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Ich hab dich im Gefühl

Ich hab dich im Gefühl

Titel: Ich hab dich im Gefühl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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lächelt Justin und muss gleichzeitig die Tränen zurückhalten.
    »Erinnerst du dich?« Al lacht.
    »Als wäre es gestern gewesen«, antwortet Justin.
    »Dad hat uns beide nass gespritzt. Er schien so guter Laune zu sein.« Verwirrt hält Al inne, denkt eine Weile nach, dann kommt das Lächeln zurück. »Er hatte für Mum einen großen Blumenstrauß mitgebracht – weißt du noch, wie sie die große Blume ins Haar gesteckt hat?«
    »Die Sonnenblume«, nickt Justin.
    »Und es war total heiß. Erinnerst du dich, wie heiß es war?«
    »Ja.«
    »Und Dad hatte die Hose bis zu den Knien aufgekrempelt und keine Socken an. Und das Gras war ganz nass, und seine Füße waren voller Gras, und er hat uns über die Wiese gejagt …« Er lächelt in die Ferne. »Danach hab ich ihn nicht mehr lebend gesehen.«
    Aber ich schon.
    In Justins Gedächtnis blitzt die Erinnerung an seinen Vater auf, der die Wohnzimmertür hinter sich schließt. Justin war aus dem Garten ins Haus gelaufen, weil er nach den ganzen Wasserspielen dringend aufs Klo musste. So viel er wusste, waren alle außer ihm noch draußen. Er hörte, wie seine Mom Al neckte und auf dem Rasen herumjagte, und er hörte seinen erst fünfjährigen kleinen Bruder kreischen vor Vergnügen. Aber als er die Treppe wieder herunterkam, sah er seinen Vater aus der Küche und über den Flur gehen, und weil er ihn überraschen wollte, kauerte er sich schnell hin und beobachtete ihn durchs Geländer.
    Dann erkannte er, was sein Vater in der Hand hielt. Es war die Flasche, die sonst immer im Küchenschränkchen eingeschlossen war und nur zu besonderen Anlässen herausgeholt wurde – eigentlich nur, wenn die Familie seines Vaters aus Irland zu Besuch kam. Wenn sie aus dieser Flasche tranken, veränderten sie sich auf erstaunliche Weise: Sie sangen Lieder, die Justin nie gehört hatte, die sein Dad aber in- und auswendig kannte, sie lachten, erzählten Geschichten, und manchmal weinten sie auch. Warum hatte sein Vater die Flasche jetzt in der Hand? Hatte er vor zu singen, zu lachen und Geschichten zu erzählen? Und womöglich zu weinen?
    Dann entdeckte Justin auch noch das Fläschchen mit den Tabletten. Er wusste, dass es Tabletten waren, er kannte den Behälter, aus dem Mom und Dad ihre Medizin nahmen, wenn sie krank waren. Hoffentlich war sein Vater nicht krank, hoffentlich wollte er nicht weinen. Justin beobachtete, wie er die Tür hinter sich schloss, in der Hand die Tabletten und die Alkoholflasche. Hätte er wissen müssen, was sein Dad vorhatte? Er wusste es nicht.
    An diesen Moment muss Justin sehr oft denken, und dann versucht er, den Jungen dazu zu bringen, dass er ruft und seinen Vater aufhält. Aber der neunjährige Justin hört ihn nie. Nein, er kauert auf der Treppe und wartet, dass sein Dad zurückkommt, damit er aus seinem Versteck springen und ihn überraschen kann.
    Erst nach einiger Zeit beschlich ihn allmählich das Gefühl, dass irgendwas nicht stimmte. Doch warum fühlte er sich so? Wenn er jetzt nachsah, was sein Vater machte, würde das die Überraschung verderben. Nach einigen Minuten, die ihm vorkamen wie Stunden, hielt er die Stille hinter der Tür nicht mehr aus, schluckte schwer und stand auf. Von draußen hörte er Al immer noch schreien vor Lachen. Er hörte das Lachen auch noch, als er hineinging und die grünen Füße sah. An den Anblick dieser Füße erinnert er sich besonders lebhaft. Dad lag auf dem Boden wie ein großer grüner Riese. Justin erinnert sich, wie er auf die Füße zuging und schließlich das Gesicht seines Dads sah, die Augen, die leblos zur Decke emporstarrten.
    Justin sagte nichts. Er schrie nicht, er rührte seinen Vater nicht an, er küsste ihn nicht, er versuchte auch nicht, ihm zu helfen, denn obwohl er damals nicht viel verstand, wusste er doch, dass es für jede Hilfe zu spät war. Langsam verließ er das Zimmer, schloss die Tür hinter sich und rannte hinaus auf den Rasen zu seiner Mom und seinem kleinen Bruder.
    Fünf Minuten hatten sie noch. Fünf Minuten, in denen alles genauso war wie immer. Er war neun Jahre alt an einem sonnigen Tag, mit einer Mom, einem Dad und einem Bruder. Er war glücklich, seine Mom war glücklich, und die Nachbarn lächelten ihm zu, ganz normal wie allen anderen Kindern auch. Alles, was sie zum Abendessen aßen, war von seiner Mom zubereitet worden, und wenn er sich in der Schule schlecht benahm, schimpften ihn die Lehrer aus, wie es sich gehörte. Noch fünf Minuten, in denen alles so war wie

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