Ich fühle was, was du nicht siehst - Mallery, S: Ich fühle was, was du nicht siehst
gekommen bin? Dass ich Tyler elf Jahre hatte und dir daher der Rest seiner Kindheit zusteht?”
Er packte sie fester am Arm. „Nein. Das wollte ich nicht.”
Das Schlimmste an der ganzen Situation war, dass sie ihm glauben wollte. „Ich habe dir vertraut. Obwohl mir bewusst war, was du mir vor vielen Jahren angetan hast, habe ich dir vertraut.”
Er sah ihr in die Augen. „Hör nicht auf, mir zu vertrauen. Bitte, Liz. Wir können es gemeinsam schaffen.” Er holte tief Luft. „Heirate mich.”
Wenn er sie nicht immer noch festgehalten hätte, hätte sie das Gleichgewicht verloren. „Was?”
„Heirate mich. Das wäre die Lösung für alles. Dann hätten wir beide Tyler. Es wäre auch für die Mädchen besser. Sie könnten hier bei ihren Freundinnen bleiben. Heirate mich.”
Sie befreite sich aus seinem Griff und ging zur Couch. Nachdem sie sich gesetzt hatte, stützte sie sich mit den Ellbogen auf die Knie und barg das Gesicht in ihren Händen.
Das ist alles zu viel, dachte sie. Sie war körperlich und psychisch erschöpft. Das war der einzige Grund, warum sie nicht laut schreiend aus dem Büro stürmte. Oder eine Stehlampe nach ihm warf.
Heiraten als praktische Lösung?
„Wir haben ein Kind zusammen”, fuhr er fort. „Es wäre also naheliegend.”
Naheliegend. Klar. Denn was hatte eine Ehe auch mit Liebe zu tun? Ethan hatte Rayanne geheiratet, weil sie schwanger war – warum sollte er nicht auch sie heiraten, weil sie ein gemeinsames Kind hatten?
Sie richtete sich auf. „Nein.”
Er setzte sich zu ihr auf die Couch und sah sie an. „Komm schon, Liz. Warum nicht?”
Wo sollte sie bloß anfangen? „Wir lieben uns nicht.”
Nur die halbe Wahrheit. Sie liebte ihn sehr wohl, aber jetzt war wohl kaum der richtige Zeitpunkt für dieses Thema.
„Wir mögen uns”, sagte er. „Wir kommen gut miteinander aus. Und es wäre besser für die Kinder. Du hast doch gesagt, als Elternteil müsse man Opfer bringen.”
„Nicht diese Art von Opfer.” Sie erhob sich.
„Warte.” Er stand ebenfalls auf. „Wir müssen eine Lösung finden.”
„Nein, müssen wir nicht. Ich muss eine Lösung finden.”
„Tyler ist auch mein Sohn.”
„Das hast du bereits deutlich zu verstehen gegeben – uns allen.”
Sie ging.
Ethan sah ihr nach. Er war sich nicht sicher, ob er ihr nachgehen oder Zeit lassen sollte, alles in Ruhe zu überdenken. Das, was Tyler getan hatte, konnte er immer noch nicht fassen. Der Junge hatte ihm gegenüber keinerlei Andeutungen gemacht, dass er seiner Mutter mitteilen würde, er wolle lieber bei seinem Vater leben.
Sein Sohn wollte bei ihm bleiben. Ethan konnte nichts dafür – er fand die Vorstellung, Tyler richtig kennenzulernen, aufregend. Sie beide könnten viel Spaß miteinander haben und eine richtige Beziehung aufbauen. Wobei er natürlich nicht wollte, dass Liz sich dadurch verletzt fühlte.
Seine Bürotür ging auf. Nevada kam herein.
Nevada war die Ruhigste und Pragmatischste der Drillinge. Sie hatte Bautechnik studiert, für ihn zu arbeiten begonnen und machte ihren Job mittlerweile unglaublich gut. Sie wurde von den Kunden geschätzt, von den Angestellten respektiert. Wenn er nicht da war, leitete sie die Firma.
Jetzt sah sie ihn halb mitleidig, halb amüsiert an.
„Du bist wirklich der dümmste Mann auf der ganzen Welt”, sagte sie.
„Was meinst du damit?”
„Ich dachte, das wäre offensichtlich.” Sie lehnte sich an den Türrahmen. „Ich bin gerade Liz begegnet und habe sie gefragt, wie es ihr geht. Sie sagt, du hättest sie gebeten, dich aus praktischen Gründen zu heiraten. Sag mir, dass das nicht wahr ist.”
„Es war alles ganz anders.”
Nevada zog die Augenbrauen hoch. „Wie denn?”
Er erklärte ihr, wie sehr Tylers Idee Liz verletzt hatte und dass eine Heirat alle Probleme lösen würde.
„Wie romantisch”, stellte sie sarkastisch fest.
„Hier geht es nicht um Romantik. Es geht darum, das Richtige zu tun.”
Nevada sah ihn lange an. „Ich glaube, es geht darum, dass du bekommst, was du willst. Du denkst überhaupt nicht an Liz. Warum sollte sie dich heiraten wollen?”
„Tyler braucht einen Vater.”
„Sicher. Aber was hat das mit Liz zu tun?”
„Sie ist seine Mutter.”
„Ja, das ist mir schon klar. Aber du hast meine Frage nicht beantwortet. Was hat Liz davon, wenn sie dich heiratet? Es ist ja nicht so, dass sie ein zweites Einkommen brauchen würde. Oder ein Dach über dem Kopf. Die meisten Leute heiraten, weil sie sich
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