Ich finde dich
perfekten Song. Nichts zu machen. Ich begleitete jeden Mist, der lief, mit lautem Pfeifen. Es half nicht. Die vielen Baustellen auf der Route 95 gaben meiner angeschlagenen Psyche den Rest.
Den größten Teil der Fahrt führte ich imaginäre Gespräche mit Benedict. Ich probte gewissermaßen, wie ich an ihn herantreten sollte, was ich sagen würde, was er antworten könnte, was ich darauf erwidern würde.
Als ich in Benedicts Straße einbog, umklammerte ich das Lenkrad fester. Ich sah auf die Uhr. Sein Seminar lief noch eine Stunde, also würde er nicht zu Hause sein. Gut. Ich parkte an der Gästehütte und ging zu seinem Haus. Wieder überlegte ich, was ich tun sollte. Eigentlich brauchte ich weitere Informationen. Ich war noch nicht bereit, ihn einem Verhör zu unterziehen. Ich wusste nicht genug. Das einfache, Francis Bacon zugeschriebene Axiom, das wir unseren Studenten immer wieder predigten, kam hier voll zum Tragen: »Wissen ist Macht.«
Im falschen Felsen neben der Mülltonne hatte Benedict immer einen Ersatzschlüssel für sein Haus versteckt. Man könnte sich fragen, woher ich das wusste, also werde ich es Ihnen verraten: Wir sind beste Freunde. Wir haben keine Geheimnisse voreinander.
Eine andere Stimme in meinem Kopf fragte: War das alles nur eine große Lüge? Ist diese Freundschaft nie echt gewesen?
Ich dachte an das, was Cookie mir im dunklen Wald zugeflüstert hatte: »Wenn Sie nicht aufhören, bringen Sie uns noch alle um.«
Das war nicht als bildhafte Übertreibung gemeint, trotzdem machte ich weiter und hatte damit auf eine mir unerfindliche Art »all diese« Menschenleben in Gefahr gebracht. Wer waren »all diese«? Brachte ich sie sowieso in gewissem Sinne in Gefahr? Sollte Benedict mich im Auge behalten oder so etwas?
Aber wir wollen ja nicht vollkommen paranoid werden.
Gut, okay, eins nach dem anderen. Es gab immer noch die Möglichkeit, dass es eine vollkommen harmlose Erklärung für die Adresse im Navigationssystem gab. Ich bin nicht unbedingt der kreative Typ. Ich neige zu ziemlich naheliegenden, geradlinigen Sichtweisen. Aber vielleicht hatte sich jemand anders seinen Wagen ausgeliehen. Vielleicht hatte ihn sogar jemand geklaut. Vielleicht hatte eine seiner nächtlichen Eroberungen eine Bio-Farm aus der Nähe sehen wollen. Vielleicht machte ich mir gerade aber auch mal wieder etwas vor.
Ich steckte den Schlüssel ins Schloss. Wollte ich diese Grenze wirklich überschreiten? Wollte ich wirklich in die Wohnung meines besten Freundes eindringen, um herumzuschnüffeln?
Darauf können Sie Ihren Arsch verwetten.
Ich nahm die Hintertür. Meine Wohnung konnte man mit etwas Wohlwollen als funktional bezeichnen. Benedicts ähnelte dem Harem eines Dritte-Welt-Prinzen. Im Wohnzimmer standen Dutzende exklusive, bunte Sitzsäcke. Die Wände waren mit lebhaften Wandteppichen geschmückt. In allen vier Ecken standen große, afrikanische Skulpturen. Die Einrichtung war auf tausendfache Weise übertrieben, trotzdem hatte ich mich hier immer wohlgefühlt. Vor allem auf dem großen gelben Sitzsack. Darauf hatte ich mir schon diverse Football-Spiele angesehen. Und viele Stunden lang mit der Xbox gespielt.
Die Xbox-Controller lagen auf dem Sitzsack. Ich starrte darauf, obwohl ich nicht davon ausging, dass sie mir viele Informationen preisgeben würden. Ich fragte mich, wonach ich hier eigentlich suchte. Vermutlich nach einem Hinweis. Nach irgendetwas, das mir verriet, warum Benedict zum Kidnapper-Versteck-Farm-Refugium in Kraftboro, Vermont, gefahren war. Ich hatte keinen Schimmer, wie dieser Hinweis aussehen könnte.
Ich fing an, die Schubladen zu durchsuchen. Zuerst die in der Küche. Nichts. Dann ging ich ins Gästezimmer. Nichts. Ich versuchte es mit dem begehbaren Kleiderschrank und der Büroecke im Wohnzimmer. Wieder nichts. Ich versuchte es im Schlafzimmer. Nichts. Auch dort stand ein Schreibtisch mit Computer. Ich sah in die Schubladen. Nichts.
Absolut gar nichts.
Ich überlegte. Wer hatte nicht irgendetwas Persönliches im Haus? Andererseits: Was würde man bei mir finden? Nicht viel, aber mehr als bei Benedict. Ein paar alte Fotos, ein paar private Briefe und noch ein paar Kleinigkeiten aus meiner Vergangenheit.
Bei Benedict gab es nichts dergleichen. Na und?
Ich suchte weiter. Ich hoffte darauf, eine Verbindung zwischen Benedict und dem Creative-Recharge-Refugium in Vermont oder sonst irgendetwas zu finden. Ich setzte mich an seinen Schreibtisch. Benedict war viel kleiner als ich,
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