Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich gehoere zu dir

Ich gehoere zu dir

Titel: Ich gehoere zu dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cameron W Bruce
Vom Netzwerk:
damals, ich war jung und mein Geruchssinn intakt.
    Ich hatte keine Ahnung, woher Victor das hatte wissen können und warum er mich an einer Stelle ausgesetzt hatte, von der aus ich diesen Ort finden konnte. Überhaupt war mir unklar, was er von mir erwartete. Da mir nichts Besseres einfiel, lief ich weiter am Fluss entlang und nahm denselben Weg wie vor all den Jahren mit Ethan.
    Als der Tag sich neigte, war ich hungriger als je zuvor im Leben und bekam Magenkrämpfe. Sehnsüchtig dachte ich an die alte Frau, die mich durch den Zaun gefüttert und kleine Fleischstücke in die Luft geworfen hatte, damit ich sie auffing. Bei der Erinnerung lief mir das Wasser im Maul zusammen. Am Flussufer wuchsen alle möglichen Pflanzen, die das Vorwärtskommen erschwerten. Je hungriger ich wurde, desto unsicherer wurde ich. Was sollte ich tun? War es richtig, dem Flusslauf zu folgen? Und wenn ja – warum?
    Ich hatte gelernt, dass mein Lebenssinn darin bestand, mit Menschen zusammen zu sein und ihnen zu dienen. Auf mich allein gestellt, so wie jetzt, war ich orientierungslos, hatte keine Aufgabe, kein Ziel, keine Hoffnung. Hätte mich in diesem Moment jemand am Flussufer entlangschleichen sehen, hätte er mich mit Fug und Recht für meine ängstliche erste Mutter halten können, die sich nur im Verborgenen vorwärtsbewegte. So weit war es mit mir gekommen! Das hatte Victors Zurückweisung aus mir gemacht!
    Ein großer entwurzelter Baum bildete eine natürliche Höhle, und als die Sonne unterging, suchte ich dort Unterschlupf. Ich war erschöpft und hungrig und hatte keine Ahnung, wie ich mit meinem neuen Leben fertigwerden sollte.
    Der Hunger weckte mich am nächsten Morgen, aber als ich die Nase in die Luft reckte, konnte ich nichts als den Fluss und den nahen Wald riechen. Weil mir nichts Besseres einfiel, lief ich weiter am Wasser entlang, aber ich bewegte mich langsamer als am Vortag, weil ich Bauchweh hatte und mich die Kraft verließ. Ich dachte an die toten Fische, die manchmal an Land gespült wurden, und fragte mich, warum ich mich damals am Ententeich lediglich darin gewälzt hatte. Warum hatte ich sie nicht gefressen, solange ich die Möglichkeit dazu hatte? Ein toter Fisch wäre mir jetzt mehr als willkommen gewesen, aber der Fluss schien nichts Essbares zu beherbergen.
    Mir war so elend zu Mute, dass ich es kaum merkte, als das unwegsame Flussufer in einen Fußweg überging, auf dem es vor menschlichen Gerüchen nur so wimmelte. Achtlos trottete ich weiter und blieb erst stehen, als der Weg steil bergan führte und in eine Straße mündete.
    Die Straße wiederum führte zu einer Brücke. Ich hob den Kopf und hatte das Gefühl, langsam wieder zur Besinnung zu kommen. Ich schnüffelte erregt und stellte fest, dass ich hier schon einmal mit Ethan gewesen war. Genau an dieser Stelle hatte der Polizist uns in seinen Wagen geladen und zur Farm zurückgebracht!
    Wie viele Jahre seither vergangen waren, konnte ich daran sehen, dass die kleinen Bäumchen am Anfang der Brücke, die ich damals markiert hatte, inzwischen riesig groß geworden waren. Also markierte ich sie erneut. Außerdem waren die schadhaften Planken der Brücke durch neue ersetzt worden. Aber abgesehen davon roch alles genauso wie früher.
    Ein Wagen kam auf mich zugefahren, als ich mitten auf der Brücke stand, und hupte. Ich sprang erschrocken zur Seite. Eine Minute später beschloss ich jedoch, ihm zu folgen und den Fluss hinter mir zu lassen.
    Ich wusste immer noch nicht, wohin ich gehen sollte, aber irgendetwas sagte mir, dass ich dieser Straße folgen musste, wenn ich die Stadt erreichen wollte, die ich kannte. In einer Stadt gab es Menschen, und wo Menschen waren, gab es auch Futter.
    An der nächsten Kreuzung folgte ich weiter meiner inneren Stimme und bog nach rechts ab. Doch als ich einen Wagen näher kommen hörte, drückte ich mich wie ertappt seitwärts ins hohe Gras. Ich kam mir vor wie ein böser Hund, ein Gefühl, das durch meinen Hunger nur noch verstärkt wurde.
    Doch dann hatte ich mein Ziel erreicht. Ich wanderte an vielen Häusern vorbei. Die meisten lagen hinter Gärten, ein Stück abseits der Straße, und oft wurde ich von Hunden angebellt, deren Revier ich wohl durchstreifte.
    Als das Tageslicht schwand und es Nacht wurde, kam ich an einem Haus vorbei, in dessen Nähe es nach Hund roch. Eine Seitentür öffnete sich, und ein Mann trat heraus. »Leo! Komm her, Leo! Zeit für dein Abendessen!«, rief er. In seiner Stimme lag diese

Weitere Kostenlose Bücher