Ich glaub, mich tritt ein Kind: Bekenntnisse einer Schwangeren und schonungslose Wahrheiten einer dreifachen Mutter (German Edition)
und die sich ganz feministisch in ihrem Heimatkaff für die Gründung einer Frauenfußballmannschaft beim TuS Immekeppel eingesetzt hat. Und ich sag dir was: Es war wunderbar! Mit dem Klicken des Plastikbändchens um mein Handgelenk war ich nämlich für zwei Wochen: sorgenfrei. Die Kids wurden betreut, ich konnte lesen, ich brauchte nicht einkaufen, nicht wischen, nicht kochen, nicht aufräumen. Spießigkeit kann so schön sein! Endlich hatte ich Zeit, mal wieder zu mir zu kommen, zu kapieren, wer ich eigentlich bin oder mal war. Warteschleife ausgeschaltet. Und mal geschaut, was ich sonst noch so bin, außer Mutti. Schnell die Mosaiksteinchen meines alten und meines neuen Lebens zusammen in ein Sieb gekippt und durchgeschüttelt. Die schönsten Steine aus allen Phasen rausgesiebt und ein nettes neues Lisa-Mosaik geformt.
Und auch wenn deine Steinchen jetzt nach der Geburt erst mal durcheinandergewirbelt werden – da kommst du auch wieder hin! Und dann wirst du sehen, ob dich dein neues, gereiftes Caro-Kunstwerkin ein Reihenmittel… äh, Townhouse … oder zurück in dein altes, flexibles Hipsterleben führt. Tu mir nur einen Gefallen: Vergiss Christine Neubauer.
25.
Vom Dancefloor in den Kreißsaal – Darf ich im
neunten Monat noch in die Disko oder fremdflirten?
Liebe Lisa,
ich war mal ein ganz wildes Ding. Ist erst ein paar Monate her. Sogar eine Art Partygirl. Ich hatte eine wöchentliche Zeitungskolumne, die hieß »Andere Leute« und beschäftigte sich mit Ruhm, Glanz und den verrückten Vögeln der Nacht. Zusammen mit meiner Fotografin und besten Freundin zog ich von Party zu Party, tanzte mir die Absätze meiner Stilettos bis acht Uhr morgens platt, badete in Konfetti und kam erst nach Hause, wenn ich mich vor Trunkenheit am Tresen festhalten musste oder mein Kerl mich über die Schulter warf und ins Bett brachte. Was für eine Zeit!
Ich fühlte mich so frei, war immer perfekt frisiert und viel zu kühl angezogen.
Tja, und heute? Heute sitze ich happy und schwanger in Frottee-Trainingshose zu Hause und bereue nichts. Vor allem dann nicht, wenn mein Baby abends Disko macht und fröhlich gegen meine Bauchdecke tritt.
Nur neulich, da hat es mich dann doch gepackt. Es war halb elf abends, ich saß mal wieder vor dem Fernseher, zog mir ’ne DVD und einen Becher Häagen-Dasz-Eis rein, als ein guter Freund anrief: »Was ist los, Rosales? Ich stehe hier bei so ’ner Musik-Gala im Esplanade. Alles ganz schick hier. Komm doch auf ’nen Drink vorbei. Stehst auf der Liste!« Ich überlegte nur kurz: »Ja, warum eigentlich nicht?« Minuten später stand ich mäßig aufgetakeltin Schwangeren-Jeans und schwarzem Blazer vor meiner Tür und wartete auf mein bestelltes Taxi. Caro auf dem Weg zu einer Fete! Und das in der 38. Woche! Schlafen konnte ich in letzter Zeit ohnehin nicht mehr.
Angekommen auf der Party bekam meine Euphorie jedoch sofort einen Dämpfer, als ich einem Kollegen von der Zeitung in die Arme lief. »Caro, was machst du denn hier?«, entfuhr es ihm besorgt, als hätte er mich im Pyjama im Supermarkt erwischt. Ehrlich, Lisa, ich wusste nicht einmal, was ich antworten sollte. Der Satz klang so wie: Solltest du nicht längst zu Hause sein? Weiß dein Mann, dass du hier bist? Hast du überhaupt gefragt? Ich war perplex. Ab diesem Moment war der Abend eigentlich schon gelaufen. Ich lavierte mich genervt durch die Menge, ständig hatte ich das Gefühl, meinen Bauch im Gemenge gegen brennende Zigaretten, drängelnde Menschen oder spitze Designerhandtaschen verteidigen zu müssen.
Dazu quatschten mich den ganzen Abend nur die Sorte von Bekannten an, die man eigentlich nur nach zwei starken Mojitos erträgt. »Du bist ja schwanger! Und welche Woche? Junge oder Mädchen? Habt ihr schon ’nen Namen?« Die Klassiker halt. Und dazu die Blicke von allen Seiten. Lisa, ich sag es dir! Als wäre ich gerade einem RTL-Nachmittagsformat entsprungen. Nach dem Motto: »Guck dir die asoziale Schwangere an. Wahrscheinlich raucht sie gleich heimlich eine auf der Toilette! Ob das wirklich nur ein O-Saft ist, den sie da trinkt? Was für eine Prolette. Also ich würde das meinem ungeborenen Kind ja nie antun.« Meine Laune war im Keller.
Fazit: Nach einer halben Stunde beschloss ich, das Gewühle und die gesellschaftliche Ächtung nicht mehr hinzunehmen, gab meinem Kumpel ein Abschiedsküsschen und sprang ins Taxi! Gerade noch rechtzeitig, bevor die aufgebrachte Meute versucht hätte, mir ein Leibchen mit einem
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