Ich gab mein Herz fuer Afrika
den alternden, langhaarigen Ehemann von Joy Adamson, die Frei geboren verfasst hatte. Alan und Joan besuchten ihn regelmäßig in seinem Camp. Nachdem sie etwas getrunken und zu Abend gegessen hatten, rief George, nur durch einen Maschendrahtzaun geschützt, mit einem roten Megaphon Löwen herbei, trat aus seiner Einfriedung heraus und fütterte sie mit Kamelfleisch. Joan schrieb, wie Adamsons Bruder Terence bei einem Besuch gebissen wurde und dass derselbe Löwe dann ihr nachstellte,
nachdem sie mit Alan den frisch genähten Terence aus dem Krankenhaus zurückgebracht hatte. »Der Löwe hatte immer noch Blut am Kinn, er war wirklich scharf.« Aber sie hatte keine Angst. Sie schrieb von ihrem vollkommenen kleinen Haus, wo die Wiese so grün war, »dass einem die Augen wehtaten«, ein Haus, das immer voller Freunde und Kollegen war, und von einem Leben, in dem es so viel Liebe und so viele Tiere gab – ihr Tagebuch hörte sich manchmal an, als würde sie gleich vor Freude platzen. In jeder zweiten Zeile tauchte auch Alan auf: der starke, kluge, gut aussehende, lustige, talentierte, liebenswerte Alan.
Es stimmte, dass er gelegentlich eigene Wege gegangen war. Aber wie der Karamojong-Stamm vor vielen Jahren vorhergesagt hatte, war er immer zu ihr zurückgekehrt. Immer – bis zu einem Sommertag im Jahr 1982. Joan und Alan richteten bei sich zu Hause am Naivashasee die Hochzeit der Tochter ihres guten Freundes Ian Parker aus, als plötzlich eine Frau auf der Bildfläche erschien, von der Alan nur schwer – und dann überhaupt nicht mehr – loskam.
Kapitel fünf
»ES WAR EINE typisch kenianische Hochzeit«, sagte Ian Parker über die Vermählung seiner Tochter, die am 21. Juli 1982 bei den Roots zu Hause gefeiert wurde. 202 »Typisch« bedeutete eine Menge Flugzeuge aus Nairobi, Gäste, die in Alans und Joans weitläufigem Garten zelteten, und Spaß allenthalben. Als die Sonne über den Aberdare-Bergen unterging, stand Alan mit einem schwergewichtigen jungen Mann namens Jamie Roberts auf dem Dach eines Barzelts. Er war hackevoll und forderte den jungen Mann scherzhaft zum Ringkampf heraus, angefeuert von anderen Hochzeitsgästen.
»Ein toller Mann!«, schwärmte eine Frau, die das Spektakel beobachtete. 203 »Und wie gut er mit Kindern umgehen kann!« Die Zuschauerin hieß Jennie Hammond, und sie war all das, was Joan Root nicht war. Die Krankenschwester, Töpferin und psychologische Beraterin war äußerst kontaktfreudig und selbstbewusst. Sie war die liebende Mutter zweier reizender,
umgänglicher Kinder. 204 Doch am bemerkenswertesten an Jennie war ihre Sexualität, erinnerte sich später Adrian Luckhurst, der dunkelhaarige, sehr höfliche und gebildete Geschäftsführer von Joan. »Besonders Männer fanden sie äußerst attraktiv«, fügte eine enge Freundin von Joan hinzu. Jennie – brünett, Ende dreißig, verheiratet mit einem Bauingenieur in Nairobi – stellte in dieser Nacht eine gefährliche Kombination aus Schönheit und Langeweile dar.
Im Gegensatz zu Joan blieb Jennie nie lange im Hintergrund. Sie wusste, was sie wollte, und setzte alles daran, es auch zu bekommen. Jennie und ihr Ehemann Bob kannten die Roots seit Jahren, aber erst als sie Alan auf dem Barzelt mit dem jungen Jamie Roberts herumblödeln sah – der dabei selbst sehr jung wirkte und sich so benahm –, da beschloss sie, dass sie ihn haben musste. Und nicht nur für eine kleine Affäre.
Während die Gäste Alan bei seinen Possen zuschauten, arbeitete Joan wie üblich hinter den Kulissen und organisierte die Hochzeit. Daher war sie nicht da, als das Zeltdach nachgab und Alan durch die Leinwand brach und in eine Kühlbox voll Bier krachte. Alan war blutüberströmt. Ein Arzt kam herbeigeeilt, um ihn wieder zusammenzuflicken, und nach der ganzen Prozedur fühlte sich Alan offenbar immer noch fit. »Ich weiß nur, dass ich ziemlich betrunken war und mich an Jennie rangemacht habe. Sie hatte nichts dagegen, im Gegenteil«, behauptete er. 205 Doch einige Leute, die Jennie Hammond kannten, sind überzeugt, dass es umgekehrt war.
»Er wurde geradezu erbeutet«, sagte Ian Parker. »Sie erschien auf der Bildfläche und sagte: ›Okay.‹ Sie machte den ersten Schritt, und ich glaube, von da an wusste Root nicht, wie ihm geschah.«
Niemand – nicht Alan, nicht Jennie, nicht Joan und ganz sicher nicht Jennies gefestigter, prüder Ehemann Bob, der sich von dem wilden Alan unterschied wie Jennie von Joan – wollte darüber sprechen, was in
Weitere Kostenlose Bücher