noch, dass er deinen Namen gerufen hat und zu dir gerannt ist. Zwei andere Studenten haben dann gesehen, wie du in einem Transporter geflohen bist.«
    »Ich bin nicht geflohen. Ich war hinten im Laderaum.«
    »Verstehe«, sagte er wieder im gleichen Tonfall. »Als die anderen beiden Studenten ankamen, lag Barry blutend auf dem Boden. Du bist weggefahren.«
    »Ich bin nicht gefahren. Ich war hinten im Laderaum.«
    »Verstehe.«
    Wieder dieses »Verstehe«. Ich beugte mich näher an ihn heran. Der Schreibtisch war völlig leer, abgesehen von zwei zu ordentlichen Papierstapeln und – natürlich – dem unvermeidlichen Familienfoto mit blonder Frau, zwei entzückenden Kindern und einem Hund mit ähnlich schlaff herabhängenden Haaren wie Tripp. Sonst nichts. Großer Schreibtisch. Nichts drauf.
    »Ich wollte, dass sie den Campus so schnell wie möglich verlassen und sich so weit wie möglich entfernen«, sagte ich. »Besonders nachdem sie Barry geschlagen hatten. Also habe ich mich sofort bereiterklärt, mit ihnen zu kooperieren.«
    »Und mit ›ihnen‹ meinst du die beiden Männer, die dich … verschleppt haben?«
    »Ja.«
    »Wer waren diese Männer?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Und sie haben dich gekidnappt, um … Lösegeld zu erpressen?«
    »Das kann ich mir nicht vorstellen«, sagte ich, und mir wurde klar, wie verrückt die ganze Geschichte klang. »Einer war in meine Wohnung eingebrochen. Der andere wartete im Transporter. Sie haben darauf bestanden, dass ich mit ihnen gehe.«
    »Du bist ein groß gewachsener Mann. Kräftig gebaut. Muskulös.«
    Ich wartete.
    »Wie haben sie dich dazu gebracht, dass du mit ihnen gegangen

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