Ich folge deinem Schatten
ersten Treffen war Billy klar gewesen, dass Nina Aldrich genau in diese Kategorie fiel. Und, ging ihm durch den Kopf, sie versucht uns auch gleich auf unseren Platz zu verweisen. Okay, Lady, dann unterhalten wir uns mal. »Guten Tag, Mrs. Aldrich«, begann er das Gespräch. »Es ist sehr zuvorkommend von Ihnen, uns so kurzfristig zu empfangen, offensichtlich sind Sie ja sehr beschäftigt.«
Sie schürzte die Lippen; sie schien seine Anspielung verstanden zu haben. Ohne dazu aufgefordert worden zu sein, nahmen er und Jennifer Dean wieder Platz. Nach kurzem Zögern setzte sich Nina Aldrich an ihren schmalen Sekretär ihnen gegenüber.
»Ich habe im Internet und in den Zeitungen davon gelesen«, begann sie mit kalter, geringschätziger Stimme. »Unfassbar, dass diese junge Frau so schamlos sein konnte, ihr eigenes Kind zu entführen. Wenn ich nur an den mitfühlenden Brief denke, den ich ihr geschrieben habe, wie viel Anteilnahme ich ihr entgegengebracht habe, dann bin ich außer mir vor Empörung.«
»Mrs. Aldrich«, unterbrach Jennifer Dean sie, »als wir nach Matthew Carpenters Verschwinden mit Ihnen gesprochen haben, haben Sie bestätigt, mit Alexandra Moreland verabredet gewesen zu sein und sich in ihrer Gegenwart aufgehalten zu haben, als unser Anruf eintraf.«
»Ja, das war gegen drei Uhr.«
»Wie hat sie auf den Anruf reagiert?«
»Im Nachhinein betrachtet und aufgrund der jetzt aufgetauchten Fotos kann ich nur sagen, dass sie eine ganz hervorragende Schauspielerin ist. Wie ich Ihnen damals schon sagte, wurde Ms. Moreland nach Ihrem Anruf kreidebleich und sprang auf. Ich wollte ein Taxi rufen, aber sie ist einfach aus dem Haus gestürmt und zu Fuß zum Park gerannt. Sie hat sogar ihre Musterbücher und Skizzen hier liegen lassen.«
»Verstehe. Die Babysitterin ist mit Matthew zwischen 12.30 Uhr und 12.40 Uhr in den Park gegangen. Meinen Aufzeichnungen zufolge waren Sie um ein Uhr mit Ms. Moreland verabredet«, fuhr Jennifer fort.
»Richtig. Sie rief mich auf ihrem Handy an und teilte mir mit, dass sie wegen des Babysitter-Problems einige Minuten später kommen würde.«
»Sie waren hier?«
»Nein. Ich hielt mich in meiner alten Wohnung am Beekman Place auf.«
Billy Collins war sehr bemüht, sich sein Erstaunen nicht anmerken zu lassen. »Mrs. Aldrich, das haben Sie uns, soweit ich mich erinnere, bei unserer damaligen Befragung nicht erzählt. Sie sagten, Sie seien mit Ms. Moreland hier gewesen.«
»Das hat sich dann so ergeben. Ich sagte ihr, ich hätte nichts dagegen, wenn sie etwas später käme. Als sie dann nach einer Stunde immer noch nicht aufgetaucht war, rief ich sie zurück. In der Zwischenzeit war sie bereits hier eingetroffen.«
»Mrs. Aldrich, Sie sagen mir also, dass Sie Alexandra Moreland bis zwei Uhr, als Sie mit ihr telefonierten, nicht zu Gesicht bekommen haben?«
»Genau das sage ich. Lassen Sie mich es erklären. Zan Moreland hatte einen Schlüssel zu diesem Haus. Sie kam hierher und bereitete sich darauf vor, mir ihre Entwürfe für die Neugestaltung zu unterbreiten. Sie hatte angenommen, wir würden uns hier treffen. Es vergingen also gut und gern eineinhalb Stunden, bis wir uns trafen. Sie entschuldigte sich natürlich für die Verwirrung und bot an, zum Beekman Place zu kommen, aber ich war mit Freunden um fünf im Carlyle auf einen Cocktail verabredet, also sagte ich ihr, ich würde hierherkommen. Offen gesagt, ich war doch etwas verärgert über sie.«
»Mrs. Aldrich, halten Sie Ihre Termine irgendwo schriftlich fest?«, fragte Dean.
»Natürlich. Ich führe einen Terminplaner.«
»Sie haben nicht zufällig noch den Terminplaner von vor zwei Jahren?«
»Doch. Der muss oben sein.« Mit einem ungeduldigen Seufzen stand Nina Aldrich auf, ging zur Tür und rief die Haushälterin. Sie sah auf ihre Uhr – eine Geste, die nur für die Besucher bestimmt war, dachte Billy Collins – und wies Maria Garcia an, den Terminplaner des vorletzten Jahres aus der oberen Schublade ihres Schreibtisches zu holen.
Während sie mit den Detectives wartete, sagte sie: »Ich hoffe doch sehr, dass wir, von diesem Gespräch abgesehen, nicht weiter in diese Sache verwickelt werden. Mein Mann hasst jede Form von Sensationshascherei. Er war überhaupt nicht glücklich, dass die Zeitungen so auf Morelands Aussage herumreiten, sie habe sich an jenem Tag mit mir getroffen.«
Billy hielt es für wenig ratsam, ihr auf die Nase zu binden, dass sie bei einem möglichen Verfahren natürlich die
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