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Ich habe Jakobs Arsch geküsst: Von Pilgern und Bettwanzen: 800 Kilometer unterwegs auf dem Jakobsweg

Ich habe Jakobs Arsch geküsst: Von Pilgern und Bettwanzen: 800 Kilometer unterwegs auf dem Jakobsweg

Titel: Ich habe Jakobs Arsch geküsst: Von Pilgern und Bettwanzen: 800 Kilometer unterwegs auf dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Messner
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habe. Ich weiß noch, dass ich vor ein paar Tagen bei der ersten Begegnung dachte, die Frau hat wohl etwas vergessen und muss ein paar Kilometer weit zurückgehen, die Arme. Beim nächsten Mal war ich dann überrascht, aber wohl zu abgelenkt, um mir weitere Gedanken zu machen. Und nun schon wieder - was steckt wohl hinter dieser kuriosen Geschichte? Ein Gelübde? Langeweile oder Verwirrung? Ich schaue dem Duo eine Weile hinterher. Jedenfalls, wenn mir mein Geist das nächste Mal erscheint, hoffe ich auf eine Erklärung - und nicht, dass sie dann durch mich hindurchgeht. Sie trägt zumindest kein weißes Bettlaken - und immerhin auch keine Zwangsjacke.
    Das Ablegen der Steine morgen am Eisenkreuz hat für Leonie und Dorothy eine ganz besondere Bedeutung, wie sie erzählt haben. Leonie denkt dabei besonders an die krebskranke Freundin, die Mutter von zwei kleinen Kindern ist. Und Dorothyschreibt jeden Tag Handy-Botschaften an eine Freundin zu Hause in Wales, die früh an Multipler Sklerose erkrankt ist und im Rollstuhl sitzt. Dorothy möchte sie gern auf diesem Wege an ihren Erlebnissen teilhaben lassen. In diesen Fällen könnte St. Jakob doch mal etwas Gutes tun, denke ich mir. Ich werde den alten Knaben in der Kathedrale in Santiago mal an seine Heiligenpflichten erinnern. Pilgern ist nicht immer lustig .
    Allerdings: Peter aus Finnland stellt heute zur allgemeinen Erheiterung fest, dass er vorgestern in der Herberge St. Josef mit einem Jesus das Stockbett geteilt habe. Gestern dann hatte er in der St. Maria-Herberge mit einem Josef das Bett geteilt. Er hofft nun für die kommende Nacht auf eine Herberge namens Jesus und eine flotte Nacht mit einer Maria… Aber der meist geschätzte Heilige hier ist und bleibt zweifelsfrei San Miguel - dank der gleichnamigen einheimischen Biermarke.
    Da murrte das Volk wider Mose und sprach: Was sollen wir trinken? 2. Mose 15.24

30. Tag von Foncebadon nach El Acebo
    Gestern Abend wurde ich Zeuge eines Gesprächs beim Essen, das mich mal wieder am Menschen an sich zweifeln lässt. Ein hoch aufgeschossener junger Deutscher beschwert sichbei zwei Holländern an meinem Tisch, dass ihm auf dem Jakobsweg immer so schrecklich langweilig sei. Mehr Kilometer als von frühmorgens bis nachmittags zu laufen, schaffe sein Körper nicht, mosert der Wichtigtuer. Aber dann habe er ja am Zielort schon so früh am Tag nichts mehr zu tun. Schlafen müsse er auch nicht und hier sei ja sonst nichts los. Die Holländer schauen ein bisschen hilflos und können ihm da auch keinen Rat geben. Warum das offensichtlich hyperaktive Bürschchen überhaupt auf dem Camino ist und rumnervt, kann er auch erklären: Er hatte die Hoffnung, endlich mal in einem Urlaub nicht am Pool herumliegen zu müssen. Der junge Mann mit verschlepptem, spätpubertärem Zappelphilipp-Syndrom sollte mich mal fragen: „Du kannst nachmittags Lesen, Schreiben oder ein spanisches Telefonbuch auswendig lernen. Oder tue uns was Gutes: Nimm den nächsten Bus - dahin, wo was los ist.“ Also echt, Leute gibt´s hier… Sowas kann ich gar nicht gut haben.
    Heute sind nur elf Kilometer von Foncebadon nach El Acebo zu erpilgern - allerdings in hochalpiner Manier über den Monte Irago mit dem berühmten Cruz de Ferro auf seinem Gipfel. Ich warte nach dem Frühstück auf Leonie und Dorothy, die aus Rabanal zu mir aufsteigen. Nach einem Kakao in meinem Hotel geht es dann gemeinsam weiter, dem Cruz de Ferro entgegen. Wir sind ganz gespannt auf diesen besonderen Flecken auf demJakobsweg. Hier, am höchsten Punkt des Camino mit 1531 Metern über dem Meer, legen die Pilger seit langer Zeit in Form von mitgebrachten Steinen aus der Heimat symbolisch ihre Sorgen ab, bringen aber auch Wünsche und Hoffnungen mit. Das relativ kleine und unscheinbare Eisenkreuz steckt oben auf einer mehrere Meter hohen Stange. Rundherum liegt ein kleiner Hügel voller Geröll, den mitgebrachten Steinen eben. Ob der Haufen das gesamte Steinaufkommen der vergangenen Jahrhunderte ist, oder ob ab und an mal der Sperrmüll für Ordnung sorgt, habe ich nicht ergründen können.
    Neben diesen Abertausenden von Steinen zu Füßen des Eisenkreuzes - viele bemalt oder beklebt mit Fotos, Namen und Wünschen - wird allerlei Tand vom Plastikmüll bis zum Wanderschuh hiergelassen. Dazu kommen zahllose schriftliche Botschaften von Pilgern, die wohl von den guten Geistern des Camino, einem Gott, Engeln, spiritueller Energie oder sonstiger Mystik erfüllt und beachtet werden sollen. Wie

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