Ich glaub, mich tritt ein Kind: Bekenntnisse einer Schwangeren und schonungslose Wahrheiten einer dreifachen Mutter (German Edition)
die Pest kriegen! Salat zu Mittag: viel zu riskant wegen der ständigen Toxoplasmose-Gefahr. Äpfel, Nektarinen, Erdbeeren: dasselbe Problem. Frischkäse, Lachssandwich, Nudelsalate: schon mal was von Listeriose gehört? Also esse ich auf Nummer Sicher wie Ringo Starr, der sich, als er in den Siebzigern mit den Beatles nach Indien zog, drei Monate lang ausschließlich von Konserven ernährte. Selbst geschmierte Käsebrötchen, Suppen und Nudelgerichte. Bundeswehrnahrung.
Abends dann haben sich meine Beschäftigungsmöglichkeiten auf Null reduziert. In die Kneipe? Bloß nicht, wegen der Passivrauchgefahr! Und die ist angeblich nicht ohne. So haben kanadische Wissenschaftler herausgefunden, dass selbst eine geringe Nikotinbelastung des heranwachsenden Kindes in der Gebärmutter dazu führen kann, dass die Reaktionsfähigkeit des Säuglings auf Sauerstoffmangel erheblich beeinträchtigt wird.Alkohol und Kippen sind ohnehin tabu. Laute Musik? Besser nicht. Erhöht nur Babys Herzschlag. Dass all diese Entsagungen nicht gerade dazu beitragen, meine Laune zu heben, erklärt sich von selbst.
Und gestern Abend war es dann mal wieder so weit. Die schwangere Heulsuse verdrückt an der Supermarktkasse fast eine Träne, weil sie, verdammte Schwangerschaftsdemenz sei Dank, ihre EC-Karte vergessen hat und ihre Schokosahne-Desserts nicht bezahlen kann. Mein Freund? Nicht da. Muss länger arbeiten. Endlich ein echter Grund loszuheulen. Als er später nach Hause kommt, sitze ich in Wollsocken auf der Couch und schaue einen Kitschfilm. »Es sind die Hormone«, sage ich zu ihm mit großen tränengefüllten Bambi-Augen. »Das ist ganz normal«, antwortet er – ohne zu ahnen, dass sein Mitgefühl eine Steilvorlage für meine nächste Heulattacke wird. Und so geht es noch eine ganze Weile, bis sein ganzes T-Shirt nass geheult, voller Wimpertusche ist und ich schon fast wieder über mich selbst lachen muss. Aber jetzt mal ehrlich: Was mache ich bloß falsch? Oder warst du genauso? Wie kann denn aus einer Weltenbummlerin innerhalb weniger Wochen so eine Waschlappen-Tussi werden? Wie kommt es, dass ich die Stadt nicht mehr verlasse, weil ich mich nicht mehr als fünf Kilometer von der Frauenarzt-, HNO- und Zahnarztpraxis meines Vertrauens befinden möchte? Und das Wichtigste: Wann werde ich meine Superfraukräfte endlich zurückbekommen? Werde ich doch, oder? Ein bisschen Mitgefühl jetzt bitte!
Liebe Caro,
ich habe mich damals in der Schwangerschaft gefragt: Was soll sich nach der Geburt ändern? Meine Wohnung bleibt die Gleiche, mein Mann bleibt der Gleiche, mein Auto auch. Aber: das ist nicht so.
Nach kurzer Zeit wird dein Auto nach gegorener Milchkotze stinken, dein Mann kriegt graue Haare vor lauter Schlafmangel, eure Gespräche drehen sich nicht mehr um interessante Filme oder berufliche Erlebnisse, sondern um Windelinhalte (VorsichtKlischee!), und deine Wohnung liegt voller süßrosa und hellblauer Plüschdecken – manchmal, wenn die PEKiP-Gruppe zum Tee vorbeikommt, sogar voller nackter Babys.
Weit weg sind dann die Fernreisen deiner Vergangenheit. Und plötzlich kommt da dieses mulmige Gefühl: Werd ich so was jemals wieder machen können? Die Antwort ist: Ja! Dein Kind diktiert dir nicht die Welt, du hast immer noch die Macht, Prioritäten zu setzen, lass dir da mal nichts einreden. Trotzdem ist es natürlich eine Herausforderung, mit Kind zu reisen.
Urlaub bedeutet dann nicht mehr Strandliegen, sondern: Verlagerung des Arbeitsplatzes an einen anderen (hoffentlich schöneren) Ort. Was du in deiner Frage beschreibst, das sind schon alles Vorboten für das, was dich erwartet, wenn dein Baby erst auf der Welt ist. Nimm deine Sorgen ruhig ernst, erhöhte Achtsamkeit ist gut! Vor allem, solange du noch in einer großen Stadt wohnst, in der auf den Spielplätzen Glasscherben, Spritzenreste und Kippen in den Mund deines Kindes wandern, weil es doch so spannend ist, wie sich das alles so anfühlt auf der Mundschleimhaut. Du wirst dir wünschen, es hätte nur Nagellackentferner-Spritzer abbekommen, wenn du irgendwann die Windel öffnest und zwischen frisch verdautem Pastinakenbrei ganze Zeitungsstücke findest, die dein Kind beim Frühstück offenbar verköstigt hat. Dann wirst du merken: Wow, mein Kind überlebt so was! Lecker Druckerschwärze! Genieß deinen erhöhten Adrenalinspiegel, statt dich über ihn zu ärgern. Er sorgt nicht nur dafür, dass du dein Kind vor Gefahren schützt. Er verbrennt auch Kalorien! Schlank und
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