Ich gehoere zu dir
auch vermisst.«
Immer wenn er meinen Namen sagte, durchrieselte mich ein ungeheures Glücksgefühl. Er fuhr mir mit der Hand durchs Fell, und ich konnte gar nicht genug davon bekommen.
Der Junge war zurück!
Im Laufe der nächsten Tage musste ich allerdings feststellen, dass etwas mit ihm nicht in Ordnung war. Er hatte größere Schmerzen als je zuvor, und er konnte nur mit Mühe gehen. Meist war er traurig und deprimiert, aber manchmal, wenn er untätig am Fenster saß und hinausschaute, packte ihn auch finstere Wut.
In den ersten ein, zwei Wochen fuhr er mit Mom jeden Tag im Auto weg, und wenn er zurückkehrte, war er müde und verschwitzt und legte sich meist sofort hin, um zu schlafen. Draußen wurde es wärmer, und die Blätter an den Bäumen kehrten zurück. Wenn Mom zur Arbeit fuhr, blieb ich mit dem Jungen allein in der Wohnung zurück – und mit Felix natürlich, der aber nichts anderes im Sinn hatte, als Mittel und Wege zu finden, um aus der Wohnung zu fliehen. Ich hatte keine Ahnung, was er sich von der Welt da draußen erwartete. Eigentlich hatte der Junge ihm strikt verboten, die Wohnung zu verlassen, aber Felix hielt sich einfach nicht an Regeln, was ich ihm ziemlich übelnahm. Oft kratzte er an einem Pfosten im Wohnzimmer herum, aber als ich ein einziges Mal das Bein an dem Ding hob, wurde ich wüst beschimpft. Felix leerte seinen Fressnapf nie ganz, aber niemand bedankte sich bei mir, wenn ich ihn blitzblank ausschleckte – im Gegenteil, auch dafür wurde ich ausgeschimpft. Ich hätte nichts dagegen gehabt, wenn Felix seine Fluchtpläne in die Tat umgesetzt hätte, denn dann hätte ich endlich meine Ruhe gehabt. Andererseits machte es Spaß, mit ihm herumzubalgen, ich durfte nur nicht zu grob werden. Manchmal machte Felix sogar mit, wenn Ethan einen Ball durch den Flur rollte, und rannte sofort los, wenn sich der Ball in Bewegung setzte, aber meistens zog er sich dann rechtzeitig zurück, um mich den Ball schnappen und zu Ethan zurückbringen zu lassen. Diese sportliche Geste wusste ich zwar zu schätzen, aber eigentlich hatte der Kater ja auch kaum eine andere Wahl, denn immerhin war ich der Hund und damit der Boss.
In der Wohnung war es nicht so schön wie auf der Farm, noch nicht mal so schön wie in unserem Haus, und trotzdem war ich glücklich, denn der Junge blieb fast den ganzen Tag lang zu Hause.
»Ich denke, langsam wird es Zeit, dass du wieder zur Schule gehst«, sagte Mom eines Abends beim Essen. Ich wusste, was »Schule« bedeutete und sah den Jungen gespannt an. Er verschränkte die Arme vor der Brust, und ich spürte, wie traurig und wütend er war.
»Ich bin noch nicht so weit«, sagte er und berührte die tief violette Narbe auf seiner Wange. »Ich kann noch nicht gut genug gehen.«
Ich setzte mich auf. Gehen? Wohin? Durfte ich mit?
»Ethan, du brauchst dich nicht …«
»Ich möchte nicht darüber reden, Mom!«, schrie Ethan.
Ethan schrie Mom sonst nie an, und ich spürte, dass es ihm sofort leidtat, aber keiner von beiden sagte noch etwas.
Einige Tage darauf klopfte es an die Tür, und als Ethan öffnete, kamen lauter Jungen in die Wohnung. Einige erkannte ich am Geruch wieder. Es waren die Jungen, mit denen Ethan auf dem großen Feld Football gespielt hatte, und sie nannten mich beim Namen. Ich schaute mich nach Felix um, um zu sehen, wie er darauf reagierte, dass ich so klar die Nummer eins war, aber er tat, als sei er kein bisschen eifersüchtig.
Die Jungen lachten, unterhielten sich laut und standen etwa eine Stunde lang in der Wohnung herum. Ich spürte, wie Ethan leichter ums Herz wurde. Das wiederum machte mich glücklich, und so holte ich einen Ball und trug ihn im Maul durchs Wohnzimmer. Ein Junge schnappte ihn mir weg und rollte ihn durch den Flur. Das spielten wir dann ein paar Minuten lang.
Einige Tage nach dem Besuch der Jungen stand Ethan früh morgens mit Mom auf, und dann fuhren sie zusammen fort.
Schule!
Der Junge ging jetzt an einem glatt polierten Stock, wenn er die Wohnung verließ. Es war ein ganz besonderer Stock. Der Junge warf ihn nie weg, um ihn von mir zurückholen zu lassen, und ich begriff instinktiv, dass ich nicht darauf herumkauen durfte, nicht mal ganz vorsichtig.
Ich hatte keine Ahnung, wohin die Fahrt gehen sollte, als wir eines Tages alle zusammen in den Wagen stiegen, aber ich war trotzdem aufgeregt. Autofahren war immer aufregend, egal wohin.
Dann stiegen mir bekannte Gerüche in die Nase, von dem Bach und der Straße, in der
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