Ich folge deinem Schatten
wie viel Zeit Zan in die Entwürfe für diese Wohnungen gesteckt hatte. »Und, gibt er dir noch eine Chance?«
Zan zuckte mit den Schultern. »Mal sehen. Ich konnte meine Entwürfe bei ihm lassen, ich gehe also davon aus, dass ich noch im Rennen bin.«
Sie ließen den Nachtisch ausfallen und begnügten sich mit einem Cappuccino. Schließlich erhob sich Willy vom Tisch – er wusste, Zan würde bald aufbrechen wollen –, ging ins Schlafzimmer, griff zum Telefon und bestellte einen Wagen, der sie beide zur Battery Park City und ihn wieder zurückbringen sollte. Ich lasse es auf keinen Fall zu, dass sie allein in die Pressemeute gerät, falls die vor ihrem Gebäude herumlungert, beschloss er. Ich werde sie auf jeden Fall bis vor die Wohnungstür begleiten.
»In einer Viertelstunde, Mr. Meehan«, versicherte ihm der Rezeptionist.
Willy war soeben wieder an den Tisch zurückgekehrt, als das Telefon klingelte. Es war Pater Aiden. »Ich bin gleich bei Ihnen um die Ecke«, verkündete er. »Wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich gern meinen Schal abholen.«
»Oh, wunderbar«, antwortete Alvirah. »Hier ist eine Freundin, und ich hoffe sehr, dass Sie sie noch kennenlernen.«
Zan trank ihren Kaffee aus. Als Alvirah den Hörer auflegte, sagte sie: »Alvirah, es wäre mir wirklich lieber, wenn ich heute niemanden mehr treffen müsste. Ich würde gern gehen, bevor er eintrifft.«
»Zan, das ist nicht irgendwer. Ich habe nichts gesagt, aber inständig gehofft, dass du noch da sein würdest, wenn Pater Aiden kommt. Er ist ein alter Freund und hat gestern Abend seinen Schal vergessen, den er abholen will. Ich will dich wirklich zu nichts zwingen, aber es würde mich sehr freuen, wenn ihr euch kennenlernen würdet. Er ist ein wunderbarer Priester in der Kirche des heiligen Franziskus, und ich glaube, er kann dir etwas Trost spenden.«
»Alvirah, mir ist momentan wirklich nicht danach zumute«, sagte Zan. »Wenn es also möglich wäre, würde ich gleich gehen.«
»Zan, ich habe einen Wagen bestellt. Ich werde dich begleiten«, sagte Willy.
Erneut klingelte das Telefon. Der Rezeptionist kündigte Pater O’Brien an. Alvirah eilte zur Tür, kurz darauf öffneten sich die Fahrstuhltüren.
Ein lächelnder Pater O’Brien wurde von Alvirah umarmt, er gab Willy die Hand und drehte sich um, um der jungen Frau vorgestellt zu werden, die zu Gast war.
Das Lächeln wich aus seinem Gesicht. Heilige Mutter Gottes, dachte er, das ist die Frau, die an einem Verbrechen beteiligt ist.
Sie ist diejenige, die behauptet hat, einen Mord nicht verhindern zu können.
32
Während der kurzen Fahrt vom Hunter College zum Stadthaus der Aldrichs an der East Sixty-ninth Street gestanden sich Detective Billy Collins und Jennifer Dean gegenseitig ein, zwei Jahre zuvor nicht den geringsten Gedanken daran verschwendet zu haben, Zan Moreland könnte ihr eigenes Kind entführt haben.
Sie gingen noch einmal den Tag durch, an dem Matthew Carpenter verschwand. »Wir sind damals nur davon ausgegangen, dass jemand die Gelegenheit beim Schopf gepackt hat«, sagte Billy nachdenklich. »Der Park war voll, die Babysitterin hat auf der Wiese, der kleine Junge in seinem Buggy geschlafen. Wie geschaffen für einen Perversen, der nach einem Kind Ausschau hält.«
»Und Tiffany hat sich absolut hysterisch aufgeführt«, sagte Jennifer. »›Wie kann ich Zan jetzt noch unter die Augen treten?‹, hat sie geheult. ›Wie kann ich ihr noch unter die Augen treten?‹ Aber warum sind wir dem nie näher nachgegangen? Auch der Gedanke, Tiffany könnte unter Drogen gesetzt worden sein, ist mir nie gekommen.«
»Der Gedanke hätte uns kommen sollen. Es war heiß, aber kein Teenager der Welt wäre über Mittag so weggetreten wie sie, selbst wenn eine Erkältung im Anflug war«, sagte Billy. »Ah, hier sind wir ja.« Er hielt vor einem hübschen Anwesen, parkte in zweiter Reihe und steckte seinen Ausweis an die Windschutzscheibe. »Gehen wir noch mal unsere ersten Eindrücke durch«, schlug er vor.
»Alexandra Moreland hatte einiges durchgemacht, wer hätte bei ihrer Geschichte nicht Mitleid mit ihr gehabt?«, sagte Jennifer Dean. »Auf dem Weg zum lange verschobenen Wiedersehen sterben die Eltern bei einem Autounfall, dann ihre Hochzeit, bei der sie emotional mehr oder minder ein Wrack war. Als alleinerziehende Mutter versucht sie daraufhin in ihrer Branche Fuß zu fassen, und dann wird ihr kleiner Sohn entführt.« Mit jedem Wort schlich sich mehr Abscheu in ihre
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