Ich hab dich im Gefühl
und plane meinen nächsten Schritt.
»Frankie, ich bin’s. Justin Hitchcock nimmt den ersten Flug morgen früh nach Dublin, und ich muss wissen, was er dann tut.«
»Und wie soll ich das herausfinden, Frau Professor Doktor Conway?«
»Ich dachte, du hast da bestimmt deine Methoden.«
»Richtig, die hab ich. Aber ich dachte, du bist die Hellseherin.«
»Ich bin ganz bestimmt keine Hellseherin, und ich habe keinerlei Eingebungen, wo er vielleicht hingehen könnte.«
»Lassen deine magischen Kräfte etwa nach?«
»Ich habe keine magischen Kräfte.«
»Wie auch immer. Gib mir eine Stunde, ich melde mich dann bei dir.«
Zwei Stunden später, als Dad und ich gerade ins Flugzeug steigen wollen, trudelt der Anruf ein.
»Er ist morgen um halb elf in der National Gallery. Er hält einen Vortrag über ein Gemälde mit dem Titel
Die Briefschreiberin
. Wie
spannend
«, verkündet Frankie.
»Oh, das ist es auch. Eins von ter Borchs schönsten Bildern. Meiner Meinung nach jedenfalls.«
Schweigen.
»Du hast das ironisch gemeint, stimmt’s?«, hake ich nach, als mir klar wird, dass sie mein neu erwachtes Interesse ganz sicher nicht teilt. »Okay. Hat dein Onkel Tom eigentlich immer noch diese Firma?«, erkundige ich mich dann mit einem schelmischen Grinsen, und Dad schaut mich neugierig an.
»Was hast du vor?«, fragt er argwöhnisch, als ich das Gespräch beendet habe.
»Ich will ein bisschen Spaß haben.«
»Solltest du eigentlich nicht zurück zur Arbeit? Du bist seit Wochen nicht mehr dort gewesen. Und als du heute Vormittag weg warst, hat Conor auf deinem Handtelefon angerufen, ich hab ganz vergessen, es dir zu sagen. Er ist in Japan, aber ich konnte ihn gut verstehen«, berichtet er, beeindruckt von Conors Fähigkeiten oder vielleicht auch von der Telefongesellschaft oder von beidem. »Er wollte wissen, warum im Garten vor dem Haus noch kein Schild steht, dass es zu verkaufen ist. Er meinte, es ist deine Sache, dafür zu sorgen.«
Er sieht besorgt aus, als hätte ich irgendeine uralte Regel gebrochen und müsste damit rechnen, dass das Haus in die Luft fliegt, weil ich kein Schild davor aufgestellt habe.
»Oh, ich hab es nicht vergessen«, entgegne ich. Conors Anruf macht mich ärgerlich. »Aber ich verkaufe es selbst. Morgen habe ich den ersten Besichtigungstermin.«
Unsicher schaut Dad mich an, und ich kann sein Zögern verstehen, weil ich nämlich das Blaue vom Himmel runterlüge. Aber ich brauche nur meine Unterlagen durchzugehen und die Klienten auf meiner Liste anzurufen, von denen ich weiß, dass sie diese Art von Haus suchen. Aus dem Stegreif fallen mir gleich mehrere ein.
»Weiß deine Firma davon?«, fragt er und kneift die Augen zusammen.
»Ja«, antworte ich mit einem gezwungenen Lächeln. »Sie können innerhalb von ein paar Stunden Fotos machen und das Schild aufstellen. Ich kenne genug Leute in der Immobilienbranche.«
Er rollt mit den Augen.
Dann sehen wir beide beleidigt weg, und damit ich nicht mehr das Gefühl haben muss zu lügen, schicke ich, während wir uns in der Schlange langsam aufs Flugzeug zubewegen, ein paar SMS an Kunden, denen ich vor meiner Auszeit Häuser gezeigt habe, um zu sehen, ob sie vielleicht an einer Besichtigung interessiert sind. Dann bitte ich den Fotografen meines Vertrauens, ein paar Bilder von meinem Haus zu machen. Als wir unsere Plätze einnehmen, habe ich bereits die Fotos und das Schild für heute arrangiert und einen Besichtigungstermin für morgen. Ein Ehepaar interessiert sich für das Objekt, beide Lehrer an der örtlichen Schule, und sie wollen es sich morgen in der Mittagspause anschauen. Die SMS endet mit dem obligatorischen: »Tat mir sehr leid zu hören, was passiert ist. Hab an Sie gedacht. Bis morgen dann, Linda xxx.«
Ich lösche die Nachricht sofort.
Dad sieht zu, wie mein Daumen in Höchstgeschwindigkeit über die Tasten meines Handys saust. »Willst du ein Buch schreiben?«
Aber ich ignoriere ihn.
»Du wirst Arthritis im Daumen kriegen, wenn du so weitermachst, und das ist kein Vergnügen, glaub mir.«
Ich drücke auf »Senden« und stelle das Handy aus.
»Du hast wirklich nicht gelogen wegen dem Haus?«, hakt er nach, als wir nebeneinander im Flugzeug sitzen.
»Nein«, antworte ich, und jetzt klingt es überzeugend.
»Na ja, das hab ich nicht gewusst. Ich wusste nicht, was ich Conor sagen soll.«
Ein Punkt für mich.
»Schon gut, Dad, du brauchst nicht zu denken, dass du da mittendrinsteckst und reagieren musst.«
»Ich bin
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