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Ich gegen Osborne

Ich gegen Osborne

Titel: Ich gegen Osborne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joey Goebel
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Mein Daumen blutete wieder, doch diesmal hielt ich mich gar nicht erst mit dem Taschentuch auf.
    »Bill, ich möchte zu seiner Verteidigung nur eins vorbringen. Ich kenne James gut. Letztes Jahr hatte ich ihn in Englisch, und wir haben uns oft unterhalten. James ist ein guter Junge, wirklich. Doch er erwartet von Mitmenschen, dass sie genauso gut sind, und wenn das nicht geschieht, zerfällt er regelrecht. Man sollte meinen, er würde mittlerweile nicht mehr so viel von anderen erwarten, doch wenn sie ihn ungerecht behandeln, ist er immer überrascht – unweigerlich. Er ist immer gekränkt. Und vermutlich hat ihn das, neben dem, was zu Hause passiert, zu der Flasche greifen lassen.«
    Er hatte Recht. Ich war immer wieder erstaunt, wie grausam andere sein konnten.
    »Das ist toll. Das ist großartig. Aber wir haben es hier mit einem ernsten Vergehen zu tun. Gibt es –«
    Das Telefon klingelte. »Ja?… Ich komme sofort.« Er stand auf und sagte: »Schlägerei im Umkleideraum. Ich bin gleich wieder da.«
    Shankly machte die Tür energisch zu, knallte sie fast ins Schloss.
    [172]  »Ich wusste gar nicht, dass Sie Trinker sind.«
    »Bin ich nicht. Ich kann nicht mal richtig trinken. Vielen Dank, dass Sie sich für mich eingesetzt haben.«
    »Das ist doch das mindeste. Ich mache mir Vorwürfe. Ich hätte die Kritik beenden sollen, als ich merkte, wohin die Reise ging. Tut mir leid, dass die anderen Ihren Text nicht mögen.«
    »Also echt, Slim. Sie mögen mich nicht.«
    » Müssen die anderen Sie denn unbedingt mögen?« Er machte einen auf Therapeut.
    »Ja! Ich will akzeptiert werden wie jeder andere Arsch auch. Und das konnte ich bisher nur durch mein Schreiben erreichen. Es ist das Einzige, bei dem ich jemals halbwegs gut war. Nur so konnte ich mit ihnen reden. Aber sie wollten es nicht mal hören. Sie haben es gehasst. «
    »Tut mir leid. Mir hat es gefallen.«
    »Danke. Hey, er kommt bald zurück, und ich bitte Sie nur ungern um einen weiteren Gefallen, aber Shankly will bei mir zu Hause anrufen, und ich möchte meine Mom nicht zusätzlich belasten, nach allem, was sie durchgemacht hat. Also: Können Sie versuchen, es ihm auszureden?«
    »Ich werd’s probieren, aber er kann mich nicht ausstehen. Ich werde mich für Sie einsetzen. Wenn er kein Unmensch ist, ruft er sie nicht an. Andererseits ist Bill unberechenbar.«
    »Ist er so erbarmungslos?«
    »Wenn Sie Ihre Mitschüler für gemein halten, warten Sie ab, bis Sie erleben, wozu Erwachsene fähig sind.«
    [173]  10 . 47   »In Ordnung, Steven. Ich übernehme jetzt wieder.«
    »Ehe ich gehe, muss ich dich fragen, ob du James’ Mutter anrufen wirst?«
    »Falls ja, ist das meine Sache. Ich mag es nicht, wenn –«
    »Bill, bitte. Dieses Kind hat genug durchgemacht. Genau wie seine Mom.«
    Shankly hielt kurz inne. Dann wandte er sich an mich. »Warten Sie draußen.«
    Ich warf Slim im Gehen einen zerknirschten Blick zu. Vor der Tür setzte ich mich neben den Tresen der Sekretärin und las den rosa Zettel, auf dem einige Blutstropfen von meinem Daumen waren: ZEIT : 10.25 ETHNISCHE ZUGEHÖRIGKEIT : 1 BEMERKUNGEN DES LEHRERS : Sah auf Bildschirm über Spind gebeugten Schüler, der nervös wirkte, dann verdächtig auf Toilette ging. Erwischte ihn beim Wodkatrinken in Kabine.
    »Hey, James.« Als ich mich umdrehte, sah ich, dass gerade der Wicca eingetreten war mit seiner Zauberkugel an einer Halskette und dem Kinnbart, der an Schamhaare erinnerte. Die Sekretärin war verschwunden, und alle Erwachsenen liefen geschäftig herum und benutzten die Kopierer. Ich hörte, dass der Rektor und Slim hinter der geschlossenen Tür laut wurden.
    »Ich hab dich hier sitzen sehen und wollte dir nur sagen, dass ich deinen Text klasse fand«, sagte Wicca.
    »Was soll der Scheiß?! Warum hast du das nicht im Kurs gesagt?«
    »Ich rede nicht gern im Unterricht. Tut mir leid. Aber ich fand, dein Roman hörte sich echt cool an.«
    »Danke.«
    [174]  Ein Junge und ein Mädchen traten ein und stellten sich vor den Tresen der Sekretärin. Sie gaben ein nettes Paar ab, so jugendlich-frisch und kess. Während sie auf die Sekretärin warteten, schob der Junge eine Hand langsam den Rücken des Mädchens runter, bis er ihre rechte Pobacke packte, als wären der Wicca und ich gar nicht da, und in ihren Köpfen waren wir wohl auch gar nicht da, weil wir unwichtig waren.
    »Tut mir wirklich leid, dass ich dir bei der Kritik nicht geholfen habe. Es war cool von dir, wie du letztes Semester

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