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Ich fürchte mich nicht: Roman (German Edition)

Ich fürchte mich nicht: Roman (German Edition)

Titel: Ich fürchte mich nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tahereh H. Mafi
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–«
    Kenji seufzt. »Du bist ausgehungert und erschöpft. Du stehst unter Schock und bist völlig durcheinander. Versuch klar zu denken. Ich werde dir nichts tun. Du bist jetzt in Sicherheit. James auch. Und Adam.«
    »Ich will bei ihm sein – ich will sehen, was sie mit ihm machen –«
    »Das geht jetzt nicht.«
    »Was wird mit mir? Warum hast du uns hierher gebracht?« Mein Blick rast in tausend Richtungen. Alles dreht sich, ich treibe im Ozean meiner panischen Visionen und kann nicht schwimmen. »Was willst du von mir?«
    Kenji schaut unter sich. Reibt sich die Stirn. Greift in seine Tasche. »Ich wünschte, ich müsste das jetzt nicht tun.«
    Ich höre mich schreien.

43
    Ich komme mir wie eine alte knarrende Treppe vor, als ich erwache.
    Jemand hat mich gewaschen. Meine Haut fühlt sich wie Satin an. Meine Wimpern sind weich, meine Haare wurden gebürstet und schimmern seidig im künstlichen Licht, sanfte Wellen auf meinen Schultern. Meine Gelenke schmerzen, meine Augen brennen vor Erschöpfung. Ich bin nackt, von einem schweren Laken bedeckt. Noch nie habe ich mich so rein gefühlt.
    Ich bin zu müde, um mich zu wundern.
    Meine schläfrigen Augen erkunden die Umgebung. Es gibt nicht viel zu sehen. Ich liege in einem Bett. Vier Wände. Eine Tür. Ein kleiner Nachttisch. Ein Glas Wasser. Surrende Neonröhren über mir. Alles ist weiß.
    Meine Welt verändert sich ständig.
    Ich greife nach dem Wasserglas. Die Tür geht auf. Ich ziehe das Laken bis zum Kinn hoch.
    »Wie fühlen Sie sich?«
    Ein großer Mann. Brille mit schwarzem Gestell. Schlichter Pullover. Hose mit Bügelfalten. Rotblonde Haare, die ihm in die Stirn fallen.
    Er hat ein Klemmbrett in der Hand.
    »Wie geht es Ihnen?«
    Er holt sich einen Stuhl, den ich noch nicht bemerkt hatte. Setzt sich neben mein Bett. »Fühlen Sie sich benommen? Desorientiert?«
    »Wo ist Adam?«
    Er notiert etwas. »Schreibt sich Ihr Nachname mit zwei R? Oder nur mit einem?«
    »Was haben Sie mit James gemacht? Wo ist Kenji?«
    Der Mann hört auf zu schreiben. Schaut auf. Er kann nicht älter als 30 sein. Hat eine leicht schiefe Nase. »Ich würde gerne erst mal sichergehen, dass alles in Ordnung ist mit Ihnen. Dann beantworte ich Ihre Fragen, okay? Lassen Sie mich nur bitte die notwendigen Schritte zuerst erledigen.«
    Ich blinzle.
    Wie fühle ich mich. Keine Ahnung.
    Habe ich geträumt. Kann mich nicht erinnern.
    Weiß ich, wo ich bin. Nein.
    Habe ich das Gefühl, in Sicherheit zu sein. Weiß ich nicht.
    Kann ich mich an die Ereignisse von gestern erinnern. Ja.
    Wie alt bin ich. 17.
    Welche Farbe haben meine Augen. Weiß nicht.
    »Das wissen Sie nicht?« Er lässt den Stift sinken. Setzt seine Brille ab. »Sie können sich an den gestrigen Tag erinnern, wissen aber Ihre Augenfarbe nicht mehr?«
    »Ich glaube, Grün. Oder Blau. Ich bin mir nicht sicher. Wieso ist das so wichtig?«
    »Ich möchte sichergehen, dass Sie sich selbst erkennen. Dass Sie noch wissen, wer Sie sind.«
    »Ich wusste meine Augenfarbe aber nie so richtig. In den letzten drei Jahren habe ich nur einmal in den Spiegel geschaut.«
    Der Mann starrt mich beunruhigt an. Ich wende den Blick ab.
    »Wie haben Sie mich angefasst?«, frage ich.
    »Wie bitte?«
    »Mein Körper. Meine Haut. Ich … bin so sauber.«
    »Oh.« Er nagt kurz an seinem Daumen. Setzt seine Brille wieder auf und macht eine Notiz. »Ach so. Nun, Sie waren blutbeschmiert und sehr schmutzig und hatten ein paar kleinere Schnitte und Blutergüsse. Wir wollten Infektionen verhindern. Tut mir leid, dass wir Ihnen so nahetreten mussten – aber wir dürfen nicht zulassen, dass hier Bakterien eingeschleppt werden. Wir mussten Sie säubern.«
    »Ja, kein Problem«, sage ich ungeduldig. »Aber wie haben Sie das gemacht?«
    »Verzeihung?«
    »Wie haben Sie mich berührt?« Er muss das doch wissen. Gott, ich hoffe, dass er es weiß.
    »Ach so –« Er nickt, schreibt eifrig. Blinzelt. »Gummi.«
    »Wie?«
    »Gummi.« Er schaut kurz auf. Bemerkt meine verwirrte Miene. »Gummihandschuhe.«
    »Ah ja.« Natürlich. Auch Warner hat Handschuhe benutzt, bevor er es gemerkt hat.
    Bevor er es gemerkt hat. Bevor er es gemerkt hat. Bevor er es gemerkt hat .
    Ich durchlebe die Szene wieder und wieder. Der Moment, in dem ich nicht schnell genug war. Die Sekunde, in der ich gezögert habe, bevor ich aus dem Fenster kletterte. Der Augenblick, in dem ich meine Macht verloren habe. Die Kontrolle über meine Lage. Warner wird nicht ruhen, bis er mich gefunden hat,

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