Ich gab mein Herz fuer Afrika
Die Buschtrommeln zwischen Nairobi und Naivasha verkündeten allenthalben die Tragödie von Joan Root, dem kenianischen Mädchen, das nun unvorstellbar allein war.
Sie stand an einem wichtigen Wendepunkt. Nach der Trennung von Alan war sie am Boden zerstört. Sie hatte nicht nur ihren Mann verloren, sondern auch ihren Beruf als Filmemacherin, ihre Rolle als Produzentin, ihre Stellung als Ehefrau. Über das Leben ohne Alan sagte einer ihrer Freunde: »Er war die Liebe ihres Lebens, zweifellos. Für sie konnte es keinen Zweiten wie ihn geben, niemals … Die Scheidung nahm sie sehr mit, und sie brauchte Zeit, um ihre Wunden zu lecken.«
Da sie so jung geheiratet hatten, war Alan mit Joan in jeglicher Hinsicht verbunden. »Sie haben sehr eng zusammengearbeitet, so dass sie alles verlor, als es zu Ende war. Sie war völlig ratlos«, sagte eine Freundin.
Adrian Luckhurst, Joans Geschäftsführer, erzählte: »Joan hatte niemals über ein Ende ihrer Beziehung – weder beruflich noch privat – nachdenken wollen. Es machte sie einfach fertig. So richtig. Aus einem wahnsinnig dynamischen Leben, einem unerhört erfüllten Leben heraus plötzlich vor dem Nichts zu stehen? Wie soll man damit klarkommen?«
Jean Hartley, eine andere Freundin aus Nairobi, zeigte sich von Joans Stärke beeindruckt. »Ich merkte, dass sie durch diese Scheidung emotional erledigt war, aber sie zeigte unglaublich viel Mumm, indem sie sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf zog und ihr Leben wieder in den Griff kriegte. Ganz, ganz langsam, einen Tag nach dem anderen, setzte sie ihr Leben neu zusammen. Mit Mut, Entschlossenheit und ein paar Freunden baute sie sich ein Leben nach Alan auf und wurde zu einer selbstständigen Joan – nicht mehr nur ein Teil von Alan und Joan. Sie hatte einen zähen Kern.« 225
Joan offenbarte ihre Gefühle nur, wenn sie alleine war. Sie schüttete ihr Herz in Tagebüchern, Briefen und in einem persönlichen Notizbuch aus, sie schrieb darüber, wie sehr sie sich bemühte, ihren Schmerz durch Hoffnung und Kraft zu ersetzen.
Die Botschaft suchen im Negativen. Was kann man aus dieser Situation lernen? Wenn man alles nur Erdenkliche
bereits getan hat, um eine negative Situation zu ändern, dann wird es Zeit, loszulassen. Es gibt viele wunderbare Menschen – die Liebe geben und empfangen möchten. Die Liebe existiert in unserem Denken. Wir beschränken uns selbst nur wegen unserer Schutzschilde der Angst, unserer Schutzschilde gegen die Liebe.
Nach einer Zeit der tiefen Trauer und des Kummers machte Joan eine Wandlung durch. Diese schüchterne, stille Frau, die in ihrer Blüte emotional zugrunde gerichtet war, beendete das Kapitel ihres ersten Lebens und schlug ein neues auf, indem sie aus all dem Unglück entschlossener hervorging, als sie es zuvor war. Sie konzentrierte sich wieder auf die Tiere und die Welt der Natur, die ihr stets Kraft gegeben hatte. Jetzt lebte sie nicht mehr hauptsächlich für ihren Ehemann; sie wollte mehr als nur die Tiere und die Landschaften Afrikas auf Film bannen. Ihre neue Mission bestand darin, sie zu retten.
Das Tier, das Joan beim Start in ihr neues Leben half, war das gleiche, das sie viele Jahre zuvor mit Alan zusammengebracht hatte: der Elefant.
Iain Douglas-Hamilton vermutete, dass in ganz Afrika ein Elefantenmassaker stattfand, aber kaum jemand glaubte ihm. Douglas-Hamilton wusste, dass Joan, die eine gute Beobachtungsgabe hatte und alles in der Natur penibel untersuchte, ihm sehr nützlich dabei sein konnte, seinen Verdacht zu bestätigen. »Joan pflegte einen engen Kontakt mit der Szene der örtlichen Naturschützer – sie sog Informationen mit jeder Pore auf«, erklärte er. »Sie liebte die Natur, und wenn die Natur
angegriffen wurde, war Joan sofort bereit, sie zu verteidigen. «
Sie war einverstanden, ihm bei mindestens zwei Zählungen zu helfen. Die erste sollte 1988 in Joans geliebtem Tsavo Nationalpark durchgeführt werden, einst eine der Elefantenhochburgen Afrikas. In den 60er Jahren war Tsavos Elefantenpopulation so stark angewachsen, dass viele Tierschützer meinten, die Herden müssten dezimiert werden. Eine extreme Dürre in den 70er Jahren wirkte der Überpopulation entgegen – zehntausend Elefanten verhungerten. Nach der Dürre wurde heftigst gewildert, Tausende Elefanten wurden abgeschlachtet, bevor Kenia endlich aufwachte und die Katastrophe zur Kenntnis nahm. Mittlerweile waren drei Viertel aller Elefanten von Tsavo tot.
Es stellte sich heraus, dass
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