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Ich hab dich im Gefühl

Ich hab dich im Gefühl

Titel: Ich hab dich im Gefühl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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überfliegt er die Werbungen und Geburtstagsgrüße und will die Zeitung gerade enttäuscht wieder zusammenfalten, um in Doris’ Ermahnungen einzustimmen, dass Al der Koffeinsucht abschwören muss, da entdeckt er es.
    In ewiger Dankbarkeit grüße ich Justin Hitchcock, der mir das Leben gerettet hat. Danke.
    Justin wirft den Kopf in den Nacken und lacht laut los. Überrascht starren Doris und Al ihn an.
    »Al«, sagt Justin und geht vor seinem Bruder in die Hocke. »Jetzt musst du mir bitte helfen.« Seine Stimme klingt dringlich, mal hoch, mal tief vor lauter Aufregung. »Hast du jemanden gesehen, als du zum Haus zurückgejoggt bist?«
    »Nein.« Al schaukelt müde hin und her. »Ich kann nicht richtig denken.«
    »Versuch es!«, befiehlt Doris streng und gibt ihm noch eine Ohrfeige.
    »Das ist wirklich nicht nötig, Doris.«
    »Das machen sie aber immer im Kino, wenn sie Informationen brauchen. Los, sag es ihm, Baby.« Sie knufft Al in die Rippen, aber schon etwas sanfter.
    »Ich weiß nicht«, antwortet Al kläglich.
    »Du machst mich krank«, knurrt sie in sein Ohr.
    »Ehrlich, Doris, du bist grade gar nicht hilfreich.«
    »Na gut«, meint sie und schlägt die Arme übereinander. »Aber bei
CSI
funktioniert es.«
    »Als ich zum Haus gekommen bin, konnte ich nicht mehr atmen, geschweige denn sehen. Ich erinnere mich an niemanden. Tut mir leid, Bruderherz. Mann, ich hatte solche Angst. Diese schwarzen Punkte vor meinen Augen, ich konnte gar nicht mehr richtig sehen, mir war ganz schwindlig und …«
    »Okay!« Justin springt auf und rennt die Treppe in den Garten hinauf. Dann läuft er zum Gartentor und späht die Straße hinauf und hinunter. Inzwischen ist es halb acht und deutlich mehr los: Menschen verlassen ihre Häuser und machen sich auf den Weg zur Arbeit, der Verkehrslärm hat merklich zugenommen.
    » DANKE !«, brüllt Justin aus voller Kehle. Ein paar Leute drehen sich nach ihm um, aber die meisten halten den Kopf gesenkt, denn ein leichter Londoner Oktoberregen hat zu fallen begonnen, und es lohnt sich nicht, Regen in die Augen zu kriegen, nur weil mal wieder ein Mann an einem Montagmorgen den Verstand verliert.
    » ICH FREU MICH SCHON DRAUF , DIE HIER ZU LESEN !« Er wedelt mit der Zeitung in der Luft herum und schreit die Straße hinauf und hinunter, damit man ihn aus allen Richtungen hören kann.
    Was sagt man denn zu jemandem, dem man das Leben gerettet hat? Irgendwas Tiefsinniges sollte es sein. Was Lustiges. Was Philosophisches.
    » ICH BIN FROH , DASS SIE LEBEN !«, ruft er.
    »Oh, danke«, sagt eine Frau, die mit gesenktem Kopf an ihm vorbeihastet.
    » ÄH , MORGEN BIN ICH NICHT HIER !« Pause. » FALLS SIE NOCH WAS PLANEN .« Er hebt den Kaffeebecher hoch in die Luft und schwenkt ihn so heftig herum, dass ein paar Tröpfchen aus der Trinköffnung springen und ihm die Hand verbrennen. Der Kaffee ist noch heiß. Wer es auch war, er kann noch nicht lange weg sein.
    » ÄH , ICH NEHME MORGEN FRÜH DEN ERSTEN FLUG NACH DUBLIN . SIND SIE VON DA ?«, ruft er weiter in den Wind. Die Brise zupft an den Herbstblättern, und sie stürzen sich mit ihren Fallschirmchen zu Boden, wo sie im vollen Schwung landen und erst zur Ruhe kommen, wenn sie ein ruhiges Plätzchen gefunden haben.
    » JEDENFALLS VIELEN DANK NOCH MAL !« Noch einmal winkt er mit der Zeitung und macht dann kehrt in Richtung Haus.
    Doris und Al stehen oben an der Treppe, mit verschränkten Armen und besorgten Gesichtern. Zwar ist Al wieder zu Atem gekommen und hat sich einigermaßen beruhigt, aber er hält sich vorsichtshalber am schmiedeeisernen Zaun fest.
    Justin klemmt die Zeitung unter den Arm, richtet sich auf und versucht so respektabel auszusehen wie möglich. Mit den Händen in den Taschen schlendert er zum Haus zurück. Als er in der Tasche auf ein Stück Papier stößt, holt er es heraus und liest es rasch, ehe er es zerknüllt und in den Container wirft. Er hat einem Menschen das Leben gerettet, genau wie er es sich ausgemalt hat, und jetzt muss er sich auf das Wichtigste konzentrieren. Rasch geht er in die Wohnung, so würdevoll er eben kann.
     
    Am Boden des Containers, zwischen mehreren Rollen abgenutztem, miefigem Teppich, zerschlagenen Ziegeln, Farbeimern und Gips, liege ich in einer ausrangierten Badewanne und horche, wie die Stimmen sich zurückziehen und die Wohnungstür endlich ins Schloss fällt.
    Ein zusammengeknäultes Stück Papier ist dicht neben mir gelandet, und als ich danach greife, stoße ich mit der Schulter

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