Ich folge deinem Schatten
er sich darauf gefreut hatte, fiel es ihm schwer, sich wirklich zu amüsieren.
Wie soll ich eine Frau vertreten, die rein gar nichts zu ihrer Verteidigung beizutragen hat?, fragte er sich. Und wie lange wird es noch dauern, bis die Polizei sie in Handschellen abführt?
Das unheilvolle Gefühl beschlich ihn, dass sie dann vollends zusammenbrechen würde.
Zan war in eine Decke gehüllt, hatte ein Kissen hinter den Kopf geschoben und trank heißen Tee mit Honig und Nelken. Ihr war, als wäre sie aus einer dunklen Gasse getreten – zumindest waren das die Worte, mit denen sie Alvirah und Willy ihren Zusammenbruch zu beschreiben versuchte. »Als ich diese Fotos gesehen habe, dachte ich, ich träume. Ich meine, ich kann doch beweisen, dass ich bei Nina Aldrich war, als Matthew entführt wurde. Warum sollte sich jemand die Mühe machen, sich so herzurichten, dass er genau wie ich aussieht? Ich meine, ist das nicht verrückt?«
Ohne auf eine Antwort zu warten, fuhr sie fort: »Weißt du, was mir durch den Kopf geht … dieses Lied aus dem Musical A Little Night Music … ›Send in the Clowns‹. Ich liebe dieses Lied, und es passt so zur Situation. Das alles ist eine Farce, eine Zirkusnummer. Es kann nicht anders sein. Aber ich weiß, alles wird gut werden, wenn ich nur mit Nina Aldrich gesprochen habe. Ich wollte sie heute besuchen, bevor ich ohnmächtig wurde.«
»Zan, kein Wunder, dass du bei alldem zusammengeklappt bist. Du erinnerst dich vielleicht noch, dass Josh mit Charley Shore telefoniert hat. Charley hat sofort alles stehen und liegen lassen, um zu dir zu eilen. So ein Anwalt und Freund ist das. losh hat mir vom Abend mit Ted im Four Seasons erzählt. Wahrscheinlich hast du vom Abendessen keinen Bissen angerührt, und was hast du heute den ganzen Tag zu dir genommen?«
»Nicht viel. Morgens nur Kaffee und nichts zu Mittag. Dann bin ich ohnmächtig geworden.« Zan trank ihren Tee aus. »Alvirah, Willy, ihr glaubt beide, dass ich Matthew entführt habe. Ich habe es dir heute Mittag angehört, Alvirah. Und als Josh mir erzählt hat, ich bräuchte einen Anwalt, war offensichtlich, dass er mir auch nicht glaubt.«
Willy sah zu Alvirah. Natürlich hält sie die Fotos für echt, dachte er. Genau wie ich. Was wird Alvirah bloß darauf antworten?
»Zan«, erwiderte Alvirah in aller Herzlichkeit, aber ausweichend, »wenn du sagst, du bist nicht die Frau auf diesen Bildern, dann wird sich Charley als Erstes eine Kopie der Negative besorgen, oder was immer diese neuen Digitalkameras an ihrer Stelle haben, und einen Spezialisten dransetzen, der beweisen kann, dass es sich um eine Fälschung handelt. Und dann sollte die Frau, mit der du die Gestaltung ihres Hauses besprochen hast, bestätigen können, dass du dich zum fraglichen Zeitpunkt nicht im Park aufgehalten hast. Nina Aldrich war ihr Name, oder?«
»Ja.«
»Charley wird dafür sorgen, dass jede Sekunde, die du mit Nina Aldrich verbracht hast, nachgewiesen wird.«
»Warum haben dann weder Josh noch Charley reagiert, als ich ihnen erzählt habe, das Treffen mit Aldrich würde mich entlasten?«, fragte Zan.
Alvirah stand auf. »Zan, soweit ich weiß, hast du dich vor deinem Ohnmachtsanfall doch kaum mit Josh unterhalten. Glaub mir, wir werden jeden Stein umdrehen, bis wir die Wahrheit kennen und Matthew gefunden haben«, sagte sie. »Als Erstes aber solltest du nicht vergessen, dass du von allen Seiten unter Beschuss genommen wirst. Das wirst du nicht durchstehen, wenn du nicht bei Kräften bist. Auch körperlich. Du musst etwas essen. Als du gesagt hast, du würdest kommen, habe ich kurz überlegt und mich erinnert, dass du Chili magst. Also, was hältst du von Chili mit Salat und warmem Weißbrot?«
Zan versuchte zu lächeln. »Klingt gut.«
Und es war wirklich gut, ging ihr durch Kopf, als sie sich nach dem warmen Essen und einem Glas Rotwein allmählich wieder halbwegs im Lot fühlte.
Sie hatte Alvirah und Willy vom möglichen Auftrag erzählt, für den Architekten Kevin Wilson die Musterwohnungen im ultraschicken 701 Carlton Place zu gestalten. »Die Entscheidung fällt zwischen mir und Bartley Longe«, erklärte sie. »Mir war klar, dass Wilson aufgrund der Zeitungsartikel glauben muss, ich hätte die Entführung vorgetäuscht. Deswegen bin ich sofort zu ihm und habe ihn gebeten, noch abzuwarten, damit ich beweisen kann, dass ich Matthew an diesem Tag gar nicht entführen konnte.«
Alvirah war bewusst, dass sie keine rechte Vorstellung davon hatte,
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