Ich glaube, der Fliesenleger ist tot!
Meine Schwiegermutter hat uns nach dem Tod meines Schwiegervaters Geld geschenkt.
»Aber zur Bank müssen wir trotzdem noch mal«, sagt mein Mann. »Ein paar Euro mehr Kredit brauchen wir schon.«
Es wird eben alles immer ein bisschen teurer, als man denkt.
Baunebenkosten inkl. MwSt.:
Übertrag 50.933,58 €
Gebühren für Prüfung auf Kampfmittelvorkommen 272,00 €
Zwischensumme 51.205,58 €
Reizwörter
Inzwischen ist es Mitte Juni, die Nächte werden immer wärmer. Wann immer mein Mann und ich Zeit dafür finden, machen wir abends, nachdem die Kinder ins Bett gegangen sind, einen langen, gemeinsamen Spaziergang mit dem Hund. Beim Spazierengehen reden wir über das Haus. Wo sollen welche Möbel stehen? Welche Form sollen die Türgriffe haben? Wie soll das Badezimmer aussehen? Wie die Küche? Freust du dich auch so? Worauf freust du dich am meisten?
Manchmal denke ich: Wahrscheinlich verlernt man als Bauherrenpaar völlig, sich noch über andere Dinge zu unterhalten als über das Haus. Und wenn das Haus dann eines Tages fertig ist, hat man einander nichts mehr zu sagen. Außer: »Muss die Regenrinne nicht mal wieder gesäubert werden?« Andererseits bringt es wahnsinnig viel Spaß, zusammen an seinem Zuhause herumzubasteln. Man kommt einander sehr nahe, wenn man Hand in Hand durch die Nacht spaziert, Pläne schmiedet und sich auf die gemeinsame Zukunft freut. Vielleicht, denke ich, ist Spießigkeit ja nur ein anderer Ausdruck für Glück.
Jetzt muss nur noch die Genehmigung des Änderungsantrags zum ersten Bauantrag eintreffen, dann können die Bauarbeiten beginnen. Wir sind sehr aufgeregt.
Ich widme mich derweil erneut der Küchenplanung. Ich bin die Küchenbeauftragte.
Im Prinzip ist das ganze Haus um die große Wohnküche herum geplant, die Küche ist das Herz unseres Hauses, heimlich nenne ich sie »das Allerheiligste des Tempels«. Die Küche muss toll werden. Toll finde ich Küchen, die möglichst wenig nach Küche aussehen, also sehr schlichte, griff lose Küchen. Auf der Suche nach einer solch schlichten Küche hatte ich in den Wochen vor dem ersten Kostenbesprechungstermin ein Küchenstudio nach dem anderen besichtigt. Voll guter Vorsätze hatte ich mit Küchenmarken der un teren mittleren Preisklasse angefangen, um mich von dort aus allmählich hochzuarbeiten: Keine Ahnung, warum, aber aus irgendwelchen Gründen scheint ganz schlichtes Design eine sehr schwer umzusetzende und darum kostspielige Angelegenheit zu sein. Am Ende hatte ich meinen Mann zu einem Küchenplaner geschleppt, der Küchen aus dem gemäßigten Luxussegment verkauft.
»Mal abwarten, wie der Kostenplan aussieht«, hatte mein Mann danach vorgeschlagen. »Dann wissen wir, was für eine Küche wir uns leisten können.«
»Das ist echt nicht zum Aushalten«, hatte unser Sohn gesagt. »Könnt ihr eigentlich auch mal über etwas anderes reden? Ich finde, es ist ab sofort verboten, beim Abendbrot über Küchen zu sprechen.«
»Genau, finde ich auch!«, hatte unsere Tochter, damals neun, gerufen. »Ich will lieber über mein Zimmer reden.«
Nachdem mich der Kostenplan auf den harten Boden der finanziellen Realität zurückgeholt hatte, habe ich einen Termin mit einem Küchentischler vereinbart. Tischlerküchen, habe ich gehört, sind, anders als der Laie vermutet, angeblich gar nicht unbedingt teurer als die Küchen aus dem Küchenstudio, manchmal sogar preiswerter.
Ich habe über eine Stunde mit dem Tischler zusammengesessen, ich habe mich mit ihm über den Grundriss unseres Hauses gebeugt und ihm erzählt, wie ich mir die Küche vorstelle. Der Tischler hat sich Notizen gemacht, ich habe ihm den Grundriss überlassen, er hat versprochen, mir in den nächsten Tagen sein Angebot zu schicken. Jetzt sitze ich im Auto und fahre nach Hause, es ist ein heißer, sonniger Tag, ich habe gerade die Autofenster heruntergelassen und im Radio einen Popsender angestellt, als mein Handy klingelt.
»Hallo!«, sagt Katja. »Hast du einen Augenblick Zeit?«
»Nee«, sage ich. »Ich fahre gerade Auto. Was gibt’s denn?«
»Ach«, sagt Katja, »nichts Dramatisches. Wir müssen noch mal eine Bodenprobe nehmen, um eine Schadstoffanalyse machen zu lassen, dafür brauche ich möglichst schnell eure Freigabe.«
»Was für Schadstoffe denn?«, frage ich, in meiner rechten Hand liegt das Telefon, in der linken das Lenkrad, in meiner Stimme liegt ein schriller Unterton.
»Das erkläre ich dir lieber in Ruhe«, sagt Katja. »Ruf mich mal an, sobald
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