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Ich glaub, mich tritt ein Kind: Bekenntnisse einer Schwangeren und schonungslose Wahrheiten einer dreifachen Mutter (German Edition)

Ich glaub, mich tritt ein Kind: Bekenntnisse einer Schwangeren und schonungslose Wahrheiten einer dreifachen Mutter (German Edition)

Titel: Ich glaub, mich tritt ein Kind: Bekenntnisse einer Schwangeren und schonungslose Wahrheiten einer dreifachen Mutter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Rosales , Lisa Harmann
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Caro,
mach dich mal locker. Ich kann deine Angst ja verstehen, aber mit der Vehemenz, mit der du gegen die drohenden Veränderungen in deinem Leben ankämpfst, wirkst du auf mich, wie soll ich sagen, ja, irgendwie spießig. Weißt du eigentlich, was das Wort bedeutet? Ich kopiere dir hier gern mal den Wikipedia-Eintrag zum Thema rein:
    »Als Spießbürger oder Spießer werden in abwertender Weise engstirnige Personen bezeichnet, die sich durch geistige Unbeweglichkeit, ausgeprägte Konformität mit gesellschaftlichen Normen, Abneigung gegen Veränderungen der gewohnten Lebensumgebung auszeichnen.«
    Gut, die »ausgeprägte Konformität mit gesellschaftlichen Normen« mag dir vielleicht noch fremd sein, aber lass dir mal den letzten Satz auf der Zunge zergehen. »Abneigung gegen Veränderung der gewohnten Lebensumgebung«. Wenn wir das mal nicht geografisch, sondern psychologisch betrachten, dann heißt das: Ich will, dass alles so bleibt, wie es jetzt ist. Und das ist genau dein Problem, Madame. Das geht nämlich nicht! Denn schon bald zieht ein neuer Kerl in deine WG ein. Und dieser Kerl ist so ungefähr der spießigste Mensch, der dir je begegnet ist. Ein richtiger Beamter, unflexibel, ordnungsliebend, der immer zurgleichen Uhrzeit essen will, der Abwechslung verabscheut, der auf Neues mit Reizüberflutungsschreien reagiert – dein Baby! Und um nicht jeden Tag zum Kampf zu machen, passt du dich als Elternteil eben an. Nicht ohne Gegenwehr natürlich. Du wirst von deinem hippen Townhouse schwärmen, statt zuzugeben, dass du jetzt ein völlig überteuertes Bonsai-Reihenhaus im Nirgendwo besitzt.
    Dort oder woanders hockst du dann mit deinem kleinen Spießer. Die Arbeitskollegen arbeiten weiter, während du stillend in der Bude hängst, deine Partyfriends feiern ihre Orgien ohne dich und deine Wohnung – die wird irgendwann kindgerecht hergerichtet, deine Hanfplantage wandert nach ganz oben ins Regal und der Rest deines Hausstandes auch. Ich seh schon deinen Blick vor mir, während du das liest, die kalte Panik überkommt dich. Tut mir auch leid.
    Aber jetzt ist eben erst mal Baby dran. Eine Phaaase, meine Liebe. Du scheißt auf deinen Style, wenn da grad ein echter Mensch aus deinem Bauch gekrochen ist (und vertraust blind darauf, dass in deinem Kleiderschrank ja immer noch die hippen Oberteile hängen. Ha!). Aber fürchte dich nicht: Mit Kindern ist das Leben nicht vorbei. Du legst den alten Teil deines Ichs eben nur mal kurz in die Warteschleife und kümmerst dich um den neuen.
    Dein Baby wird dir jetzt erst mal zeigen, dass es da noch etwas Wichtigeres gibt als dich und deine Hipster-Gewohnheiten. Und wenn ein Wohnmobil oder Kombi dafür sorgt, dass du eben nicht mehr fluchende Stunden zum Zusammenklappen des Kinderwagens brauchst, während der Fuzzi schreit, dann kaufst du dir halt eins! Und wenn dieses dämliche Winnie-Puh-Verdeck am Fenster dafür sorgt, dass dein Baby weiterschlafen kann, obwohl die Sonne scheint, dann hängst du so ein Ding auf. Pragmatismus versus Style. Deine Prioritäten verschieben sich!
    Gestern hatte ich ja Besuch von Freunden. Sie sagten: Ui, ist das die gleiche Wohnung wie vor drei Jahren, als die Zwillinge neugeboren waren?
    Ja, sagte ich.
    Kaum zu glauben, fanden sie.
    Und das lag nicht nur daran, dass jetzt auf dem gesamten BodenSpielzeug rumlag, Bobbycar-Bremsspuren das Parkett zierten und die Wände voller Kindermatschkunstwerke hingen. Sie sagten: Lisa, du hast uns damals mit den Worten »Ich hab seit drei Wochen nicht mehr geschlafen« begrüßt und es sah aus wie im Schweinestall. Du übrigens auch.
    Und ich gebe zu: Es war auch unmenschlich, wirklich. Kein Schlaf, drei schreiende Minikinder, Doppelstill-Alarm, ein berufstätiger Mann. An Make-Up oder gestylte Haare hab ich zu der Zeit nicht im Traum gedacht. Da wollte ich einfach nur die nächsten zwei Stunden des Tages überstehen.
    Und wenn dann die Kinder schlafen und über dir die ganze Nacht ein frisch verliebtes Pärchen poppt, dann bist du geneigt, die Polizei anzurufen, weil du S_C_H_L_A_F_E_N willst. Spießigkeit hin oder her, da geht es ums Überleben.
    Meine Freundin Frieda fragt sich ja eh, warum wir bloß alle so viel Angst vorm Spießertum haben. Ich habe ja selbst gerade einen zweiwöchigen All-inclusive-Urlaub hinter mir! Ich! Die ich mit meinem Kerl auf eigene Faust durch Nord-Uganda gereist bin, die ich eine Woche lang beim Kriegsberichterstattungstraining in Hammelburg mit schusssicherer Weste rumrannte

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