Ich gegen Amerika: Ein deutscher Anwalt in den Fängen der US-Justiz (German Edition)
Homeland Security . Dieser Fund sammelt und verteilt beschlagnahmte Vermögenswerte von angeblichen Straftätern. Im Jahresbericht für 2006 präsentiert der TFF unter der Überschrift Highlights stolz eine Villa und ein Apartmenthaus, die einst José gehörten. Gezeigt wird auch eine Reihe von schicken Autos, darunter eine Stretchlimousine, die von anderen Verurteilten kassiert wurde. Der weitere Verwendungszweck? Häuser, Boote, Autos und Flugzeuge werden an Polizei, FBI oder andere law enforcement agencies weitergegeben und dort benutzt. Es sind Fälle dokumentiert, in denen die Polizeichefs selbst stolz mit den beschlagnahmten Gangster-Autos durch die Stadt fuhren. Millionen US-Dollar aus dem Besitz angeblicher Straftäter fließen außerdem in Ausrüstung und Fortbildung der Gesetzeshüter (mehr dazu unter www.fear.org ).
So alimentiert der Apparat sich selbst – und schafft sich damit eine unmittelbare materielle Motivation, möglichst viele Menschen zu kriminalisieren. Auch ganz normale, eher mittelmäßig verdienende Bürger der USA können ihr Geld, ihr Auto, ihr Haus oder Grundstück verlieren, wenn auch nur der Verdacht besteht, etwas davon könnte zu einer Straftat benutzt worden sein. Es gibt zahllose Fälle, in denen die Betroffenen niemals wegen irgendetwas verurteilt wurden und ihr Eigentum trotzdem nicht zurückerhielten.
Nachträglich bin ich richtig froh darüber, dass mein Angebot, eine Million Dollar als Kaution zu stellen, vom Richter abgelehnt wurde. Vermutlich säße ich immer noch in Florida fest, mein Geld und meine Grundstückswerte wären inzwischen beschlagnahmt und in einen Polizei-Unterstützungs-Fonds geflossen. Eine ganze Reihe meiner Mitgefangenen waren Geschäftsleute, die den Eindruck hatten, dass ihre Strafverfahren vor allem betrieben wurden, um an ihr Geld heranzukommen. Die Staatsanwaltschaft drohte ihnen horrende Strafen an, oft von 20 Jahren und mehr, und schuf damit die Legitimationsgrundlage, ihr Vermögen einzuziehen. Unter dem Eindruck solcher Drohungen und Maßnahmen stimmten viel einem plea agreement zu und akzeptierten eine Freiheitsstrafe von «nur» einigen Jahren. Damit aber bekannten sie sich unwiderruflich als schuldig und hatten natürlich erst recht keine Chance mehr, ihr Geld wiederzubekommen.
Natürlich, darüber war ich mir auch damals im Klaren, saßen im FDC Miami nicht nur Unschuldige hinter Gittern. Und natürlich gibt es zu den Geschichten, die manche von ihnen erzählten, oft eine ganz andere Version von Polizei und Staatsanwaltschaft. Ich war lange genug Anwalt, um das zu wissen. Aber warum sollte sich jemand eine Story ausdenken, wie sie mir ein junger Mithäftling – nennen wir ihn Silvio – erzählte?
Der Student war angeklagt, in der Wohnung seiner Exfreundin Feuer gelegt zu haben. Sie hatte ihn verdächtigt, und die Ermittler hatten auf seinem Computer Spuren einer Internetrecherche zum Thema Brandstiftung gefunden. Ich weiß nicht, ob Silvio diese Tat begangen hat. Sein Vater jedenfalls war von seiner Unschuld überzeugt. Er reiste zum Ort des Geschehens und begann, im Umfeld zu recherchieren: Gab es Zeugen oder andere Hinweise, die seinen Sohn entlasten könnten? Schließlich traf er auf einen Mann, der behauptete, er habe Kontakt zu einem Augenzeugen des Brandes. Und dieser wiederum könne etwas darüber sagen, wer das Feuer wirklich gelegt habe. Silvios Vater war natürlich überaus interessiert daran, diesen Zeugen kennenzulernen. In einem zweiten Gespräch erklärte ihm der Vermittler dann, der Zeuge sei zwar gern bereit, ihn zu treffen, aber er habe einige Auslagen – Fahrtkosten und so weiter. «Kein Problem», sagte Silvios Vater, «um was für einen Betrag geht es denn?»
Das waren ein paar Worte zu viel. Silvios Vater wurde verhaftet: Er war in eine Falle gegangen, die ihm das FBI gestellt hatte. Der Vorwurf: Er habe versucht einen Zeugen zu «kaufen». Nun saßen Vater und Sohn also im selben Gefängnis, wenn auch auf unterschiedlichen Etagen. Natürlich erfuhr Silvio von der Verhaftung seines Vaters. Und er hörte auch, dass diesem ein Deal angeboten worden war: Wenn er bereit sei, seinen Sohn zu belasten, käme er frei. Was tat Silvio? Er bat seinen Vater inständig, gegen ihn auszusagen. Damit jedenfalls einer von ihnen in die Freiheit zurückkehren könnte. Ich weiß nicht, wie Silvios Vater sich entschieden hat.
Ein anderer junger Mitgefangener namens John hat mir erzählt, vor welche Wahl er gestellt war. Der Mann
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