Ich gab mein Herz fuer Afrika

er ihr; er würde bei ihr bleiben bis zum bitteren Ende. Und Joan? Joan würde Verständnis zeigen, da war er sich sicher. Die vernünftige, zuverlässige Joan würde begreifen, dass Alan unmöglich eine sterbende Frau im Stich lassen konnte, selbst wenn das bedeutete, dass er seine Ehefrau dafür im Stich lassen musste. Joans Tagebuch vermerkt:
    21.8.86: Alan kam aus Ulu ins Büro. Erzählte mir von Jennies Krankheit. Oje. Haben später über die Zukunft gesprochen – sieht nicht gut aus, auf allen Fronten.
    Die »Buschtrommeln«, ein Ausdruck für die Gerüchteküche im weißen Kenia, kündeten bald von der schwierigen
Dreiecksbeziehung zwischen Alan, Jennie und Joan. Es wurde gemunkelt, Joan und Alan hätten ein Abkommen getroffen: Er würde bei Jennie bleiben, bis sie starb, aber dann käme er zu Joan zurück. Eine alte Freundin sagte: »Sie war einverstanden mit dieser Abmachung, denn sie hoffte, ihn nicht für immer zu verlieren. Joan war sehr geradlinig; wenn sie ein Abkommen traf, hielt sie sich auch daran.« 213
    Joan akzeptierte diese Abmachung widerwillig. Sagte sie Nein, wäre Alan wahrscheinlich für immer verloren; sagte sie Ja, bestand immerhin noch eine Chance, dass er zu ihr zurückkommen würde.
    Sie konnte jedoch nicht vorhersehen, wie der Anspruch, den Jennie auf Alan erhob, zunehmen würde und wie sehr sie sich anstrengen würde, Joan aus seinem Leben zu vertreiben. Joans Tagebuch verwandelte sich bald in eine Chronik des Kummers und des Leids. 29. August 1986: »Bekam einen Brief vom (Arzt) wegen Jennies Krankheit. Alan ist sehr mitgenommen. Wir haben uns unterhalten, bevor Alan aufbrach, um die Nacht in Ulu zu verbringen. Sie gehen morgen auf eine Hochzeit.« Mit »sie« meinte sie Alan und Jennie. 4. September 1986: »Alan hier um 1 Uhr mittags. Sehr niedergeschlagen. Jennie spielt verrückt, weil er nach Amerika fährt und sie zurücklässt.« Die Amerikareise sollte Alan mit Joan antreten. Auf einem Filmfestival in Aspen, Colorado, wurde Lights! Action! Africa! (alias Two in the Bush ) gezeigt. 5. September 1986: »Tee in Karen. Alan gab mir Adressen usw. für Amerika, dann ist er los, um mit seiner ›Familie‹ chinesisch essen zu gehen.«

    Trotz Jennies Protesten flogen Joan und Alan gemeinsam nach Aspen und wohnten der Vorführung ihres Films im historischen Wheeler Opera House bei. Kurz bevor er begann – bevor die Leinwand explodierte mit waghalsigen Flugzeugmanövern und Heißluftballons, mit wütenden Flusspferden, Speikobras und rennenden Geparden, mit Szenen aus dem Leben, das sie miteinander geteilt hatten, bis Jennie sich auf die Bildfläche drängte –, gab es einen Stromausfall, und alle Lichter gingen aus. Joan berichtet in ihrem Tagebuch von ihrem Gespräch.
    »Joan?«, sagte Alan in der Dunkelheit.
    »Ja, Alan?«
    »Du musst dich zurückziehen. Wegen der Kinder.«
    »Das ärgert mich«, sagte sie.
    »Ich weiß. Wir müssen uns trennen, damit Jennie zur Ruhe kommt.«
    Sie führten das Gespräch am nächsten Tag bei einem Spaziergang am Fluss fort.
    »Ach, Alan.«
    »Ich muss ihr in Zukunft viel Zeit widmen.«
    »Und unsere Pläne für Zaire?«, fragte Joan. Sie meinte die Filme, die sie dort hatten drehen wollen – einen über den Vulkan, einen über die Gorillas und zwei weitere.
    »Die müssen wir erst mal auf Eis legen.« 214
    Alan und Joan waren wieder zusammen, aber nur auf der Leinwand. Im echten Leben entfernten sie sich sogar noch weiter voneinander.
    »Sie suchen einen geeigneten Knochenmarkspender«,
schrieb Joan am 20. November 1986 in ihr Tagebuch. »Selbst wenn sie einen finden, (besteht) ein Risiko von 20 Prozent, dass die Operation tödlich verläuft, und danach liegt die Chance bei 70 Prozent, dass es funktioniert. Möglicherweise stirbt sie also in drei Jahren. Und das wird hart für Alan.« Zwei Jahre waren zu dreien geworden, aber Joan schien das nicht zu erschüttern.
    8.3.87: Alan erzählte mir von Jennies Besuch bei (dem Arzt) gestern. (Der Arzt) sagte, sie sei geheilt, deshalb haben sie sie rasch ins Nairobi Hospital geschickt, um sie testen zu lassen, und es kam heraus, dass es gar nicht stimmt.… Dann kam ein Anruf, sie habe einen Unfall gehabt. Alan raste ins Krankenhaus. Ein Lastwagen hatte ihren Pick-up gerammt, und sie war mit dem Kopf durch die Scheibe hinter ihr geschlagen und musste genäht werden.
    Jennies Verletzungen heilten rasch. Es sollte sich herausstellen, dass sie so zäh war wie alles, was Alan und Joan im Busch je begegnet war