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Ich glaube, der Fliesenleger ist tot!

Ich glaube, der Fliesenleger ist tot!

Titel: Ich glaube, der Fliesenleger ist tot! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Karnick
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du nicht mehr im Auto sitzt.«
    Wir legen auf. Ich schwitze und bin nicht sicher, ob das nur an der Hitze liegt. Mein Hirn macht sich gegen meinen Willen selbstständig und produziert – ausgehend von dem Be griff »Schadstoffanalyse« – eine unangenehme Assoziationskette: Altlasten. Kontamination. Sanierung. Teuer. Sehr teuer. Zu teuer.
    Ich trete aufs Gaspedal, die Tachonadel tanzt jenseits der sechzig, ich habe es plötzlich sehr eilig, nach Hause zu kommen, ich werde geblitzt, egal. Zu Hause stürze ich durch die Haustür, schmeiße meine Tasche und Unterlagen auf den Boden, suche das Telefon und wähle Katjas Nummer.
    Katja erklärt mir, dass als Erstes die Erdarbeiten stattfinden werden. Die Erdarbeiter graben die Baugrube, in die das Fundament gegossen werden wird. Zuvor tauschen sie einen Teil des – zurzeit instabilen – Erdreiches gegen stabilere Sande aus. Das ist nötig, damit unser Haus auf festen Füßen steht, hat das erste Bodengutachten ergeben. Den Erdaushub, der dabei anfällt, darf das Erdbauunternehmen nicht einfach auf den übernächsten Acker schütten. Der Aushub muss auf einer Deponie entsorgt werden, dafür muss man einen bestimmten Grundpreis pro Kubikmeter zahlen. Ist der Aushub mit Schadstoffen belastet, stellt die Deponie eine Zulage in Rechnung – die Höhe der Zulage richtet sich nach Art und Menge der gefundenen Schadstoffe und wird an den Kunden weitergegeben. Um den genauen Preis für die Erdarbeiten kalkulieren zu können, muss das Erdbauunternehmen wissen, in welche LAGA -Schadstoffklasse die Erde auf unserem Grundstück einzuordnen ist.
    »Was heißt Laga?«, frage ich.
    » LAGA ist die Abkürzung für Länderarbeitsgemeinschaft Abfall«, sagt Katja. »Die legen die bundesweit geltenden Richtwerte für die verschiedenen Schadstoffklassen fest. Z0 bedeutet, dass der Boden ganz sauber ist«, sagt Katja. »Aber das gilt eigentlich nur für reinen Mutterboden. Bei euch liegt ja Bauschutt und so was herum, und irgendwo hat der Bodengutachter auch ein paar Ölspuren entdeckt. Wir rechnen mit Z1, höchstens mit Z2.«
    »Und was ist die höchste Schadstoffklasse?«, frage ich. Ich hoffe auf die Antwort »Z100«.
    »Z5, das ist dann Sondermüll«, sagt Katja. »Aber mach dir bitte keine Sorgen, das wird bei eurem Grundstück nicht passieren. Da stand ja keine Fabrik drauf.«
    Aus Untersuchungen zur Arzt-Patient-Kommunikation kennt man folgendes Phänomen: Der Arzt spricht zum Patienten und verwendet dabei einen angstbesetzten Schlüsselbegriff. Kaum ist das Reizwort – »Krebs« zum Beispiel – gefallen, kann der Patient sich auf nichts anderes mehr konzentrieren als auf diesen Begriff. Seine Aufmerksamkeit ist durch die Angst, die das Wort in ihm auslöst, so sehr gebunden, dass ihn weitere Informationen nicht mehr erreichen: Er kann nicht mehr zuhören. Er hört es nicht, dass der Arzt sagt: »Dieser Krebs ist heutzutage sehr gut heilbar.« Er hört es auch nicht, wenn der Arzt sagt: »Es ist unwahrscheinlich, dass Sie Krebs haben.« Alles, was er versteht, ist: »Krebs, Krebs, Krebs. Ich. Krebs.«
    Kaum habe ich das Gespräch mit Katja beendet, kann ich mich nicht mehr daran erinnern, was sie mir eigentlich genau gesagt hat. In meinem Kopf ist nur Platz für einen einzigen Gedanken: Öl. Öl. Öl. Unser Grundstück. Öl.
    Der Bodengutachter hat Ölspuren entdeckt. Was für Ölspuren? Wie kommen die auf unser Grundstück? Zum alten Haus gehörte ein Öltank, in dem das Heizöl gelagert wurde, bevor die vormalige Besitzerin die Gasheizung installieren ließ, die jetzt bei uns im Keller herumsteht. War der Tank undicht? Oder ist beim Abriss altes Restöl ausgelaufen? Oder stand im Garten etwa deshalb eine Doppelgarage, weil dort jemand vor zwanzig Jahren eine illegale Kfz-Werk statt – inklusive illegaler Motorölentsorgung – betrieben hat? Apropos Doppelgarage: Die Garage war doch aus asbesthaltigen Eternitplatten zusammengeschustert. Kann Asbest eigentlich in den Boden eindringen?
    Ich spiele in Gedanken jede Möglichkeit durch, bis selbst der abwegigste Fall mir nicht mehr unmöglich erscheint: Das westliche Ende unserer Wohnstraße mündet gut zweihundert Meter von unserem Haus entfernt in eine viel befahrene Hauptverkehrsstraße, genau an der Straßenecke befand sich eine vor einiger Zeit abgerissene Tankstelle. Das nun unbebaute Grundstück ist bis heute nicht verkauft, sicherlich ist es völlig verseucht. Wer weiß, vielleicht ist von dort aus Öl zu uns gelangt? Fragen

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