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Ich gegen Osborne

Ich gegen Osborne

Titel: Ich gegen Osborne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joey Goebel
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Armstrong!«
    »Verzeihung. Ich muss mich verwählt haben.«
    10 . 52   Seine Miene mörderisch zu nennen wäre keine Übertreibung gewesen. Nachdem er mich eine Weile finster angestarrt hatte, wobei seine Lippen wütend zuckten, sagte er: »Wer ist das?«
    »Tut mir leid, Mr.   Shankly, aber ich weiß alles. Deborah Armstrong, Abschlussjahrgang 1982.«
    Je röter sein Gesicht wurde, desto ruhiger wurde ich.
    »Ich habe keine Ahnung, wovon Sie sprechen. Wollen Sie mich erpressen?«
    »Nein, aber meiner Meinung nach steht es Ihnen nicht zu, das Benehmen anderer Leute zu verurteilen. Also behelligen Sie bitte meine Mom nicht damit.«
    »Ich könnte Sie dafür der Schule verweisen.«
    Dazu fiel mir nichts ein, deshalb schwieg ich, wodurch ihm offenbar noch kribbeliger wurde, da er wie von der Tarantel gestochen aufsprang, seinen Pullunder auszog und ihn ordentlich zusammengefaltet auf den Aktenschrank [178]  legte. »Was immer Sie gehört haben, es stimmt nicht. Woher haben Siedas eigentlich?«
    »Das kann ich nicht sagen.«
    Er setzte sich wieder. »Also, ich glaube, wir tun am besten so, als hätte dieses Gespräch nie stattgefunden.«
    »Meinen Sie das Gespräch über –«
    »Alles. Alles ab dem Augenblick, als Sie zuerst durch diese Tür gekommen sind. Wir haben da gefährliches Terrain betreten – für Sie, meine ich. Und Sie tun mir leid. Ich will Sie nicht von der Schule verweisen müssen, also lassen wir die Sache einfach fallen. Wir brauchen das alles nicht. Ich bin bereit, Ihren Alkoholkonsum zu entschuldigen.«
    »Darf ich weiter meinen Anzug tragen?«
    »Treiben Sie’s nicht auf die Spitze!«
    »Wollen Sie wirklich wissen, warum mir dieser Anzug so wichtig ist?«
    »Warum?«
    »Er hat meinem Dad gehört. Es war sein Lieblingsanzug. Wenn ich ihn trage, fühle ich mich ihm nahe.«
    »Es tut mir leid. Tragen Sie den Anzug, tragen Sie ihn jeden Tag. Es tut mir leid.«
    »Ich werde ihn jeden Tag anziehen.« Ich stand auf, und wie ein Folteropfer, das plötzlich eine Waffe auf seinen Peiniger gerichtet hat, schaute ich auf den kleinen weißhaarigen Dreckskerl hinunter und sagte: »Am schlimmsten finde ich, dass jemand wie Sie weiter auf der Erde herumläuft, während mein Vater jetzt unter der Erde liegt. Er war gut. Und sehen Sie sich an. Wahrscheinlich werden Sie hundert Jahre alt.«
    [179]  »Slim hat vorgeschlagen, dass wir jemanden finden, der mit Ihnen redet, einen Fachmann. Möchten Sie das?«
    »Nein. Ich könnte tausend Jahre lang darüber reden, und es ergäbe keinen Sinn.«
    »Aber vielleicht würden Sie sich dadurch besser fühlen.«
    »Auf einmal bin ich Ihnen nicht mehr egal?«
    »Nicht auf einmal. Sie waren mir von Anfang an nicht egal. Aber in diesem Beruf kann ich kein netter Kerl sein. Ich habe erfahren, dass man die Dinge am besten auf eine bestimmte Art regelt. Ich war nicht immer so.«
    »Darf ich jetzt gehen?«
    »Ja. Moment, Ihre Information – die übrigens falsch ist –, woher weiß ich, dass Sie sie nicht weitersagen?«
    »Ich kann Ihnen nur mein Wort geben.«
    Als ich mich umdrehte und die Hand auf die Türklinke legte, hörte ich ein Geräusch, das vielleicht noch nie ein Schüler gehört hatte: das jämmerliche Winseln eines Highschool-Direktors. Ich drehte mich wieder um, und er versuchte den Eindruck zu erwecken, als hätte er eine Schniefnase.
    »Alles in Ordnung?«
    »Es ist nur so schwierig«, sagte er stöhnend und schlug sich die Hände vors Gesicht. Ich konnte nicht anders, ich musste lachen. Als sein gerötetes Gesicht wieder hervorkam, musste ich mir auf die Lippe beißen, um nicht loszukichern. »Ich habe verstanden, was Sie gesagt haben. Wie war das noch gleich? Wenn man jung ist, gibt es nichts Schlimmeres, als dass die anderen denken, man sei gut?«
    »Etwas in der Art. Die Formulierung stammt nicht von mir.«
    [180]  »Aber dabei geht es nicht nur darum, dass andere Leute einen für gut halten. Es liegt an einem selbst. Man will selbst schlechte Sachen machen.«
    »Ja.«
    »Aber wenn sie so schlecht sind, warum bin ich, wie ich bin? Warum bin ich so gestrickt, dass ich sie machen will?«
    »Wenn ich das nur wüsste.«
    »Das ist bestimmt seltsam für Sie.«
    »Ja, Sir. Ein wenig surreal. Aber es geht schon.« Endlich konnte ich den Lachdrang unterdrücken und setzte mich wieder.
    »Ich war nicht immer so.«
    »Das haben Sie bereits erwähnt.«
    »Ich meine ganz früher. Da war ich überhaupt nicht so. Ich war überhaupt nichts. Haben Sie eine

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