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Ich finde dich

Ich finde dich

Titel: Ich finde dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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auf und trat dem Jungen in die Rippen. Der Junge krümmte sich vor Schmerzen.
    Okay, das reichte.
    Getrieben von einer ziemlich berauschenden und alles anderen als ungefährlichen Mischung aus Angst und Instinkt öffnete ich die Autotür. Die Angst konnte ich unter Kontrolle bringen. Das hatte ich in meiner Zeit als Türsteher gelernt. Jeder, der auch nur ein Jota Menschlichkeit in sich trägt, verspürt Angst bei körperlichen Auseinandersetzungen. Das liegt in unserer Natur. Die Kunst liegt darin, sie im Zaum zu halten, sich nicht von ihr schwächen oder gar lähmen zu lassen. Erfahrung ist dabei hilfreich.
    »Stopp«, rief ich, und dann – hier kam der Instinkt ins Spiel – ergänzte ich: »Polizei!«
    Der Kopf von Glitzeranzug sauste zu mir herum.
    Ich griff in meine Tasche und zog mein Portemonnaie heraus. Ich klappte es auf. Nein, ich habe keine Polizeimarke, aber er war viel zu weit entfernt, um das erkennen zu können. Mein Auftreten musste reichen, um ihn zu überzeugen. Ich versuchte ruhig und entschlossen zu wirken.
    Der Junge taumelte rückwärts zur Tür. Er blieb kurz stehen, um seine Brooklyn-Nets-Baseballkappe aufzuheben, setzte sie mit dem Schirm nach hinten auf und verschwand im Gebäude. Er interessierte mich nicht. Ich klappte das Portemonnaie zu und näherte mich Glitzeranzug. Auch er hatte offenbar Erfahrung mit solchen Situationen. Er floh nicht. Er sah nicht schuldbewusst aus. Er versuchte nicht, irgendeine Erklärung abzugeben. Er wartete einfach, bis ich bei ihm war.
    »Ich habe eine Frage«, sagte ich. »Wenn Sie sie beantworten, vergessen wir die ganze Sache.«
    »Welche Sache?«, erwiderte Glitzeranzug. Er lächelte. Seine winzigen Zähne sahen aus wie Tic-Tacs. »Ich sehe hier nichts, was man vergessen könnte. Sie etwa?«
    Ich hielt mein iPhone in der Hand, auf dem sich das beste Foto befand, das ich von Bob gemacht hatte. »Wer ist dieser Mann?«
    Glitzeranzug sah es kurz an. Dann lächelte er wieder. »Darf ich die Marke noch mal sehen?«
    Uh-oh. So viel zur Überzeugungskraft meines selbstsicheren Auftretens.
    »Sagen Sie mir einfach …«
    »Sie sind kein Cop.« Glitzeranzug fand das komisch. »Soll ich Ihnen sagen, woher ich das weiß?«
    Ich antwortete nicht. Die Hintertür des Gartencenters öffnete sich einen Spaltbreit. Der Junge spähte heraus. Er sah mich an und bedankte sich mit einem kurzen Nicken.
    »Wenn Sie ein Cop wären, würden Sie den Mann kennen.«
    »Jetzt sagen Sie mir einfach seinen Namen und …«
    Glitzeranzug steckte die Hand in die Hosentasche. Vielleicht würde er eine Pistole ziehen. Vielleicht ein Messer. Oder ein Taschentuch. Ich wusste es nicht. Ich fragte auch nicht. Vermutlich, weil es mich nicht interessierte.
    Es reichte mir.
    Ohne ein Wort zu sagen oder sonst irgendeine Vorwarnung schlug ich ihm die Faust auf die Nase. Ich hörte das Knirschen, das klang, als wäre ich auf einen großen Käfer getreten. Blut floss sein Gesicht herab. Selbst durch den schmalen Türspalt konnte ich sehen, dass der Junge im Gartencenter lächelte.
    »Was zum …«
    Ich schlug noch einmal zu, zielte wieder auf die eindeutig gebrochene Nase. »Wer ist das?«, fragte ich. »Wie heißt er?«
    Glitzeranzug nahm seine Nase in beide Hände, als wäre sie ein verletztes Küken, das er retten wollte. Ich trat ihm das Bein weg. Er ging fast an der gleichen Stelle zu Boden wie der Junge nicht einmal eine Minute zuvor. Der Türspalt im Hintergrund wurde geschlossen. Der Junge wollte wohl nichts damit zu tun haben. Ich nahm es ihm nicht übel. Das Blut verschmierte den Glitzeranzug. Wahrscheinlich konnte man es einfach abwischen, wie von einem PVC -Tisch. Ich hob die Faust und beugte mich zu ihm hinunter.
    »Wer ist das?«
    »Oh Mann«, näselte Glitzeranzug mit einem Anflug von Ehrfurcht in der Stimme. »Sie sind ja so was von tot.«
    Damit hätte er mich fast aus dem Konzept gebracht. »Wer ist das?«
    Ich holte noch etwas weiter aus. Er hob die Hand in dem jämmerlichen Versuch, sich zu verteidigen. So hätte er den Schlag nicht einmal abbremsen können.
    »Okay, okay«, sagte er. »Danny Zuker. Das ist der Mann, mit dem Sie sich angelegt haben, Kumpel. Mit Danny Zuker.«
    Anders als Otto hatte Bob nicht seinen echten Namen benutzt.
    »Sie sind ein toter Mann, Bro.«
    »Ich hatte Sie schon beim ersten Mal verstanden«, fauchte ich, aber selbst ich hörte die Angst in meiner Stimme.
    »Danny ist auch nicht der Typ, der auf Versöhnung steht. Oh Mann, Sie sind so was von tot.

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