Ich glaub, ich lieb euch alle
könnte.« Ich lache. » Ich meine damit, dass ich nicht kann. Meine Freunde würden mich nie gehen lassen.«
» Das ist doch lächerlich; du solltest einfach zum Vorsprechen kommen. Du wirst bestimmt großen Spaß dabei haben«, meint sie.
» Oh, klar, Miss McDougle, das ist genau das, was ich für mein Selbstwertgefühl brauche… dass man mich wieder irgendwo rauswirft. Vielen Dank, aber da mach ich nicht mit«, sage ich.
Sie verschränkt die Arme und erklärt allen Ernstes: » Du weißt doch, dass du einer meiner besten Schüler bist.«
» Nein, bin ich nicht«, erkläre ich rundheraus. » Ich steh in Ihrem Kurs auf einer glatten Fünf.«
» Aber nur, weil du deine Hausaufgaben nie machst und du die Prüfungen jedes Mal vermasselst. Aber wenn es um die richtige Schauspielarbeit geht, bist du wirklich einer der Besten«, sagt sie.
» Tatsächlich?«, frage ich. » So was wie ein ungeschliffenes Talent, meinen Sie?«
» Ähm, sicher«, erwidert sie. Vielleicht will sie ja bloß, dass ich mich besser fühle, aber das funktioniert tatsächlich. Ich bin also einer der besten Schauspieler der ganzen Schule, wie?
» Meine Kumpels würden mich echt total verarschen, wenn ich bei dem Stück mitspiele.«
» Du bist einer der beliebtesten Jungs an der Schule, Carter. Wer sollte dich denn verarschen?«, will sie wissen.
» Nee, Sie denken das doch bloß, weil die ganzen Kids, mit denen Sie zu tun haben, totale Theaterfreaks sind«, sage ich. » Ich bin in Wirklichkeit gar nicht so cool. Vielleicht vergleichsweise cool, aber nicht richtig.«
» Nun, ich will nicht betteln, aber ich bin mir sicher, dass du deinen Spaß haben würdest. Das Stück heißt Schwere Jungen – leichte Mädchen, und wir brauchen dringend noch Jungs. Vielleicht darfst du ja eine Federboa und einen engen Hosenanzug tragen. Möchtest du denn nicht gern einen Gangster spielen?«, fragt sie.
Moment mal, ein Kostüm? Das klingt irgendwie ganz okay. Ich könnte einen spitzenmäßigen Gangsta abgeben! Und wenn ich auch nur ein Haar am Kopf hätte, würde ich es mir mit Pomade zurückschlecken.
» Deine › coolen ‹ Freunde brauchen ja nichts davon mitzubekommen, dass du dich für das Stück bewirbst«, fährt sie fort. » Du könntest aber auch das Beleuchtungsteam unterstützen oder am Bühnenbild mitarbeiten.«
Auf gar keinen Fall. Nicht, nachdem mir ein Kostüm in Aussicht gestellt worden ist. Ich mach das! Ich werd auf jeden Fall für Schwere Jungen – leichte Mädchen vorsprechen!
Porno! Das Musical
Scheinbar verbreiten sich schlechte Neuigkeiten ziemlich schnell, denn als ich nach Hause komme, sind die Truppen dort bereits mit Taschentüchern und mit Mitgefühl bewaffnet. Ich schätze, die erwarten, dass ich total durch den Wind bin, weil ich nicht im Baseballteam aufgenommen wurde, aber ich fühl mich gar nicht mal so schlecht. Ich hasse es, zurückgewiesen zu werden, aber auf diese ganze Theatersache bin ich ziemlich stolz. Meine Mom macht den Eindruck, als würde sie gleich ein paar Tränen für mich vergießen wollen, und meine Schwester sieht total sauer aus. Ein Megaschock.
» Ich kann einfach nicht glauben, wie diese Idioten meinen Bruder aus dem Baseballteam werfen konnten!«, schimpft Lynn. » Ich werd diesem Coach ordentlich meine Meinung sagen. Selbst Nick hat gemeint, dass du deine Sache richtig gut gemacht hast.«
» Bitte rede mit niemandem drüber. Nick hat gelogen. Ich bin nicht gut im Baseball«, erkläre ich.
Meine Mom kommt wieder an mit den üblichen Worten: » Aber sicher bist du das, Liebling. Du bist doch in allem gut, was du versuchst.«
» Nein.« Ich grinse. » Aber das passt schon. Ich glaub, ich werd mich stattdessen für das Theaterstück bewerben.«
Lynn klappt die Kinnlade runter. Aufregende neue Entwicklungen. Sie macht wegen dieser Sache sogar noch einen betroffeneren Eindruck als wegen der Baseballpleite. Sie kneift ihre Augen zu ganz engen Schlitzen zusammen und meint: » Oh nein, das wirst du nicht tun! Nur Idioten spielen Theater. Du bist doch mein Bruder!«
Mom eilt mir schnell zu Hilfe: » Das ist nicht wahr, Lynn! Wenn er in dem Stück mitspielen möchte, dann ist das doch großartig.«
» Nein, nein und noch mal nein, das ist nicht › großartig ‹ . Das ist nicht gut. Das ist noch nicht einmal okay. Das ist nicht im Entferntesten sozial vertretbar«, jammert Lynn los. » Alle werden ihm aus dem Weg gehen! Dank meiner ständigen aufopferungsvollen Bemühungen und meiner Führung ist
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