Ich glaub, mich tritt ein Kind: Bekenntnisse einer Schwangeren und schonungslose Wahrheiten einer dreifachen Mutter (German Edition)
mich dieses sich an die Bedürfnisse des Kindes anpassende Getränk auch daran.
Trotzdem kann man es mit der Muttermilch-Euphorie natürlich auch maßlos übertreiben. Wenn ich lese, dass in London Speise-Eis aus Menschenmilch hergestellt und verkauft wird, dann hört bei mir der Spaß auf. In einem Online-Artikel lese ich sogar von der Herstellung von Muttermilchkäse. Bäh.
Du siehst, das ganze Thema weckt Emotionen. Jeder kann oder will mitreden. Mythen werden gesponnen, vom Aufbeißen der Brustwarzen (so ein Quatsch! Klar können die Brustwarzen durch die ungewohnte Belastung mal bluten, aber die werden sicher nicht aufgebissen, zumal Säuglinge in der Regel ohne Zähne zur Welt kommen), von Frauen, die zu wenig Milch haben (Studien belegen, dass das nur in sehr seltenen Ausnahmefällen geschieht), von Nächten, die mit Flaschenkindern viel ruhiger sind (Humbug!). Es ist also extrem wichtig, eine gute Hebamme oder Stillberaterin an der Seite zu haben, die uns aufklärt und Mut macht. Denn Stillen ist schwer! Wir müssen das erst lernen!
Gut also, dass es Vereine und Verbände gibt, die sich, teils ehrenamtlich, um die Ermutigung zum Stillen kümmern und sich um den Ruf des Stillens bemühen. Das ist durchaus nötig, wie eine Studie der Montana State University beweist. Diese ergab, dass stillende Frauen von ihrer Umgebung als weniger kompetent angesehen werden! Stillende Mutter = dumm. Als würde uns die Milch die Hirnzellen aus dem Kopf ziehen. Trotzdem gibt es natürlich auch einige überzeugte Stillbefürworter, die es einfach zu weit treiben.
Im Netz werden sie als »Stillmafia« bezeichnet, in dem Buch ›Babybeschiss‹ ist gar die Rede von »Still-Ajatollahs«. Gemeint sind die Leute, die ihr Leben der Pro-Muttermilch-Bewegung verschrieben haben und mit aller Härte vorgehen. Ich habe gehört, dass Elternzeitschriften Probleme haben, ein Statement von einem Stillexperten zu bekommen, wenn dort auch Werbung für Säuglingsanfangsnahrung, Schnuller oder Stillhütchen geschaltetwird. Da herrscht ein simples Ausschlussprinzip. Pulvermilch und Kautschuk-Helfer: böse. Muttermilch: heilig.
In den USA, dem Land der Extreme, wird Muttermilch mittlerweile als »Weißgold« bezeichnet und damit ist sogar Geld zu verdienen! Auf der Website »Only the Breast« bieten Frauen ihr tiefgefrorenes »flüssiges Gold« an, weil natürlich auch die Staaten nicht verschont blieben von der Bio-Öko-Hysterie und Frauen ohne eigene Muttermilch lieber zu natürlicher Fremdmilch greifen, als zu künstlichen Babyprodukten.
Eine ganze Marketingmaschine für das Natürlichste auf der Welt rollt da durch die Welt und schwappt eben auch zu uns. In der Schweiz geht diese Maschine so weit, dass sich Mütter bereits öffentlich gegen den »Stillzwang an Geburtskliniken« wehren. Was läuft da schief? Wieso ist es so schwer, einen Mittelweg zu finden?
Perfekt wäre eine umfassende, von der Krankenkasse bezahlte Stillberatung für jede Schwangere, sodass sie nach der Geburt einen eigenen, wohlüberlegten Entschluss fassen kann. Ohne Zwang.
Ja, Stillmilch passt sich wunderbar der Entwicklung des Babys an, ist immer warm und immer verfügbar, es soll Allergien vorbeugen und kann auf wunde Bauchnäbel, auf Babyakne und sogar ins verstopfte Kindernasenloch gegeben werden, aber es beschränkt die Frau natürlich auch in ihrer Freiheit, kostet viel Zeit, kann die Sexualität beeinflussen und zu fiebrigen Entzündungen führen etc.
So eine Allround-Pro-und-Contra-Aufklärung ist noch immer nicht selbstverständlich. Viele Frauen, die nicht stillen, haben ein schlechtes Gewissen, viele Mütter, die stillen, machen das vielleicht einzig und allein aus ihrem Pflichtbewusstsein heraus. Jede Frau ist anders und jede ist auch anders erschöpft. Manche Frauen können nicht stillen, andere vergessen sich über das Stillen selbst.
Jeglicher Druck ist schädlich für die Stillerei und Stillprobleme sind oft psychischer Natur. Ich weiß das selbst! Die Stillberatung nach der Geburt meiner Tochter war desaströs, jede Schwester gab andere Anweisungen, ich saß heulend an diesen unwürdigenAbpump-Melkmaschinen, bis am Ende keine Milch mehr tropfte, sondern Blut. Aua! »Ich stille trotzdem!«, bundeskanzlerte ich und war damit auch nur eine von vielen Militantinnen, die der Maschinerie aufgesessen waren. Fast sprang ich der Krankenschwester an die Gurgel, als sie mir Zufütter-Empfehlungen gab. »Niemals! Dann ist der ganze Allergieschutz weg!«, war
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