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Ich finde dich

Ich finde dich

Titel: Ich finde dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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Wildtieren und Naturphänomenen.
    Das letzte Fotoalbum hieß »Studium in Oxford«. Eigenartig. Dort hatte Marie-Anne Cantin Wirtschaftswissenschaft studiert. Waren Kevin und Marie-Anne schon so lange zusammen? Kannten sie sich schon vom College? Ich bezweifelte es. Das kam mir für »in einer Beziehung« sehr lange vor, aber hey, was wusste ich denn schon?
    Die Fotos in diesem Album waren erheblich älter – nach den Frisuren, der Kleidung und Kevins Gesicht zu urteilen, waren sie mindestens fünfzehn, wenn nicht zwanzig Jahre alt. Ich würde wetten, dass diese Fotos aus der Zeit vor der allgemeinen Verbreitung von Digitalkameras stammten. Wahrscheinlich hatte Kevin sie eingescannt. Ich warf einen flüchtigen Blick auf die kleinen Vorschaubilder, ging aber nicht davon aus, hier etwas Interessantes zu finden, bis ich bei einem Foto in der zweiten Reihe erstarrte.
    Mit zittriger Hand nahm ich die Maus, schob den Cursor auf das Bild und klickte. Das Foto wurde größer. Es war ein Gruppenbild. Acht Personen, alle in schwarzen Talaren, alle breit lächelnd. Ich erkannte Kevin Backus. Er stand ganz rechts neben einer Frau, die ich nicht kannte. Ihre Körpersprache deutete darauf hin, dass sie ein Paar waren. Tatsächlich sah das Foto auf den zweiten Blick aus, als wären darauf vier Paare bei der Abschlussfeier. Ganz sicher war ich mir natürlich nicht. Möglicherweise waren auch einfach nur jeweils Mann und Frau nebeneinander platziert worden, aber das glaubte ich nicht.
    Mein Blick fiel sofort auf die Frau links. Es war Marie-Anne Cantin. Ihr Lächeln war absolut umwerfend, ein echter Hammer. Damit konnte man einem Mann schon den Kopf verdrehen. Allein dafür, dass sie ihm ein solches Lächeln schenkte, würden viele Männer sich in sie verlieben. Ein Mann würde dieses Lächeln Tag für Tag sehen und derjenige sein wollen, der es in ihr Gesicht zauberte. Er würde es ganz für sich allein haben wollen.
    Mann, ich hab’s verstanden, Benedict. Ich hab’s wirklich verstanden.
    Marie-Anne sah einen Mann liebevoll an, den ich nicht erkannte.
    Zumindest nicht auf den ersten Blick.
    Auch er war Afrikaner oder Afroamerikaner. Sein Kopf war kahlrasiert. Er trug keinen Bart. Er trug keine Brille. Deshalb erkannte ich ihn anfangs nicht. Deshalb war ich mir selbst, als ich ganz genau hinsah, nicht ganz sicher. Andererseits war es die einzige logische Erklärung.
    Benedict.
    Es gab nur zwei Probleme. Erstens hatte Benedict seinen Abschluss nicht in Oxford gemacht. Zweitens lautete der Name, der unter dem Foto stand, nicht Benedict Edwards. Er lautete Jamal W. Langston.
    Hä?
    Vielleicht war es nicht Benedict. Vielleicht sah Jamal W. Langston einfach aus wie Benedict.
    Ich runzelte die Stirn. Ja, klar, wieso auch nicht? Und vielleicht verehrte Benedict nur ganz zufällig eine Frau, die vor langer Zeit mit einem Mann zusammen gewesen war, der genauso aussah wie er!
    Dämliche Theorie.
    Welche Möglichkeiten gab es sonst? Nur eine: Benedict Edwards war eigentlich Jamal W. Langston.
    Ich verstand es nicht. Oder vielleicht doch. Die Teile ergaben zwar noch kein Bild, aber vielleicht lagen sie endlich alle auf dem Tisch. Ich googelte Jamal W. Langston. Der erste Treffer war ein Link zu einer Zeitung namens The Statesman . Wenn man dem Link Glauben schenkte, war es »Ghanas älteste Tageszeitung – Gegründet 1949«.
    Ich klickte auf den Artikel. Als ich ihn sah – als ich die Schlagzeile las –, hätte ich fast laut aufgeschrien, aber ich begann auch, erste Einzelheiten auf einigen der Puzzleteile auf dem Tisch zu erkennen.
    Es war Jamal W. Langstons Todesanzeige.
    Wie konnte das sein …? Ich fing an zu lesen, meine Augen weiteten sich, als ein paar Teile sich zusammenfügten.
    Als hinter mir eine erschöpfte Stimme ertönte, lief mir ein kalter Schauer über den Rücken. »Mann, es wäre mir echt lieber gewesen, wenn du das nicht gesehen hättest.«
    Ich drehte mich langsam zu Benedict um. Er hielt eine Pistole in der Hand.

SIEBENUNDZWANZIG
    H ätte ich all die surrealen Augenblicke, die ich in den letzten Tagen erlebt hatte, in eine Rangfolge bringen müssen, wäre der Anblick meines besten Freundes, der eine Pistole auf mich richtete, mit knappem Vorsprung auf dem ersten Platz gelandet. Ich schüttelte den Kopf. Wieso hatte ich nichts gemerkt oder gespürt? Seine Brille und ihre Fassung waren mehr als lächerlich. Die Frisur hatte mich fast dazu gebracht, seine geistige Gesundheit oder die Parameter seines persönlichen

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