Ich folge deinem Schatten
Sprache bringen und damit den Eindruck erwecken, dass ich ehrlich bin? Brittany ist mittlerweile seit fast zwei Jahren abgetaucht. Man wird mir nur glauben, dass ich ihr nichts angetan habe, wenn sie in nächster Zeit in Texas auftaucht und ihren Daddy besucht.
Noch etwas ging ihm durch den Kopf. Warum hatte Kevin Wilson heute Morgen seinen Anruf nicht entgegengenommen? Er oder jemand in seinem Büro musste doch mitgekriegt haben, dass Zan in Begleitung ihres Anwalts bei der Polizei vorgeladen war. Wenn er eins und eins zusammenzählte, musste er zu dem Schluss kommen, dass sie aller Wahrscheinlichkeit nach verhaftet würde. Dann wird sie kaum mehr Zeit haben, sich um die Gestaltung seiner Musterwohnungen zu kümmern.
Ich brauche den Auftrag, dachte er. Er ist ein Aushängeschild. Klar, viele Prominente zählen zu meinem Kundenstamm, aber die meisten von ihnen sind verdammt hart im Verhandeln und wollen mich damit abspeisen, dass eine Zeitschrift eine Fotostory über ihr neues Heim bringt, was für mich dann kostenlose Werbung wäre. Ich brauche keine kostenlose Werbung.
Damals, nach den Berichten über die Anklage wegen sexueller Belästigung, sind mir einige Kunden aus dem alten Geldadel abgesprungen. Wenn es zu einem erneuten Skandal kommt, verliere ich noch mehr von ihnen.
Warum ruft Wilson nicht zurück? In seinem Angebotsschreiben hat er ausgeführt, die Entwürfe seien so schnell wie möglich einzureichen, weil sie dem Zeitplan hinterherhinkten. Und jetzt – kein Wort von ihm.
Die Gegensprechanlage summte. »Mr. Longe, haben Sie vor, nach Ihrem Treffen mit Detective Johnson zum Essen zu gehen, oder soll ich Ihnen etwas bestellen?«, fragte Elaine.
»Das weiß ich noch nicht«, blaffte Longe. »Das entscheide ich später.«
»Natürlich. Ach, Phyllis meldet sich gerade. Das heißt, er muss da sein.«
»Schicken Sie ihn rein.«
Nervös zog er die oberste Schreibtischschublade auf und betrachtete sich in dem dort aufbewahrten Spiegel. Der chirurgische Eingriff, den er im vorigen Jahr am Gesicht hatte vornehmen lassen, war einfach fabelhaft, tröstete er sich. Ein kleiner Eingriff nur, aber damit war er den Ansatz zu seinem Doppelkinn losgeworden. Auch seine grau melierten Haare vermittelten genau den richtigen Eindruck. Er achtete sehr auf sein distinguiertes Äußeres und zupfte noch ein wenig an den Ärmeln seines Paul-Stuart-Hemds, damit die mit Monogramm versehenen Manschettenknöpfe auch richtig zur Geltung kamen.
Als Elaine Ryan an die Tür klopfte und mit Detective Wally Johnson im Schlepptau eintrat, erhob sich Bartley Longe und hieß seinen unwillkommenen Gast mit einem höflichen Lächeln willkommen.
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Wally Johnson fasste eine sofortige Abneigung gegen Longe, als er in dessen Büro trat. Longes herablassendes Lächeln strotzte vor Überlegenheitsgefühl und Verachtung. Als Erstes bekam er von Longe zu hören, dass er einen Termin mit einem sehr wichtigen Kunden verschieben musste und hoffe, die Fragen, die er ihm stellen werde, würden nicht länger als eine Viertelstunde dauern.
»Das hoffe ich auch«, antwortete Johnson, »dann kommen wir also gleich zum Zweck meines Besuchs. Margaret Grissom, unter dem Künstlernamen Brittany La Monte bekannt, wird vermisst. Ihr Vater ist davon überzeugt, dass ihr etwas zugestoßen ist oder sie sich in Schwierigkeiten befindet. Als Letztes hat sie anscheinend für Sie als Hostess bei der Präsentation Ihrer Musterwohnungen gearbeitet, daneben ist bekannt, dass sie mit Ihnen eine intime Beziehung unterhalten und mehrere Wochenenden in Ihrem Haus in Litchfield verbracht hat.«
»Sie war an einigen Wochenenden in meinem Haus in Litchfield, weil ich ihr einen Gefallen tun wollte und sie einigen Theaterleuten vorgestellt habe«, erwiderte Longe. »Wie ich schon gestern ihrem Vater gesagt habe, fehlte ihr das gewisse Etwas, um ein Star zu werden. Sie waren alle der Meinung, dass sie im besten Fall in billigen Werbespots oder in unabhängigen Filmproduktionen mitspielen könnte, wo sie nicht Mitglied der Schauspielergewerkschaft sein muss. In ihren zehn oder elf Jahren in New York hat sie es aber weder zum einen noch zum anderen geschafft.«
»Worauf Sie sie nicht mehr nach Litchfield eingeladen haben?«, fragte Johnson.
»Brittany hat es allmählich selbst eingesehen. An diesem Punkt wollte sie aus unserer lockeren Beziehung etwas Festes machen. Ich war einmal mit einer ehrgeizigen Schauspielerin verheiratet, das hat mich eine schöne Stange Geld
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