Ich gehoere zu dir
diesen Spuren folgen musste.
Als ich ein paar Meter gelaufen war, blieb ich stehen, weil ich ein merkwürdiges Gefühl bekam. Ich drehte mich um und sah meine neue Mutter, die im offenen Gatter saß und mir nachschaute. Mir fiel der Blick ein, den meine alte Mutter mir zugeworfen hatte, ehe sie den Hof verließ. Aber mir war klar, dass meine neue Mutter mir nicht folgen würde. Sie zog es vor, bei ihrer Familie zu bleiben. Ich war auf mich allein gestellt.
Trotzdem zögerte ich keinen Moment. Ich wusste aus Erfahrung, dass es bessere Höfe gab als diesen, Höfe mit liebevollen Menschen, die einem das Fell streichelten. Ich wusste auch, dass es Zeit war, mit dem Saugen an Mutterzitzen aufzuhören. Es war der unvermeidliche Lauf der Dinge: Irgendwann musste jeder Hund von seiner Mutter Abschied nehmen.
Vor allem aber wusste ich, dass ich eine Chance bekommen hatte, der ich nicht widerstehen konnte. Ich musste die Welt erkunden, auf langen – wenn auch noch etwas tapsigen – Beinen.
Der Weg führte zu einer Straße, der ich weiter folgte, und zwar einfach nur, weil der Wind, der mir hier entgegenwehte, ganz wunderbare Gerüche mit sich brachte. Im Gegensatz zum Hof der Señora, wo alles staubtrocken war, roch es hier nach feucht-fauligem Laub, Bäumen und Wasser. Die Sonne schien mir ins Gesicht, und ich begann regelrecht zu hüpfen, genoss meine Freiheit und war zu jedem Abenteuer bereit.
Ich hörte den Lastwagen lange, bevor ich ihn sehen konnte, aber ich war so damit beschäftigt, einen Käfer mit ganz erstaunlichen Flügeln zu fangen, dass ich erst aufschaute, als die Tür zuschlug. Ein Mann mit sonnengegerbtem Gesicht und schmutzigen Kleidern kniete sich hin und streckte die Hände nach mir aus.
»Hallo, du Stromer!«, sagte er.
Ich sah ihn unsicher an.
»Hast du dich verlaufen? Was ist, kleiner Stromer? Verlaufen?«
Ich wedelte mit dem Schwanz und beschloss, dass der Mann in Ordnung war. Also ging ich auf ihn zu, und er hob mich hoch, bis über seinen Kopf, was mir gar nicht gefiel.
»Was für ein hübscher Bursche! Bist du ein reinrassiger Retriever? Wo kommst du her, du Stromer?«
Die Art, wie er mit mir sprach, erinnerte mich an den Moment, als die Señora mich zum ersten Mal Toby genannt hatte, und ich verstand: Genau wie meine erste Familie damals aus dem Bachbett geholt wurde, holte mich dieser Mann aus dem Gras. Von jetzt an würde er über mein Leben bestimmen.
Ja , dachte ich. Dann heiße ich von jetzt an eben Stromer . Ich war ganz entzückt, als er mich mit in die Fahrerkabine des LKW mitnahm und neben sich setzte. Auf den Vordersitz!
Der Mann roch nach Rauch und etwas Scharfem, das einem die Tränen in die Augen trieb und mich daran erinnerte, wie Carlos und Bobby manchmal an dem kleinen Tisch im Hof gesessen, geredet und eine Flasche hin und her gereicht hatten. Er lachte, als ich an ihm hochstieg, um ihm durchs Gesicht zu lecken, und er lachte auch, als ich den fremden starken Gerüchen in der engen Fahrerkabine nachschnüffelte.
Eine Zeit lang rumpelten wir dahin, dann hielt der Mann an. »So, hier ist etwas Schatten«, sagte er.
Ich schaute mich um. Der Wagen stand vor einem Haus mit mehreren Türen, und aus einer kam der gleiche scharfe Geruch wie der, den der Mann ausströmte.
»Ich nehme nur kurz einen Drink«, sagte der Mann. »Bin gleich zurück.« Dann kurbelte er die Fenster zu. Mir war nicht klar, dass er aussteigen wollte, bis er die Tür hinter sich schloss. Enttäuscht sah ich ihn in dem Haus verschwinden. Warum nahm er mich nicht mit?
Ich fand ein Stückchen Stoff und kaute darauf herum, bis es mir zu langweilig wurde. Dann legte ich den Kopf auf den Sitz, um ein Nickerchen zu machen.
Als ich wieder aufwachte, war es heiß . Die Sonne schien jetzt direkt auf den Laster, und in der Fahrerkabine war die Luft dünn und feucht geworden. Ich japste und winselte und stellte die Pfoten an die Tür, um zu sehen, wo der Mann abgeblieben war, aber ich konnte nichts von ihm sehen. Schnell nahm ich die Pfoten wieder herunter, denn an der Tür verbrannten sie fast.
Noch nie war mir so heiß gewesen. Die nächste Stunde lief ich auf den brütend heißen Vordersitzen hin und her und hechelte schneller als jemals zuvor. Irgendwann begann ich zu zittern, und ich konnte nur noch verschwommen sehen. Ich musste an den Wassertrog im Hof der Señora denken, an Mutters Milch, an den Strahl aus dem Schlauch, mit dem Bobby unsere Kämpfe beendete.
Dann tauchte unscharf ein Gesicht am
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