Ich folge deinem Schatten
ihm zu sagen hatte.«
»Billy, du bist der Katholik von uns beiden«, warf Jennifer Dean ein. »Aber selbst ich weiß, dass kein Priester uns erzählen wird, was er im Beichtgespräch erfahren hat.«
»Nein, das wird er nicht. Aber wenn wir Zan Moreland erneut befragen und sie entsprechend bearbeiten, wird sie vielleicht einknicken und uns ihre kleinen schmutzigen Geheimnisse verraten.«
54
Matthew hatte Glory nie weinen sehen, kein einziges Mal. Sie hatte richtig, richtig wütend geklungen, als sie telefonierte, aber nachdem sie den Hörer aufgeknallt hatte, hatte sie angefangen zu weinen. Einfach so. Dann hatte sie ihn angesehen und gesagt: »Matty, wir können mit diesem Versteckspiel nicht mehr weitermachen.«
Er nahm an, das hieß, dass sie wieder umzogen, aber er wusste nicht, ob er sich deswegen freuen oder traurig sein sollte. Sein Zimmer hier war so groß, dass er alle seine Laster in einer langen Reihe auf dem Boden aufstellen konnte, so wie die richtigen Laster in der Nacht auf der Straße, wenn er und Glory zu einem neuen Haus fuhren.
Außerdem hatte er ein Stockbett und einen Tisch und Stühle, die bei ihrem Einzug schon dagewesen waren. Glory hatte ihm gesagt, es mussten hier wohl andere Kinder gewohnt haben, denn der Tisch und die Stühle waren genau richtig für seine Größe, wenn er sich hinsetzte und Bilder malte.
Matthew malte gern. Manchmal musste er an Mommy denken, dann malte er das Gesicht einer Frau auf das Blatt. Er bekam es nie richtig hin, aber immer musste er an ihre langen Haare denken und wie sie ihn im Gesicht gekitzelt hatten, also malte er der Frau auf seinen Bildern immer lange Haare.
Manchmal holte er das Seifenstück, das so roch wie Mommy, unter seinem Kopfkissen hervor und legte es neben sich auf den Tisch, bevor er seinen Buntstiftkasten öffnete.
Vielleicht würde das nächste Haus, in das sie zogen, nicht so hübsch sein wie dieses. Hier störte es ihn nicht, in den großen Schrank gesperrt zu werden, wenn Glory ihn allein ließ. Sie ließ immer das Licht an, und der Schrank war so groß, dass er alle Laster mitnehmen konnte, und wenn sie zurückkam, brachte sie ihm immer neue Bücher mit, die sie ihm vorlesen konnte.
Jetzt war Glory wieder wütend. Sie sagte: »Ich trau es der alten Schachtel zu, dass sie sich was einfallen lässt, damit sie noch vor Sonntag hier aufkreuzen kann. Ich darf nicht vergessen, die Eingangstür zu verriegeln.«
Matthew wusste nicht, was er sagen sollte. Glory wischte sich mit dem Handrücken übers Gesicht. »Gut, wir werden die Sache also etwas vorantreiben müssen. Ich rufe ihn heute Abend an.« Sie ging ans Fenster. Sie hatte die Jalousien immer ganz geschlossen, und wenn sie hinaussah, musste sie sie zur Seite schieben.
Sie gab einen seltsamen Laut von sich, als bekäme sie nicht genügend Luft, dann sagte sie: »Die alte Kuh mit ihren verdammten Muffins fährt schon wieder vorbei. Was hat die hier bloß verloren?« Dann, nach einer Pause: »Du hast sie aufgescheucht, Matty. Geh nach oben und bleib in deinem Zimmer, und ich will keinen von deinen Lastern jemals wieder hier unten sehen.«
Matthew ging in sein Zimmer, setzte sich an den Tisch, griff nach den Buntstiften und weinte.
55
Bartley Longe saß bei geschlossener Tür in seinem Park-Avenue-Büro und empörte sich über die Unverschämtheit des Polizisten, der ihm mehr oder weniger unverhohlen befohlen hatte, alle Termine bis zu ihrem Treffen abzusagen.
Allerdings musste er sich eingestehen, dass er auch Angst hatte. Brittanys Vater hatte seine Drohung tatsächlich wahrgemacht und war zur Polizei gegangen. Bartley konnte es sich nicht leisten, dass wieder in seiner Vergangenheit herumgewühlt wurde. Die Anklage wegen sexueller Belästigung, die seine Rezeptionistin acht Jahre zuvor gegen ihn angestrengt hatte, war in den Medien alles andere als gut angekommen.
Der Vergleich, den er schließen musste, hatte ihn eine Menge Geld gekostet und ihm finanziell und beruflich wehgetan. Die Rezeptionistin hatte ihn beschuldigt, er sei, nachdem sie seine Avancen abgelehnt hatte, außer sich geraten und habe sie gegen die Wand gestoßen, sodass sie um ihr Leben gefürchtet habe. »Er war knallrot vor Wut«, hatte sie der Polizei gesagt. »Er kann es einfach nicht ertragen, wenn man ihn zurückweist. Ich dachte, er bringt mich um.«
Wie wird das jetzt dieser Polizist auffassen, falls er einige Recherchen über mich angestellt hat?, fragte sich Longe. Soll ich es sofort selbst zur
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