Ich glaub, ich lieb euch alle
schlechter sein als der ganze Rest.
» Okay.« Sie gibt sich geschlagen, senkt den Kopf und wendet sich zum Gehen. Sie verlässt die Bühne und sieht dabei so endlos traurig aus. Ihre Schultern beginnen zu beben, als sie die Treppe runtermarschiert.
» Neee, das könnt ihr nicht machen«, sage ich und trete raus ins Scheinwerferlicht. » Wäre es okay, wenn ich den Brando-Part für sie übernehme?« Mann, ich kann es echt nicht ertragen, dieses Mädel weinen zu sehen. Das wird eine Blamage werden!
» Sicher«, erwidert Miss McDougle.
» Nein«, sagt Abby, während ihr eine Träne übers Gesicht läuft. » Das ist nicht okay. Ich will nicht mit ihm zusammen vorsprechen.«
Miss McDougle ignoriert Abbys Einspruch und fragt mich: » Und warum hast du dich nicht gleich für die Rolle des Sky beworben, Carter?«
» Oh, äh, hier drinnen ist es schön ruhig, aber außerhalb dieser Türen herrscht das Chaos. Ein Typ hat mich angeknurrt, als ich der Anmeldeliste zu nahe kam. Ich möchte bloß, dass Abby noch vorsingen darf«, erkläre ich.
» Nein, nein, ich will wirklich nicht mit jemandem zusammenarbeiten, der nichts mit Theater am Hut hat«, meint sie total abfällig.
Sieh mal einer an. Da versucht man einmal, nett zu sein, und was kriegt man dafür? Eine Frechheit! » Ach, jetzt reiß dich zusammen, Avery!«, sage ich. » Komm verdammt noch mal hier hoch und spiel deine Rolle!«
Sie wirft mir einen finsteren Blick zu und kommt wieder auf die Bühne zurückmarschiert. Vielleicht hat sie ja wieder einmal vor, mir eine zu schmieren, deshalb warte ich gar nicht erst, bis sie bei mir ist, sondern zeige mit dem Finger auf sie und schleudere ihr die erste Textzeile entgegen. » Ich brauche Ihre Hilfe. Ihre Gesellschaft morgen beim Abendessen.«
Ihr klappt die Kinnlade runter, sie wird knallrot im Gesicht und zischt mich an: » Mr Masterson, warum sind Sie hierhergekommen?«
Abby ist großartig! » Ich hab’s doch gesagt, ich bin ein armer Sünder«, sage ich.
» Entschuldigen Sie, aber Sie sind ein Lügner.«, kommt es schnippisch zurück.
Ich hab noch nicht mal das Skript in meiner Hand. Ich hab die Szene schon so viele Male gesehen, dass dieser Mist nur so aus meinem Mund hervorgesprudelt kommt. Ich verziehe das Gesicht zu einem Grinsen und sage: » Nun, lügen ist eine Sünde. Und das brauchen Sie doch, Sünder, nicht wahr?«
Das Grinsen macht sie stinksauer. » Wir kommen schon zurecht.«
Ich nähere mich ihrem Gesicht und sage ganz leise: » Warum lassen Sie mich Ihnen nicht helfen? Ich möchte wetten, ich könnte diesen Laden vollkriegen mit Sündern.«
Sie stößt mich von sich und brüllt: » Ich würde niemals wetten.«
Ich schnappe mir ein Skript, das auf dem Klavier liegt, weil ich mich gerade nicht erinnern kann, was als Nächstes kommt. Sie schaut nicht auf ihr Skript. Sie schaut allein mich an. » Ich mache Ihnen eine Offerte«, sage ich völlig cool.
Sie sieht mich wütend an. » Wofür halten Sie mich?«, fragt sie abschätzig.
» Gehen Sie mit mir zum Abendessen«, erwidere ich und klinge wie ein Zuhälter. Oh Mann, ich bin echt der Gangster der Liebe! Das ist jetzt die Szene, in der ich sie dazu überrede, mit mir nach Cuba zu fahren. Abby und ich wechseln uns nun eine ganze Weile im Dialog ab. Bei ein paar von den Textzeilen vertun wir uns, aber mit dem Gefühl liegen wir definitiv richtig. Ich bin so verdammt cool und das macht sie so richtig sauer. Einmal aber hat sie mich, glaube ich, angelächelt. Das gefällt mir! Ich nenne Abby » Puppe«, » Dame«, » Frauenzimmer« und » Baby«. Sie hasst das, aber was kann sie schon dagegen ausrichten? So steht es nun mal im Skript!
Ich sage: » Warum verkünden Sie nicht einfach: Kommt alle zur Mission, abgesehen von euch Männern. Ich hasse Männer!«
Sie versucht, mit ihrem Text zu erwidern. » Ich hasse niemanden.«
Doch da unterbreche ich sie schon mit meinem Einsatz: » Von mir einmal abgesehen. Ich bin froh, dass Sie nur mich persönlich hassen und nicht alle Kerle!«
Mann, es fühlt sich so verdammt gut an, Abby anzubrüllen. Und auch ihr scheint es riesigen Spaß zu machen, mich anzuschreien. Ich ziehe über all die Typen her, mit denen sie je ausgegangen ist und über all die Spießer, mit denen sie in ihrem Leben noch ausgehen wird. Und sie brüllt zurück, dass sie einen wie mich niemals als ihren Freund möchte. Schäumend vor Wut erklärt sie mir, dass sie nie mit einem Schwachkopf, Spieler oder einem von Satans Jüngern
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